1. Ae gratter Mantel, do kan 'm thi oal Knecht san Stört egh sä. (Föhr.) – Lappenkorb; Firmenich, III, 3, 14.
Ein grosser Mantel, so kann man des Teufels – des alten Knechts – Schwanz nicht sehen. Das vornehme Kleid deckt vieles zu. Je tiefer sich der Mensch in seinen Deckmantel hüllt, desto weniger ist er zu erkennen.
2. Alle grauen Mäntel haben grau Tuch. – Simrock, 4037.
In Bezug auf einen bummelnden Grosssprecher: »A spricht, a kon viel hamprige, ober batteln iss wul egen is beste. O ich kenn'n itze ols a tausend und sehe wul, dass olle gro Mäntel han gro Tuch.« (Keller, 154b.) Sinnverwandt mit: Eine Krähe hackt der andern kein Auge aus.
3. Aus einem alten Mantel wird ein neues Wams. – Eiselein, 450; Simrock, 6822.
4. Der den mantel gegen den wind halt vnnd sich auff alle sättel gerecht macht, der redt mit zweyen zungen. – Gruter, I, 14.
5. Der dickste Mantel hängt oft da, wo nichts zu erfrieren ist.
6. Der Mantel ist dess, den er deckt; die Welt dess, der ihrer geneusst. – Körte, 4123; Simrock, 6819; Braun, I, 2564.
7. Der Mantel macht keinen Philosophen.
8. Der Mantel muss grösser sein als der Rock.
Engl.: Cut your cloak according to your cloth.
9. Drê de Moankel nô den Wäinjt. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 989.
10. Ein geborgter Mantel hält nicht warm. (S. ⇒ Hemd 29.) – Burckhardt, 171.
11. Ein guter Mantel dient in jedem Wetter.
It.: Non si fa mantello per un' acqua sola. (Bohn I, 114.)
12. Ein heiliger Mantel deckt oft einen argen Schalk.
Dän.: Med en hellig kappe fra Mecca tempel bliver tit et esel dækket. (Prov. dan., 146.)
13. Ein kleiner Mantel verbirgt einen grossen Verstand. – Parömiakon, 2891.
[449] 14. Ein kurzer Mantel kann nicht zweie wärmen.
Von einem beschränkten Geschäft, das nicht so viel abwirft, dass zwei davon bestehen können.
Lat.: Breve pallium utrumque operire non potest. (Philippi, I, 66.)
15. Ein langer Mantel vnd eigen Dach deckt viel armut, schand vnd vngemach, vnd macht mancher sorgen frey. – Petri, II, 211; Henisch, 669, 48; Mathesy, I, 196b; Gaal, 1133.
Ung.: A hosszú ruha sok szégyent el takar. (Gaal, 1133.)
16. Ein Mann den Mantel kehret, als ihn das Wetter lehret. – Eiselein, 450.
Frz.: Il faut s'accommoder aux circonstances. – Il faut se conformer au tems. – Il faut tourner à tout vent.
Lat.: Ad felicem parietem (felicius latus) inflectere. (Philippi, I, 8.)
17. Ein Mantel deckt, was schön und hässlich ist.
Frz.: Manteau couvre laid et beau. (Kritzinger, 438a.)
18. Ein Mantel und ein Dach bedecket alle Sach. – Blass, 11.
19. Ein mantel vnd ein hauss deckt viel schand. – Gruter, I, 26; Petri, II, 214; Körte, 4122; Simrock, 6818; Braun, I, 2563.
20. Ein Mantel von Tuch bedeckt Sorge (Kummer) genug.
Frz.: Manteau couvre lait et beau. (Leroux, II, 126.)
21. Ein Mantel von Tuch und ein Mantel von Seide kleiden und wärmen beide.
22. Ein schmucker Mantel ist ein guter Empfehlungsbrief.
Holl.: Een zindelijk kleed is eene goede aanbeveling. (Bohn I, 317.)
23. Einem frommen Mantel ist nicht zu trauen.
Span.: Debajo del buen sayo está el hombre malo. (Bohn I, 210.)
24. Es ist kein Mantel oder Kleidt, das schandt vnnd laster decken kan. – Lehmann, 434, 32.
25. Es ist kein Mantel so lang, dass er Armuth und Schande bedecken könnte. – Petri, II, 268; Gaal, 1132.
Ueber den Grad der Länge fehlt es an Bestimmungen. Der Mantel des heiligen Franz gab sogar zu einer Trennung unter seinen Jüngern Anlass; die einen behaupteten, er müsse bis an die Kniekehle reichen, die andern beschnitten ihn so sehr, dass er kaum die Hüften bedeckte.
26. Feine Mäntel vertreiben grobe Röcke.
27. Gibt man einem den Mantel, so nimbt er den Rock darzu. – Lehmann, 242, 42.
28. In einem schlechten Mantel steckt oft ein guter Tänzer.
29. Ist der Mantel zu klein, so deckt er nicht die Bein'.
30. Jeder deckt sich mit einem frommen Mantel.
31. Kein Mantel ist so weit, zu verbergen Armuth und Trunkenheit.
Ung.: Kevélységet, részegséget, szegénységet nehéz titkolni. (Gaal, 1132.)
32. Lest jhm einer den Mantel nehmen, man nimpt ihm bald den Rock dazu. – Petri, II, 437; Lehmann, II, 371, 26.
33. Man kann viel Mäntel anziehen, ehe ein Nackter warm wird.
34. Man muss den Mantel besorgen, ehe das Wetter (der Winter) kommt.
Engl.: Have not the cloak to make when it begins to rain. (Bohn II, 101.)
35. Man muss den Mantel nach dem Tuche schneiden, das man hat.
Frz.: Il faut tailler son manteau selon son drap. (Cahier, 1036.)
36. Man muss den Mantel nach dem Winde hängen, sagte das Pferd, und schlug mit dem Schweif nach den Bremsen.
Holl.: Men moet de huik naar de wind hangen, zei het paard, en het sloeg met zijn staart de muggen van zijn' rug af. (Harrebomée, I, 338.)
37. Man muss den Mantel nach dem Winde henken. – Petri, III, 10; Lehmann, 76, 29; Lehmann, II, 403, 31.
»Man hat gelehret mit vielen rencken, den mantel nach dem winde hencken.« (Loci comn., 194.) »Man muss den Mantel fein stets nach dem Winde drehn [450] und dann und wann auch durch die Finger sehn.« »Wer seinen Mantel stets nach jedem Winde hengt, den trifft der Regen nicht, er irrt in Glückes Lauff, denn er kommt hier gar offt vom Regen in die Trauff.« (Keller, 157a u. 174b.) »Kehr dein Mantel nach dem Winde, mach es also, dass man dich stäts in Bereitschaft finde; doch in aller Billigkeit und ohn Verletz der Gerechtigkeit.« (Chaos, 376.) Bei Tunnicius (707): Men mot den hoiken (s. ⇒ Heuke) na dem Winde hangen. (Palliolum rapides tendendum flatibus ipsum.)
Mhd.: Man sol den mantel keren als das weter gât. (Spervogel.) – Man sol den mantel kêren als ie die winde sint gewant. (Tristan.) – Besich in welchem zeit du pist, darzuo, wie das weter ist, daz du deinen mantel gewind mugest keren gên dem wind. (Ring.) – Ein man den nüschel kêret, als in daz weter lêret. (Freidank.) (Zingerle, 97.)
Böhm.: Kam vítr, tam plášt'. (Čelakovský, 43.)
Frz.: Mets ton manteau comme vient le vent. (Bohn I, 38; Starschedel, 427.) – Selon le vent, la voile. (Lendroy, 1451.)
Holl.: Men sal die huike nae den wint hanghen. (Tunn., 18, 4.)
Lat.: Et toga sit talis, si uentus sit borealis. (Loci comm., 194; Sutor, 968.) – Partis erit talis toga, ventus si borealis. (Fallersleben, 507.) – Temporarium ingenium ei est. (Binder II, 3305.) – Utcunque es ventus exin velum vertitur. (Plautus.) (Philippi, II, 236.)
38. Man muss den Mantel nicht grösser schneiden als man Tuch hat.
Engt.: You must cut your coat according to your cloth. (Bohn II, 80.)
Frz.: Selon le pain il faut le couteau.
It.: Noi facciamo le spese secondo l'entrata.
Lat.: Honeste servit, qui succumbit tempori. (Publ. Syr.) (Philippi, I, 181.) – Isthuc est sapere, qui ubicunque opus sit, animum possis flectere. (Terenz.) (Philippi, I, 213.) – Sumptus censum ne superet. (Plautus.)
39. Man muss den Mantel suchen, wo man ihn verloren hat.
Span.: Donde perdiste la capa, ay la cata. (Bohn I, 215.)
40. Man muss nicht ohne Mantel gehn, scheint die Sonn' auch noch so schön.
Böhm.: Když pĕkný čas, nes s sebou plášt', a když deštivo, čiň co ti libo. – V horku vez plášt' s sebou, v déští sám pojede. (Čelakovský, 253.)
Lat.: Frustra habet, qui non utitur. (Erasm., 9.)
Span.: Por sol que haga no tenes tu capa en casa. (Bohn I, 242.)
41. Man nimmt den Mantel zu spät, wenn der Regen vorüber ist.
42. Man soll den Mantel kehren, wie das Wetter geht. – Simrock, 317; Körte, 4121; Frost, 39.
Mhd.: Man sol den mantel kêren als daz weter gât. (Spervogel.) – Ein man den nüschel kêret, als in daz weter lêret. (Freidank.) (Zingerle, 97.)
43. Mancher tregt ein frommen Mantel, ist dir vornen freundlich vnd sitzt dir ein Wolff aufm rücken. – Lehmann, 334, 36.
44. Mantel Godes de Bärnklau vlüner werlle. – Pistor., III, 7.
D.h. Mantel (Schutz, Obhut) Gottes, fliege niemals von den Bärenklauen = Gott wolle nie die Grafschaft Hoya verlassen. Man schrieb den Ausspruch dem Grafen Otto von Hoya zu, durch den er sich und sein Haus dem Schutze Gottes empfahl. Er führte in seinem Wappen die Tatzen eines schwarzen Bären.
45. Mit einem kleinen Mantel kann man keinen grossen Mann bedecken. – Frischbier, 488; Frischbier2, 2540.
46. Mit einem zerrissen (entlehnten) Mantel ist nit gut prangen. – Sutor, 320.
47. Mit einem zerrissenen Mantel prahlt sich's schlecht.
Dennoch verstand es Antisthenes, dem Sokrates vorwarf, dass die Eitelkeit überall aus den Löchern seines Mantels hervorgucke.
48. Ohne Mantel ist nicht gut reisen.
Frz.: Quand il fait beau, prends ton manteau, quand il pleut, prends-le si tu veux. (Cahier, 1035.)
It.: Nè d'estate, nè d'inuerno non viaggiar senza mantello. (Pazzaglia, 113, 3.)
49. Olle grô Mäntel hon grô Tuch. – Robinson, 949; Gomolcke, 850.
50. Sammete Mäntel und gülden Stück machen manchem einen bösen Bauch und schmale Bisslein. – Opel, 386.
51. Unter dem Mantel der Liebe verbirgt sich viel Hass.
Böhm.: Pod pláštíkem ctnosti mnoho se kryje nepravosti. (Čelakovský, 41.)
[451] It.: Sotto il mantello di bontà spesso si coprono molti vizi. (Pazzaglia, 213, 2.)
Poln.: Wiele jich płaszczem cnoty pokrywa niecnotę. (Čelakovský, 41.)
52. Unter dem Mantel trägt man die Sache, dass sie andere nicht sehen. – Eiselein, 449.
53. Unter einem heiligen Mantel verbirgt sich viel Schurkerei.
Engl.: He hath a cloak for his knavery. (Bohn II, 153.)
It.: Ha mantello d'ogni acqua. (Bohn II, 153.)
54. Unter einem kahlen Mantel steckt oft ein guter Trinker.
Port.: Debaixo de huma ruim capa jaz hum bom bebedor. (Bohn I, 274.)
Span.: Debajo de mala capa suele haber buen bebedor. (.Bohn I, 210.)
55. Von einem heiligen Mantel will jeder ein Stück haben.
56. Was nützt der Mantel, wenn er nicht gerollt (gewickelt) ist! – Frischbier2, 2541.
Zur Charakteristik des specifischen Gamaschenthums, das in der Armee eine Versorgungsanstalt für Leute erblickt, die in der Welt zu sonst nichts taugen und Knöpfeputzen zum Parademarsch für den einzigen und höchsten Zweck derselben halten. Während des Winterfeldzugs in Schleswig-Holstein im Januar 1864 schrieb ein Soldat: Der Mantel nütze jetzt niemand mehr gerollt. Ich habe nicht erfahren können, von wem dies Wort herrührt; es fehlt sogar in der mir vorliegenden Auflage der Geflügelten Worte Büchmann's. Der Kladderadatsch (1862, Nr. 47, S. 186), der demselben eine Betrachtung widmet, scheint den Autor zu kennen, verräth ihn aber nicht; er sagt blos: »Es war ein prophetisches Wort; und ein grosser Mann hat es in Preussen gesprochen, lange Zeit bevor noch an eine Verfassung zu denken war.« Dann erläutert er es in seiner Weise durch Beispiele, in denen er sagt: »Was nützt mich der Theekessel, wenn er nicht blank geputzt auf dem Schrank steht! Was nützt mich das Pulver, wenn man es verschiessen soll! Was nützt mich der Schein, wenn man ihn retten muss! Was nützt mich das Licht, wenn man es nicht auslöschen kann! Was nützt mich der Vertrag, wenn man ihn halten muss! Was nützt mich der Einfluss in Deutschland, wenn man ihn gebrauchen muss! Was nützt die Sprache, wenn sie nicht erfunden ist, die Gedanken zu verbergen! Was nützt die Wahrheit, wenn sie nackt ist.«
Frz.: Qui trop estent son mantel la penne (l'étoffe) en rond. (Leroux, II, 126.)
57. Wenn der Mantel fällt, muss der Herzog nach.
58. Wer den Mantel Gottes verachtet, muss mit Teufels Anstrich fürliebnehmen.
59. Wer den Mantel macht, der mache auch den Kragen.
Frz.: Qui fait la chappe doit faire le chaperon. (Leroux, II, 298.)
60. Wer den Mantel trägt nach dem Wind, der kommt ans Ziel geschwind.
Mhd.: Wer den mantel kêret dar, dâ er des windes wirt war, und überkraft entwîchen kan, der mag wol deste baz gestân. (Boner.) (Zingerle, 98.)
61. Wer jhm lest den Mantel nehmen, dem nimbt man (bald) auch den Rock darzu. – Lehmann, 306, 33.
»Offt geschihts, so man in einem weicht, so muss man im andern auch nachgeben, läst man sich fassen, so läst man sich auffen Boden werffen; wer sich läst den Mantel nehmen, dem nimbt man (bald) auch den Rock darzu.« (Lehmann, 876, 13.)
62. Wer seinen Mantel nicht mit einem guten Gewissen füttert, bekommt in den Hundstagen Zähneklappern.
63. Wer wird im Mantel gehn, ist das Wetter schön!
Frz.: Fi de manteau quand il fait beau. (Bohn I, 18.)
*64. A koan a Mantel schröcklig noch'm Winde drehn. – Robinson, 116; Frommann, III, 244, 104; für Steiermark: Firmenich, III, 767, 91.
*65. Den Mantel auff beiden Schultern tragen. (S. ⇒ Fuchs 437, ⇒ Heiss 22, ⇒ Heuke 1 und ⇒ Kalt 33.) – Pauli, Postilla, 58a; Körte, 4120; Lohrengel, II, 109; Braun, I, 2561.
Lehmann (519, 17) führt eine Anzahl von Redensarten, die denselben Grundgedanken in seinen verschiedenen Schattirungen und Anwendungsformen enthalten, unter der Ueberschrift auf: Vnter der vntrew fanen dienen. Unter dieser Fahne dient ihm: der auff beyden achsseln trägt; der Augendiener, der dass Gut böss ausslegt; der sich in beyde Backen hawet; der durch die Finger siehet; der den Fuchsschwantz streichet; der mit einem Fuss in den Bach gehet; der ums Geld thu was man will; der vntern hütlen spielen kan; der in dem Judenspiess rennet; der den Mantel hengt nac [452] dem Wind; der zwei müsser in einem Haffen kocht; der gute wort schleifft vnd falsche werk leist. – Um elastische Naturen der unter Heuken 1 geschilderten Art zu bezeichnen, hat wol jedes Volk seine verschiedenen Redensarten: Die Holländer sagen: Feuer in der einen und Wasser in der andern Hand tragen. Sein Messer schneidet auf beiden Seiten. Er spricht aus zwei Münden. Der Engländer: Mit jedem Winde mahlen. Der Italiener sagt: Er ist doppelter als eine Zwiebel. Die Deutschen lassen ihn auf beiden Achseln tragen, Schwarz und Weiss aus Einem Tiegel malen, Gott und den Teufel in ein Glas bannen. Bei den Neugriechen kommt zugleich Hitze und Kälte aus seinem Munde. Bei den Albanesen hat er zwei Gesichter. In Venetien, zwei Gesichter unter einer Mütze. Die englischen Neger auf Surinam sagen zu einem solchen: Du bist das Schneidgras, du schneidest auf beiden Seiten. (Reinsberg III, 119 u. IV, 119.) A. Ruge lässt diese Mantelträger sagen: »Ich bin weder Republikaner noch Royalist; ich fahre, wenn ich bezahlt werde, für beide Parteien den Mist.«
Engl.: To carry two faces under a hood.
Frz.: Nager entre deux eaux.
It.: Star fra due acque.
Lat.: Duabus sellis sedere.
Schwed.: Bära kappan på båda axlama. ( Marin, 6.)
*66. Den Mantel der christlichen Liebe darumhängen (darüberbreiten). – Klix, 40.
*67. Den mantel hencken, darnach der wind hergeht. – Franck, I, 84a; II, 17a; Lohrengel, II, 110; Braun, I, 2566; Törning, 54.
»Den Mantel nach dem Winde hengen vnd sich nach der Welt richten.« (Mathesy, 60b.) Waldis (IV, 75, 149 fg.) dichtet von den Mantelträgern seiner Zeit und aller Zeit, unter Anwendung der sinnverwandten Sprichwörter: »Aber wer sich kan zur seiten lenken, gegen den Wind den Mantel henken, den stein auff beiden achsseln tragen, vnd was man gern hört, kan sagen, das böss loben, das gute sehenden, brillen verkauffen, schleiffen, wenden. Und kan vor beiden augen zilen, der schalckheit vnderm hütlein spielen, die warheit kan verschlahn mit liegen, dem recht ein wächssen nasen biegen, das schlechte krum, das krum schlecht machen vnd ja sagen zu bössen sachen, kan Pflaumen streichen, Federn klauben; den kleidt man jetzt mit Mardern schauben, vnd wird gesetzet oben an. Man sagt: Das ist ein trewer Mann! Bleiben so affen für vnd für, allein das mans nit sagen tür.« G. Struve (Der Zuschauer, 1847, Nr. 42) schildert diese Leute so: »Heute Guelphen, morgen Ghibellinen, wie es eben des politischen Lebens Wechselfälle erheischen; des Morgens auf der linken, des Abends auf der rechten Seite, wissen sie, als kluge, windverständige Steuerleute, das Schifflein aus der Wogenbrandung zu bringen, wenn auch auf Kosten der Ehre.«
*68. Den Mantel nach dem Winde hängen. – Agricola II, 89; Eyering, I, 145 u. 404; Schottel, 1114a; Sutor, 723; Mayer, II, 96; Hermann, I, 11; Eiselein, 450; Körte, 4119; Meinau, 4; Meisner, 97.
In Schlesien: A koan a Mantel trafflich nochm Winde drähn. (Gomolcke, 141.) In Würtemberg: Da Mantel nôchem Wiena hänga. (Nefflen, 453.) Sich in Zeit und Umstände schicken, wär's auch mit Aufopferung des geraden Charakters eines Biedermanns. (S. ⇒ Politikus.) »Hat nicht selbst die Natur zweiunddreissig Winde? Hängt nicht selbst der erste Mann den Mantel nach dem Winde, wenn er nur weiss, wo er herkommt?« (Weber, Demokritos.) »Hetst den Mantel nachem Windt gehenkt.« (Waldis, IV, 7.) Drehte doch auch Diogenes seine Tonne nach der Sonne; und C.F. von Schweitzer dichtet: »Diogenes in seinem Fass war eben nicht so dumm; er dreht es ohne Unterlass stets nach der Sonne um.« (L. Schücking, Welt und Zeit, Nr. 508.) »Musst den Mantel nehmen, wie der Wind just kommt, brauchst dich nicht zu schämen, wenn's nur dem Beutel frommt.« Vgl. auch die Mantelrede über dies Sprichwort in den Osterländischen Blättern, Grimma 1834, Nr. 85. In dem Sinne von: Auf beiden ⇒ Achseln (s.d. 9) tragen, ⇒ Gott (s.d. 2593) und den Teufel in ein Glas bannen wollen, ⇒ Lachen (s.d. 113) und Weinen in einem Sacke haben; schwarz und weiss aus einem Tiegel malen; warm und kalt aus einem Munde blasen. Zur Ergänzung von Heuken 1. »Ein Wandersmann sein Kleid verkehrt, wie das Wetter und Wind lehrt.« (Froschm., P.p.v.)
Mhd.: Wil er den mantel hencken dâ mi der wint sîn ganc her nimt, sô ist sîn kunst verhoenet. (Colm.) – Na dem penynge so habent ir den mantel und wenig na reht. (Muscatblüt.) (Zingerle, 98.)
Engl.: He holds with the hounds and rans with the hare. (Masson, 248.) – He turns as the wind turns. (Kritzinger, 335b.) – To be Jack on both sides. – To grind with every wind. (Masson, 248.)
Frz.: Avoir deux poids et deux mesures. – Clocher des deux côtés. – Homme de deux mains, á deux visages. – Ménager le chèvre et le chou. – Naviger selon le vent qu'il fait. (Kritzinger, 475b.) – Porter un habit de deux paroisses. – S'accommoder aux circonstances (temps). – Se conformer au tems. (Kritzinger, 165b.) – Signer pour les deux parties. – Tendre les voiles du [453] côté que vient le vent. (Masson, 248.) – Tourner à tout vent comme une girouette.
It.: Essere come una girandola.
Lat.: Ad id, unde aliquis flatus ostenditur, vela dare. – Duabus se venditat partibus. – Duabus sellis sedet. – Ex eodem ore calidum et frigidum efflare. (Masson, 248.)
Poln.: Zimno i ciepło z jednej gęby chuchoć. (Masson, 248.)
Schwed.: Wända kappan efter winden. (Marin, 28.)
*69. Den Mantel verlieren, wenn das Wetter am schlechtesten ist.
Frz.: Perdre son habit en jour de froid.
Lat.: Amittere pallium, in die frigoris. (Bovill, I, 73.)
*70. Den spanischen Mantel anlegen.
*71. Der Mantel passt mir nicht.
Holl.: Die mantel past mij best.
*72. Der Sache einen Mantel umhängen. – Hermann, II, 8; Körte, 4123b; Braun, I, 2565.
Ihre Blössen, das Verwerfliche an derselben beschönigen oder verbergen.
*73. Die Mäntel hüten.
Müssig sein, während andere sich schlagen. Oder: an der Lustbarkeit der andern keinen Theil nehmen.
*74. Du kanst wol den mantel nach dem Winde halten. – Tappius, 20a; Eyering, II, 379.
Bei Tappius findet sich hier auch die holländische Redensart angeführt: Du bist häcks, noch kabbeliawes. (S. ⇒ Kabeljau.)
Mhd.: Du hengkst den mantel nach dem wint. (Morzkeim.) – Ach ir gesellen jhr könt wol wenden den mantel nach dem wind. (Ambras. Liederb.)
*75. Einem den Mantel über den Kopf werfen. – Körte, 4123a.
Ihn berücken; die Spanier verfahren mit dem Stiere bei den Stiergefechten auf diese Weise.
*76. Er hat den Mantel an den Nagel gehängt. – Mayer, II, 122.
Er hat aufgehört zu studiren, die Schulen zu besuchen. Der Mantel war nämlich früher ein wesentliches Kleidungsstück eines jungen Menschen, der die öffentlichen Schulen besuchte.
*77. Er hat einen bösen Mantel für den Winter.
Ironisch. Das vierttägige Fieber im Herbste.
*78. Er hat einen wächsernen Mantel an, lässt alles über sich herunterlaufen.
*79. Er lässt sich den Mantel (Aermel) nicht zerreissen.
Er bleibt gern zu Gaste, ohne sich stark nöthigen zu lassen.
Lat.: Scindere penulam.
*80. Er weiss es unter dem Mantel zu behalten. – Parömiakon, 1583.
*81. Er weiss seinen Mantel zu hängen (tragen).
Mhd.: Ir andern wüssent auch den sitt zu warten hinder diesem man, der sein mantel henken kan. (Morszheim.) (Zingerle, 98.)
*82. Es ist ein abgetragener Mantel.
*83. Etwas mit dem Mantel der christlichen Liebe zudecken. – Hermann, II, 4; Eiselein, 449; Braun, I, 2562.
Holl.: Iets met den mantel der liefde bedekken. (Harrebomée, II, 65b.)
Lat.: Strumam dibapho tegere. (Cicero.) (Hanzely, 126; Philippi, II, 4779.)
*84. Etwas unter dem Mantel halten (machen). – Parömiakon, 2133.
*85. Hi dreid di Mandtel ned'er di Win'. (Sylt.) – Haupt, VIII, 361, 158.
Er trägt den Mantel nach dem Winde.
*86. Ich will ihm den Mantel ausklopfen.
Holl.: Iemand den mantel uitvegen. (Harrebomée, II, 65b.)
*87. Sein Mantel ist gut gegen Stickluft.
Ist voller Löcher. Die Engländer sagen von denen, die in Plymouth so mittellos landen, dass sie in abgetragenen, schadhaften Kleidern heimkehren müssen, sie gehen im Mantel von Plymouth. Diese Leute pflegen sich im nächsten Gehölz einen Stock zu schneiden und wandern zu Fuss weiter; denn wer einen Mantel hat, pflegt keinen Stock zu tragen. (Reinsberg V, 122.)
*88. Sein Mantel ist mit Kreuzkraut gefüttert.
Frz.: Manteau double de vinaigre. (Leroux, II, 126.)
*89. Seinen Mantel im Sommer zerreissen.
Von denen, die ihre Güter und Sachen zur Unzeit verbrauchen. So verschwenden oft junge Leute das väterliche Vermögen in der Jugend, während es ihnen im Alter eine Stütze sein könnte.
[454] *90. Sich um den Mantel des Bischofs streiten. – Wurzbach II, 24.
Ein altes Sprichwort französischen Ursprungs, womit man den Streit um eine Sache bezeichnet, woran man kein Recht hat. Die Redensart ist aus folgendem Volksbrauch entstanden. Wenn der Erzbischof von Bourges das erstemal den Fuss in die Domkirche setzte, warf sich das ihn vor der Thür erwartende Volk auf den Mantel, womit er bekleidet war, und der nur an einem faden von Seide hing, und riss ihn in Stücke. Jeder kämpfte um eins derselben. Im 9. Jahrhundert bestand auch der Misbrauch, den Hausrath des Erzbischofs nach dessen Tode aus gleichem Grunde zu rauben.
91. Der Mantel dient als Reisekleid sowol zur Sommers- als zur Winterszeit.
It.: Nè di state nè d' inverno non andar senza mantello. (Giani, 993.)
92. Unter einem alten (schäbigen, zerrissenen) Mantel findet sich oft ein ehrliches (biederes, treues) Herz.
93. Unter einem schlechten (schlichten) Mantel steckt oft ein Schalk.
Bei Tunnicius (544): Under einer slichten mantel sit vake ein schalk. (Pelle sub agnina latitant aper, ursus lupusque.)
94. Wer viel unter dem Mantel bringt, muss eine breite Pforte haben. – Herberger, Ib, 91.
*95. Den Mantel wenden.
Seine Farbe wechseln.
It.: Voltare mantello. (Giani, 1882.)
*96. Ich weiss, wie der Mantel hängt. – Spindler, Bastard, I, 111.
*97. Sein Mantel hat so viel Falten als eine Stubenthür. – Wirth, I, 643.
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