Damask [1]

[659] Damask (Damascus, arab. Demiekh, Dimeschk), 1) (Cham), Ejalet od. Paschalik in der Asiatischen Türkei, 1260 QM., gehört zu Syrien, umfaßt im Allgemeinen das Gebiet zwischen dem Libanon dem Euphrat, od. den größten Theil von Palästina, u. einen Theil des Landes der Drusen u. ein Stück der Syrischen Wüste, grenzt im N. an die Ejalets Haleb (Aleppo) u. Kurdistan (Diarbekir), im W. an das Ejalet Saïda (Beirut, Phönicien, Palästina), im S. u. O. an Arabien (Syrische Wüste); im W. gebirgig (Libanon u. Antilibanon [Dschebel el Schaik od. el Wast], beide mit einander fast parallel laufend [höchste Spitze: Hermon od. Dschebel el Teldsch, 9–10,000 Fuß, der Hauptknoten der beiden Gebirge]; außerdem noch mehrere östlich u. südöstlich laufende Zweige mit dem Dschebel el Hauran); im O. öd u. wüst, mit vielen Ruinen. Die Bewässerung ist ziemlich gering: Euphrat (nordöstlicher Grenzfluß), Arden (Jordan), Nahr el Asi (Nahr el Kanny, Orontes), Barrada (Chrysorrhoas) u. andere kleinere Flüsse; Seen: Todtes Meer u. See Genezareth; Klima heiß, in der Wüste die Hitze durch die Glühwinde tödtlich; häufige Erdbeben; Bodencultur, mit Ausnahme der nächsten Umgebungen der Hauptstadt, ziemlich gering; dort baut man Getreide (Durrah), Gemüse, Gartenfrüchte, Tabak, Indigo, Färberröthe, Aprikosen, Oliven u. andere Südfrüchte, u. zieht ausgezeichnete Pferde, Maulthiere, Kameele, Schafe mit Fettschwänzen, Ziegen u. Bienen; Wild, Raubthiere u. Heuschrecken gibt es in großer Menge. Die Industrie ist im Allgemeinen gering (nur in den Städten Arbeiten in Stahl, Holz, Leder, Elfenbein, sowie Baumwollen- u. Seidenweberei); der Handel über See ist unbedeutend, wichtiger der durch Karavanen ins Innere. Eintheilung in 6 Livas od. Sandschaks; die Einwohnerzahl wird auf 1–14 Millionen angegeben (Osmanen, Araber, Turkomanen [sämmtlich Muhammedaner], außerdem Griechen, Armenier, Franken u. Juden). An der Spitze der Civil- u. Militärverwaltung des Ejalets steht ein Pascha od. Vali, d. i. Generalgouverneur (1857: Izzet Pascha), der, als Beschützer der jährlich von der Hauptstadt D. nach Mekka ziehenden heiligen Karavane, den Titel Emir Hadschi führt. 2) Liva (Sandschak) im Innern dieses Ejalets, vom Barrada bewässert; 3) Hauptstadt des gleichnamigen Ejalets u. Livas, am Barrada, an der östlichen Abdachung des Antilibanon in einem reizenden, fruchtbaren Thale (Ebene von D.), das seiner Schönheit wegen von Muhammed u. später von Abulfeda (geb. 1273 zu D.) für das Paradies erklärt wurde. D. ist der Sitz des Pascha (Vali) von Cham u. der höchsten Verwaltungsbehörden des Ejalets, eines Molla (Großrichter), eines Patriarchen der unirten Griechen od. Melchiten (Patriarch von Antiochien) u. eines römisch-katholischen Erzbischofs (Erzbischof der Syrier). Die Stadt D. ist uralt u. von Gräben u. doppelten Mauern umgeben; sie hat 6 Thore, darunter das Gottesthor, aus welchem die über eine Stunde weit durch Ölwaldungen gehende Straße führt, auf der die heilige Karavane nach Mekka zieht. Die Straßen der Stadt sind meist schmutzig u. ungepflastert; unter den öffentlichen Gebäuden zeichnen sich aus: das alte mit Thürmen versehene Schloß, das westlich von der Stadt liegend u. eine eigne Stadt bildend, bereits zur Zeit der Kreuzzüge erbaut worden sein soll (jetzt theils Citadelle, theils Serail), 200 Moscheen (darunter die berühmte Moschee der Omajjaden, ursprünglich christliche Kirche, vom Kaiser Heraklius dem St. Johannes erbaut, 600 Fuß lang, 150 Fuß breit, mit 7 Thürmen; in ihr wird der Koran aufbewahrt, welchen der Khalif Osman besessen haben u. worüber er ermordet worden sein soll), 1 griechische, 1 römisch-katholische Kirche, 2 römisch-katholische Klöster, 8 Synagogen, seit 1854 Krankenhaus, verwaltet von den barmherzigen Schwestern; prachtvolle Bazars (in denen sich die Karavanseralen, die Börsen u. die Gastwohnungen der fremden Kaufleute befinden), viele Bäder (darunter das große Marmorbad), zahlreiche Kaffeehäuser (Khans [Versammlungsorte der Kaufleute], darunter das schöne Khan el Wandi, mit 6 Thürmen geschmückt). Auch zeigt man noch jetzt mehrere Gebäude, die durch den Apostel Paulus eine historische Berühmtheit erhalten haben, so das Haus, in dem Ananias ihn heilte, das Fenster, aus dem er sich bei seiner Flucht herabließ, auch die Stelle außerhalb der Stadt, wo er durch die bekannte Erscheinung bekehrt wurde etc., sowie die Gräber Nurredius, Saladins u. mehrer Khalifen. Ferner hat D. eine große Wasserleitung, welche die Stadt nach allen Richtungen hin mit gutem Trinkwasserversorgt. Die Privatgebäude, selbst die der Reicheren, sind meist von ungebrannten Ziegelsteinen, u. von Außen keineswegs schön, im Innern hingegen mit dem höchsten orientalischen Luxus eingerichtet: große geräumige Höfe mit Mosaikboden, Gärten mit Springbrunnen u. Statuen, Marmortreppen, Säulenhallen, Gemäldegallerien, zimmerhohe Spiegel, persische Teppiche, Sammtdivans, prachtvolle, golddurchwirkte Tapeten u. namentlich glänzende Beleuchtung. Die Einwohnerzahl wird auf 200,000 angegeben, darunter 20–25,000 Christen u. 5–6000 Juden. Im Allgemeinen ist die muselmännische Bevölkerung arbeitsam, geschickt u. mäßig, aber auch (namentlich die der Vorstadt Meidan) im höchsten Grade intolerant u. fanatisch, so daß die Christen in großer Bedrückung leben, keinen Grundbesitz erwerben dürfen u. häufigen Verfolgungen ausgesetzt sind. Die Industrie steht auf einer sehr hohen Stufe: Stahlarbeiten (die berühmten Damascenerklingen), Glas-, Leder- (namentlich treffliche [659] Sattler-), Elfenbein-, Gold-, Silber-, Perlmutter- u. dgl. Arbeiten, Farbewaaren, Parfümerien (bes. seines Rosenöl), Bleiweiß, Wachs, Baumwollen- u. Seidenweberei; ebenso bedeutend ist der Handel mit diesen Producten, mit getrockneten u. eingemachten Südfrüchten, Baumwolle, Wein, Olivenöl etc.; mehrere europäische Staaten unterhalten hier Consuln. Berühmt sind ferner: die große, jetzt im ganzen südlichen Europa verbreitete Damascener Pflaume, die bis zu 10 Fuß hoch werdende Damascener Rose u. die Damascener Trauben (ausgezeichnete Rosinen gebend). Vgl. A. v. Kremer, Topographie von D., Wien 1855; I. L. Porter, Memoir on the map of D., Hauran and the Lebanon Mountains, Lond. 1857 (bildet den 26. Band des Journ. of the R. Geogr. Soc.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 659-660.
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