Feuerlöschanstalten

[241] Feuerlöschanstalten u. Feuerlöschmittel. Zur Auslöschung einer Feuersbrunst u. zur Hülfsleistung der bei einer Feuersbrunst gefährdeten Personen u. Sachen gehören zunächst: A) gewisse Geräthschaften, u. zwar: a) zunächst solche, welche die Löschmittel herbeiführen od. enthalten; von diesen stehen aa) Feuerspritzen (s.d.) oben an; dann bb) die Feuerfässer (Sturmfässer), gegen 4 Fuß Höhe, unten gegen 3 Fuß im Durchmesser habende, nach oben schmäler werdende Fässer, die auf Kufen ruhen, od. mittelst zweier auf den Kufen angebrachter Ständer u. zweier eiserner beweglicher Zapfen in der Mitte beweglich sind. Sie dienen zum Herzufahren des zur Speisung der Feuerspritzen bestimmten Wassers. Ähnlich sind die Rädertienen, Wassergefäße auf Rädern. cc) Feuereimer (Löscheimer), Eimer von Leder od. von Hanfgewebe zum Wasserherbeischaffen mit der Hand, mit einer Handhabe; dd) die Feuerpatsche (Löschwisch), ein Stück Leder od. grobe Leinwand, od. ein mit Leinwand überzogener Besen an einer Stange, welche benetzt u. mit dem bei Beginn der Feuersbrunst auf den glimmenden od. schwach brennenden Gegenstand geschlagen u. so das Feuer gedämpft wird. b) Feuergeräthe, welche theils zur Erleichterung der Arbeit beim Löschen, theils um Menschen u. Sachen zu retten, dienen, hat man eine sehr große Zahl erfunden: aa) Feuerhaken, einfache od. doppelte, große, eiserne Haken an einer, 10–15 Ellen langen Stange, womit man bei einem Brande Gebäude niederreißt od. brennende Balken aus dem Feuer zieht u. so dem Feuer die Nahrung nimmt; bb) Feuerleitern, große starke Leitern, um damit in od. auf ein brennendes Gebäude zu kommen; wegen des Feststehens sind sie unten mit starken eisernen Spitzen beschlagen u. statt der oberen Sprosse haben sie eine bewegliche Walze, um sie leichter an einer Wand in die Höhe schieben, u. sind oben mit Haken versehen, um sie an Wänden u. dgl. anhaken zu können. Maschinenleitern sind Leitern auf einem Wagen, die zu verschiedenen Höhen gehoben werden können, ohne daß sie an ein Gebäude angelehnt zu werden brauchen. cc) Der Rettungssack, ein starker, langer Sack von Hanfzeug mit oberem Reif u. Öfen zum Seileinhängen; in diesem Sack werden Personen u. Sachen aus brennenden[241] Gebäuden heruntergelassen. Zu dem Ende dient auch dd) der Rettungsschlauch, ein 10–20 Ellen langer, etwa 18 Zoll im Durchmesser haltender Hanfschlauch, der oben in der Fensterbrüstung eingehakt u. von Untenstehenden schräg gehalten wird. Durch diesen Schlauch können Sachen aus oberen Stockwerken hinabgleiten, vorzüglich aber Personen, Kopf voraus, ohne alle Gefahr hinunterrutschen. ee) Das Rettungstuch ist eine viereckige, große starke Segelleinwand, die von 8 od. 12 Menschen unten ausgespannt gehalten wird, so daß Leute von oberen Stockwerken darauf herunter springen können, ohne Schaden zu leiden. ff) Andere Rettungsmaschinen sind einer Vogelstange ähnlich. An dem einen Ende des Balkens, welcher in die Höhe gezogen wird, hängt ein großer Korb, in welchen die Menschen aus dem oberen Stockwerk steigen. Noch andere bestehen aus einer hohen Säule, deren ein Theil sich aus dem gndern herausschiebt, oder neben dem anderen in die Höhe schlagen läßt, am obersten Theile ist eine Gallerie angebracht, in welche die Menschen steigen. Die Haken- od. Steigleitern sind leichte, etwa 15 Fuß lange Leitern von zähem Holz mit nur Einen Baume in der Mitte der Sprossen, die zu beiden Seiten des Baumes herausstehen. Oben an der Spitze steht ein langer gezähnter Haken winkelrecht hinaus; dieser wird beim Steigen über die Fenster. brüstung gelegt. So steigt der Retter von Stockwerk zu Stockwerk u. hakt sich, um nicht rückwärts zu fallen, mit seinem Leibhaken an eine Sprosse fest Man kann mit ihnen auch seitlich liegende Fenster von außen erreichen.

B) Beim Löschen selbst ist die Hauptsache: Ordnung, Geschwindigkeit u. unbedingte Unterordnung des Willens der Menge unter den Willen u. die Einsicht eines Einzigen, damit die vorhandenen Kräfte nicht zersplittert. sondern gegen Einen Punkt gewendet werden. Am besten ist es hierbei, wenn eine gegliederte Löschmannschaft (Feuerwehr, s.d.) des Feuerlärms harrt u. mit bereitgehal. tenen Pferden, Spritzen u. sonstigem Löschgeräth auf den bedrohten Punkt eilt u. dort das Feuer in dem ersten Augenblick unterdrückt. Inzwischen ist diese Einrichtung nur in einigermaßen volkreichen Städten einsü hrbar, wo esnicht an Persönlichkeiten u. an Geld fehlt, solche Feuerwehren einzurichten; wo dies nicht der Fall ist, muß man sich auf die Thätigkeit der Ortsbewohner u. der angestellten Spritzenleute verlassen. Die Bewältigung eines Feuers hängt inzwischen nicht nur von der Natur u. Beschaffenheit der Löschmittel u. Löschgeräthe, der Gliederung der Feuerwehren, sondern hauptsächlich von der Umsicht, Einsicht u. Entschlossenheit ab, mit welcher dem Feuer entgegengetreten u. die Bewältigungsmittel in Anwendung gebracht werden. Dazu ist es nöthig, daß die Direction der Löschanstalten in den Händen eines, mit völlig dictatorischer Gewalt, ohne Verantwortung bekleideten, umsichtigen u. energischen Mannes liegt, we lcher kräftige, wirklich helfende Maßregeln rasch ergreift. Das Nächste noch vor Eintreffen dieses Oberbefehlshabers auf der Brandstelle muß sein, die Feuersbrunst in dem Entstehen zu ersticken. Jedem Bürger muß es zur Pflicht gemacht werden, hierzu das Mögliche beizutragen. Sehr oft werden brennende Essen die erste Veranlassung des Feuers sein. Sind diese gewiß feuerfest, so läßt man sie brennen u. beobachtet nur die Räume, durch welche sie gehen, wenn sie doch etwa springen. Haben sie einen Schieber, so schiebt man diesen vor u. zieht, wenn sie weit sind, einen mit nassem Stroh od. Lappen vollgestopften nassen Sack durch die Esse, wodurch das Feuer erstickt wird. Auch Schießen in den Schornstein, Anzünden von Schwefel unter demselben u. dgl. bewirkt Gleiches. Greift nun aber das Feuer weiter um sich, so muß der Oberbefehlshaber beim Löschen nach richtigen Grundsätzen verfahren. Das Löschen mit Wasser wirkt nämlich nur dadurch, daß ein brennender od. brennbarer Körper mit einem anderen, der kein Feuer annimmt, bedeckt wird. Lehmiges, thoniges, schleimiges od. salziges Wasser (letzteres gefriert noch dazu bei strenger Kälte schwerer, als ungesalzenes), löscht daher, weil es nach dem Verdunsten den brennenden od. dem Brande ausgesetzten Körper mit einer das Feuer nicht nährenden Rinde überzieht, das Feuer weit besser, als reines, es verstopft aber auch die Spritzen leichter u. kann deshalb wenig benutzt werden. Weil nun gewöhnliches Wasser auf einem brennenden od. dem Brande ausgesetzten Körper bald verdunstet, so wirkt es nur wenig, wenn es unmi ttelbar auf den schon brennenden Körper gebracht wird, gar nicht aber, wenn es in nicht ausreichender Masse in die Gluth hineingespritzt wird, wo das Wasser das Feuer noch vielmehr anfacht. Nur große Massen Wasser, wie sie Dampfspritzen zu werfen vermögen, löschen das Feuer unmittelbar gründlich. Am besten ist es, den Feuerherd ruhig ausbrennen zu lassen, denselben aber da, wo die Flammen noch nicht hingekommen sind, mit einem Kranze von Wasser, welcher alle brennbaren, aber noch nicht brennenden Gegestände forwährend bedeckt, so eng als möglich zu umgeben, was bes. durch richtig in das Innere des Gebäudes geleitete u., dort gut djrigirte Schlauchspritzen wird bewerkstelligt werden können. Viele Versuche sind gemacht worden, das Feuer mit größerer Wirkung zu löschen, als es mittelst Wassers geschehen kann, u. hauptsächlich rasch u. so zu löschen, daß es nicht wieder anbrennt. Man hat vorgeschlagen, andere Stffe dem Wasser beizumischen, so Gaudin in Paris 1848 salzsauren Kalk, guck Alaun u. Eisenvitriol. Schon 1740 hat man mit gutem Erfolg verschiedene Salze in Wasser: Eisenvitriol, Laugensalz, Kreide, Kalk zum Feuerlöschen benutzt. Chaptal u. Monge setzten Kochsalz hinzu, Mauby wandte Pottaschewasser, John Moore Thon- od. Kalkpulver in Wasser an, Robert Smith schwefelsaures Ammoniak. Es ist gewiß, daß alle diese Zusätze besser löschen, als Wasser, u. das Wiederanbrennen des Gelöschten verhindern, aber sie verderben die Spritzen u. können daher nur in Ausnahmefällen Anwendung finden. Auch hat man Mittel in Bereitschaft gestellt, ohne Feuerspritze Brände zu löschen. Geoffroy empfahl schon 1722 dazu ein Pulver von 1 Pottasche, 2 Salpeter, 1 Kochsalz u. 1/2 Schwefel zusammenzusetzen u. in die Guth zu werfen u. diese dadurch zu ersticken; Beaumé rieth, das Feuer in geschlossenen Räumen mit verpuffendem Schießpulver zu dämpfen, Cointraux empfahl Erde auf brennende Stellen zu werfen, von Fahnenberg seine Asche u. Sand, d'Arcet gepulverten Schwefel. Das sogenannte Buchersche Feuerlöschmittel (1858), ursprünglich die Erfindung des Bergrath [242] Kühn in Meißen, unter dem Namen Löschpatrone, besteht aus 15 Theilen salpetersaurem Kali, 9 Theilen Schwefelpulver u. 1 Theil Holzkohle. Es löscht, in Dosen verpackt u. in ihnen angezündet, den Brand, wenn sich derselbe in geschlossenen Räumen befindet, durch reichliche Pulverdampfentwickelung. Die Löschdosen werden ins Feuer geworfen. Sehr gelungene Versuche sind mit der Löschung von Feuern, allerdings in geschlossenen Räumen, mittelst Wasserdampf schon 1825 von Pelletan gemacht worden. Philipps (1849) erzeugt kohlensaures Gas u. Wasserdampf in einem Apparate u. löscht das Feuer damit sehr kräftig

Bei den Bemühungen, die Feuersbrunst sich nicht weiter ausbreiten zu lassen, muß die windabwärts liegende Seite Schrittvor Schritt vertheidigt werden, indem der schon vorhandene, od. bei jeder Feuersbrunst durch das Feuer selbst, durch Verdünnung der Luft u. dadurch bewirktes Herzuströmen der Luft von anderen Seiten erzeugte Wind gerade dahin die Flammen am meisten treibt, Hitze u. Rauch erzeugt u. die Vertheidigung der noch nicht brennenden Gebäude am schwierigsten macht. Gerade dort gilt es aber, die Löschkräfte zu vereinigen, mit ihnen auf Einen Punkt zu wirken u. die noch nicht brennenden Häuser durch vieles Spritzen zu benetzen Bei Zeiten muß man zum Einreißen sehr bedrohter u., wenn die Flamme sie ergreift, das Feuer wahrscheinlich fortpflanzender Gebäude schreiten. Namentlich muß dies Einreißen die benachbarten Dächer treffen, damit der Fußboden der Bodenräume offen gelegt u. gehörig benetzt werden kann. Das Einreißen ist zuweilen durch Sprengen mit Pulver beschleunigt worden, welches von dem Keller aus geschieht. Man wählt zu diesem Sprengen meist die Eckhäuser eines Quartiers, um so die anderen Häuser desselben, da man nun den Zwischenraum u. die Hinterhäuser am besten mit Spritzen erreichen kann, gegen das Fortschreiten der Flammen zu sichern. Bei Häusern, die keine sehr tiefen Keller haben, u. bei solchen, wo es bei schon brennenden Häusern od. bei starkem Flugfeuer sehr gefährlich wäre, die Sprengladung in die Häuser zu bringen, wendet man auch wohl Kanonen (am besten Zwölfpfünder) an, um die brennenden od. gefährdeten Häuser einzuschießen. Wenn mehrere Quartiere brennen, so ist die Ursache hiervon stets, daß die Flammen über Straßen, bes. wenn diese eng u. winkelig sind, hinüberspringen. Dies zu vermeiden, muß das Hauptaugenmerk des Dirigenten sein. Es geschieht bes. windabwärts u. dann, wenn die Straße so eng od. das Feuer so heftig ist, daß in dieser Straße kein Mensch vor Hitze ausdauern u. keine Spritze zur Vertheidigung der noch nicht brennenden Seite aufgestellt werden kann. Man deckt dann die Dächer der nicht brennenden Seite ab, besetzt dieselbe möglichst dicht mit Arbeitern, leitet Schläuche von Schlauchspritzen u. Gassen von, sich Feuereimer reichenden Menschen hinein u. läßt aus jedem Fenster u. oben so viel Wasser auf die Außenseite der Häuser gießen u. eben dahin in den jenseitigen Höfen aufgestellte u. hochtragende Spritzen wirken, daß die Häuser ganz unter Wasser gestellt werden. Ist aber alles vergebens, so hilft man sich noch vielleicht durch Sprengen der bisher vertheidigten Häuser, was die vielleicht schon angegangene Häuserreihe einsinken macht, wo der bewirkte Luftdruck oft die Flammen auslöscht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 241-243.
Lizenz:
Faksimiles:
241 | 242 | 243
Kategorien:

Buchempfehlung

Mickiewicz, Adam

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.

266 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon