[566] Palästina, d.i. eigentlich das Land der Philister (Philistäa, hebr. Pelescheth), nannten Griechen u. Römer das Land, welches ursprünglich Kanaan, Gelobtes Land od. Land der Verheißung (weil sein Besitz von Gott dem Abraham für seine Nachkommen verheißen war), das Heilige Land (Terra sancta, weil es als das Land der Geburt, des Wirkens, Leidens u. Sterbens des Erlösers den Christen heilig war), unter den späteren Römern Judäa od. Jüdisches Land (welches doch früher nur ein Theil davon war) hieß; es war der südliche Theil der Syrischen Küste, zwischen 52° bis 541/2° östl. L., 31° bis 331/2° nördl. Br.; es grenzte im Westen an das Mittelmeer, im Norden an Phönicien u. Syrien, davon durch den Libanon geschieden, im Osten an die Syrische Wüste, zunächst an das Land der Amoriter, im Süden an das Gebiet der arabischen Amalekiter, Edomiter u. Moabiter u. begriff einen Flächenraum von etwa 465 QM. Der Boden P-s war sehr gebirgig durch den Libanon (s.d.) u. Antilibanon. Der Antilibanon sendete mehre Zweige gegen Süden, der westliche schloß sich gegen Süden an die Schwarzen Berge (Melana Ore) an; der östliche, hoch, steil, den größten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt, führte bei seinem Beginnen den Namen Hermon, später Senir (Sior); im östlichen Arme desselben war wahrscheinlich das Amanagebirge, der westliche Theil des Gebirgs Naphtali (Dschebel Ssaffad) u. der Tahor od. Berg der Seligkeiten. Südlich von der Ebene Israel erhob sich das Gebirge wieder unter dem Namen Hennon, südlicher Gilboa, verbunden mit dem Gebirge von Samaria; ein westlicher [566] Zweig endigte am Meere mit dem Berge Karmel. Von dem Samarischen Gebirge bis zur Quelle des Kidron hatte der Zug den Namen Gebirge Ephraim (Israel) mit den Bergen Ebal, Garizim, Schomron etc.; vom Kidron an bis zur südlichsten Grenze des Landes, nahe um das Todte Meer, hieß er Gebirge Juda u. verlor sich in das Gebirge Seir, welches das Salzthal umschloß. Von hier an bildete die hohe, nördlich ziehende Thalwand, bis an den Einfluß des Jordan u. das Todte Meer, das Gebirge Abarim, dessen nordwestlicher Theil Pisga hieß, mit den Bergen Peor u. Nebo; von hier an bis an den Antilibanon folgte das Gebirge Gilead, zu welchem das Gebirge Basan gehörte. Durch die Abdachung dieser Bergketten nach Westen u. Osten bildeten sich in zwei Haupttheilen des Landes beträchtliche Ebenen u. Thäler, nämlich längs dem Mittelmeere, auf beiden Seiten des Jordan u. nach der Arabischen Wüste zu; so das Jordanthal (Avelo), vom See Genezareth bis an das Todte Meer; die Ebene Esdrelom. Die Bewässerung bewirkten mehre Bäche, welche im Sommer leicht austrockneten, wie Chorseus (Koradsche), Krokodilfluß (Zerka), Kanah Eskol, Besor, Bach Ägyptens (Rhinokolura), hauptsächlich der Jordan im Innern des Landes, Arnon, Jabok, Kidron, Kischon, Sorek etc. u. die Landseen Merom, Genezareth (Galiläisches Meer, See Tiberias, See Cinnereth), Todtes Meer od. Salzmeer (s.d.a.); im Ganzen aber reichte die natürliche Bewässerung nicht hin, u. man mußte daher das Land theils mit Kanälen durchziehen, theils Cisternen zum Auffangen des Regenwassers anlegen. Das Klima war gemäßigt u. die Witterung, bes. im Innern, ziemlich beständig. Es gab eigentlich nur zwei Jahreszeiten, Winter (Regenzeit), vom October bis April, u. Sommer, bei immer heiterem Himmel, fast ohne Regen (statt dessen starker Nachtthau), vom Mai bis September war es ungemein heiß, während welcher Zeit oft versengende Winde aus Arabiens Sandwüsten, häufig von Heuschrecken u. Sturm begleitet, Alles austrockneten. Nicht selten wurde das Land von Erdbeben heimgesucht. Das Land war, wenige Striche ausgenommen, höchst fruchtbar; es producirte viel Wild (Löwen, Bären, Wölfe, Panther, Schakale, Gazellen, wilde Esel etc.), Bienen, Heuschrecken, Fische, hatte schöne Viehtriften (bes. im Ostjordanlande), welche großen Erwerb gebende Viehheerden (Rinder, Schafe, Ziegen) nährten, Getreide (bes. Weizen, Gerste, Hirse) u. Küchenkräuter (Kürbisse, Pfeben, Zwiebeln, Knoblauch, Senf), Safran, Flachs, Baumwolle, Öl- u. Weingärten, Obst (Feigen-, Palmen-, Granat-, Mandel-, Johannisbrod-, Nußbäume etc.), Myrten, Balsamsträucher, Narden, Myrrhenbäume, Terebinthen, Eichen, Cypressen, Cedern, Kalksteine, Steinsalz, Asphalt, Thon- u. Ziegelerde. Wegen dieser Ergiebigkeit gab es überall eine Menge Städte, Flecken, Dörfer, u. die Bevölkerung war vor dem Exil immer im Steigen; nach der Bibel war sie (wohl übertrieben) gegen 6 Mill.
In der ältesten Zeit hießen die Einw. von P. Horiter, Refäer, Enaker etc.; später wanderten Kananiter (Kananäer) ein, an der Westseite des Jordan bis an die Meeresküste. Zu Abrahams Zeit waren diese Nomaden, später trieben sie Handel u. Schifffahrt u. standen unter mehren Stammfürsten. An der Westseite des Todten Meeres u. am östlichen Laufe des Jordan wohnten zu Abrahams Zeiten Amoriter (Emoräi), Jebusiter in der Gegend von Jerusalem u.a. Zur Zeit des Einzugs der Israeliten waren 31 Königreiche hier, darunter die der Sidonier, Hethiter, Jebusiter, Girgesiler, Siniter, Arvaditer, Zemariter etc., welche unter besonderen Fürsten standen, deren einer, die Kananiter im engeren Sinne, der zahlreichste gewesen zu sein scheint u. die Mitte P-s von der Meeresküste bis an das westliche Ufer des Jordan inne hatte. Die Israeliten führten mehre Jahre einen Vertilgungskrieg mit ihnen u. Josua unterwarf P., worauf er das Land unter die 12 Stämme seines Volks vertheilte, zwischen welchen jedoch zahlreiche Reste der alten Bewohner lebten, s. Hebräer (Gesch.). Im nachexilischen Zeitalter, während der persischen Oberherrschaft, war das Land in kleinere Kreise getheilt, über welche Vorsteher gesetzt waren. Zur Zeit Jesu war P. in zwei durch den Jordan getrennte Theile getheilt: das dies seitige P. zerfiel in drei Theile, nördlich Galiläa, in der Mitte Samaria (in dem alten Erbtheile von Ephraim u. Halb-Manasse) u. südlich Judäa (was einst die Stämme Juda, Simeon, Benjamin u. Dan besessen hatten); ihre Grenzen wurden vielleicht erst unter den späteren Herodianern politischer Theilung wegen genau bestimmt. Jenseit des Jordan war Peräa, getheilt in Nord- u. Südperäa; hier waren das alttestamentliche Basan u. Gilead, welches erstere zu Jesu Zeit fünf Provinzen (Gaulonitis, Trachonitis, Auranitis [Hauran], Batanäa u. Ituräa) begriff. Zuletzt, wahrscheinlich im 4. Jahrh., da aber schon durch Trajans Heere Arabia petraea erobert u. dazu geschlagen war, theilte man P. in a) P. prima, den größten nördlichen Theil des alten Judäa, das ganze Philisterland u. Samaria; Hauptstadt: Cäsarea; b) P. secunda, das alte Galiläa, vorzüglich die Gegenden um den See Genezareth, sowohl die West- als Ostseite, also die Grenzen Galiläas noch überschreitend; Hauptstadt: Skythopolis; c) P. tertia (P. salutaris), der kleine südliche Theil Judäas, in welchem Bersaba im Gebirge lag, der sich zugleich über die ganze südliche wüste Gegend bis an die Spitze des Arabischen Busens ausdehnte, so viel auf dieser Seite einst zum Peträischen Reiche gehört hatte; Hauptstadt war noch jetzt Petra. Jetzt bezeichnet Falestin den flachen Küstenstrich zwischen den Gebirgen Judäas bis zum Meere, vom Hebron bis Gaza. P. gehört jetzt zu den asiatisch-türkischen Ejalets Damask u. Saïda. Vgl. H. Reland, Palaestina, Utrecht 1714; Bachiene, Heilige Geographie, ebd. 175868, 6 Thle. (deutsch von Maas, Cleve 1766 ff.); Klöden, Landeskunde von P., Berl. 1817; K. von Raumer, Palästina, Lpz. 1835, 4. A. 1860; Robinson, P. u. die südlich angrenzenden Länder, Halle 1841, 3 Bde., u.a. 1856; Kitto, Palestine, Lond. 1841, 2 Bde.; S. Munk, Palestine, Par. 1841; Arnold, Palästina, Halle 1845; Ritter, Erdkunde (2. A., Bd. 15 u. 16, Berl. 1851 f.); Osborn, Palestine past and present, Lond. 1859; Robinson, Neuere biblische Forschungen in P., Tagebuch einer Reise im Jahre 1852, Berl. 1857; Rathgeber, Palästina, Langensalze 1859.