Japan [2]

[747] Japan (Gesch.). Die ältesten Bewohner J-s waren die Ainos, zu denen früh schon chinesische Colonisten einwanderten. Die älteste Geschichte J-s fällt mit der Religion der Japanesen zusammen. Die erste Dynastie, welche eine unendliche Menge von Jahren regierte, waren die Ten Dsin Sitzt Dai (die 7 Geschlechter der himmlischen Götter); von diesen, deren erster Kuni Toko Dai Sji hieß, pflanzten sich die drei ersten ohne Gattinnen fort, die vier letzten hatten zwar Gattinnen, aber auch sie empfingen Nachkommen von ihnen ohne eheliche Umarmung, bis auf den letzten dieser Dynastie, Isa-Naji, welcher seine Gemahlin Isa Nami auf menschliche Weise erkannte; aus dieser Vereinigung ging die zweite Dynastie der Dsi Dsin Go Dai (5 Geschlechter irdischer Götter od. Halbgötter) hervor. Der erste war Ten Sio Dai Dsin, regierte 249,700 Jahre u. wird noch jetzt als oberster Schutzgott J-s verehrt; ihm folgte Oo Si Wonina, regierte 300,000 Jahre, dann Nini Ki No, regierte 318,533 Jahre, dann Demino Mi Kotto, regierte 637,892, dann Owa Se Dsuno, regierte 836,042 Jahre, die ganze Dynastie aber 2,342,167 Jahre. Die Herrscher dieser beiden himmlischen Dynastien hatten den Titel Mikotto. Um die Lücke zwischen den irdischen Göttern u. der menschlichen Dynastie zu füllen, nehmen die Japanesen die ersten chinesischen Kaiser von Fohi an, obgleich sie nicht unter China standen, u. zwar die drei Dynastien der Hia, Scham u. Tscheu (Kaa, Sioo u. Schau).

Die historische Zeit beginnt mit Dsin Mu Ten Oo (Dsinbu Sinmu), welcher angeblich von Ten Sio Dai Dsin abstammte u. um 660 v. Chr. die dritte, jetzt noch herrschende Dynastie menschlicher[747] Kaiser gründete, welche den Titel Mikaddo (Kaiser), od. Ten Sin (Himmelskinder) führen. Er machte sich verdient um die Cultivirung der Japanesen, führte die Japanesische Ära ein u. st. 582. Seine Nachfolger, welche an sehr verschiedenen Orten residirten, liebten ein morgenländisches üppiges Serailleben u. überließen die Herrschaft ihren Ministern. Unter Dsüü Dsin (regierte 98–30 v. Chr.) wurde die Würde eines Kronfeldherrn (Seogun) eingeführt, u. unter seinem Nachsolger Dsui Nin traten die Japanesen mit China in Verbindung, indem 54 n. Chr. der Kaiser eine Gesandtschaft nach China schickte. Unter ihm kam wahrscheinlich die Buddhalehre nach J. 200–269 regierte eine Frau, Dsin-Koo, die Gemahlin des Tsüi-Ai; sie führte Krieg mit Korea. Unter ihrem Nachfolger Oo-Dsin Ten Oo (regierte 269–312) wurden die chinesischen Schriftzeichen eingeführt; unter Kin-Mei (regierte 539–571) wurde nach der gewöhnlichen Annahme 552 die Lehre des Fo in J. eingeführt; Küoo-Kao (regierte 884–887) unterwarf die Petsi u. Sinlo in Korea. Unter Kon-Jei (regierte 1141–1155) machten sich mehrere Große einzelner Provinzen unabhängig von dem Kaiser, verbanden sich zu gemeinschaftlichen Unternehmungen u. bekriegten sich unter einander. Der Seogun Joritomo wurde 1192 gegen die Rebellen geschickt, machte sich aber unter jenen Großen eine Partei u. riß nach langem Kampfe die weltliche Obergewalt an sich. Von nun an waren die Dairis bloße geistliche Oberhäupter u. geistliche Erbkaiser, welche in Miaco residirten; die Seogun waren die weltlichen Kaiser, welche in Jeddo ihren Sitz hatten. Auch unter ihnen begannen nun Thronstreitigkeiten, u. 1334 schwang sich eine andere Dynastie auf den Thron. Unter dem Dairi Ko-Na-Ra (1526–57) wurden Handelsschiffe der Portugiesen, welche von Siam nach China segelten, durch einen Sturm an die japanischen Küsten verschlagen, was einen vieljährigen friedlichen Verkehr zwischen beiden Nationen veranlaßte. Die Portugiesen errichteten bald eine Colonie daselbst, u. um 1552 schickte der Jesuit Franz Xaver von Macao einige Glieder seines Ordens als Missionäre dahin. Diese Missionäre wußten sich durch ihre Kenntniß in der Mathematik u. anderen Wissenschaften der Nation zu empfehlen, daß nicht nur viel Volk aus allen Ständen, sondern sogar verschiedene kleine Fürsten (Damjos, s. Japan, Geogr.), sich zum Christenthum bekannten.

Unter dem Dairi Owo-Ki-Mats (1557–1586, n.And. bis 1611 n. Chr.), brach wieder eine Revolution aus, in deren Folge Fide-Josi, der Sohn eines Bauers, Seogun wurde. Die kleinen Fürsten des Landes, welche nicht unter einem Mann von geringer Herkunft stehen wollten, empörten sich wider denselben: aber bis 1586 hatte er sich die meisten derselben unterworfen, sich selbst aber auch zum unabhängigen weltlichen Kaiser von I. erhoben, indem er nun den Titel Taiko-Sama (unumschränkter Herrscher) annahm. Den Dairi entzog er mit schlauer Politik noch mehr den Augen des Volkes u. verwandelte ihn gewissermaßen in einen Gefangenen, der in dem Palaste in Miaco geboren wird u. stirbt (s. Japan, Geogr.). Nachdem Fide-Josi seine Macht befestigt hatte, wendete er sein Augenmerk auf die vielen, im Lande ansässigen reichen Portugiesen. Ihr Einfluß auf die Regierungsangelegenheiten hatte schon früher bedenklich geschienen; jetzt ersah der Kubo aus zwei aufgefangenen Briefen, daß sie sich selbst des ganzen Reiches bemächtigen wollten. Es wurde daher durch eine kaiserliche Verordnung allen Ausländern u. bes. den Portugiesen das Reich für immer verschlossen; nur den Chinesen u. später den Holländern war unter großen Beschränkungen der Zutritt gestattet. Darauf fiel der Eifer des Fide-Josi auf die Ausrottung des Christenthums, u. es sollen 1587–1590 über 20,000 Christen hingerichtet worden sein. Fide-Josis Nachfolger, Fide Jori (Gonghin), begünstigte dagegen die Christen dermaßen, daß in kurzer Zeit sein ganzer Hofstaat u. die ganze Armee aus Christen bestand; aber diese Liebe zum Christenthum kostete ihn 1616 Thron u. Leben, indem er gezwungen wurde, sich in seinem Schlosse zu verbrennen. Sein Schwiegervater, Jejessama, welcher sich der Regierung bemächtigte, trat ganz in die Fußstapfen des Fide-Josi u. vertrieb selbst die Engländer wieder, denen er früher die Anlegung einer Factorei auf Firando erlaubt hatte. Er verbot allen seinen Unterthanen bei Todesstrafe, das Reich zu verlassen, dagegen erlaubte er 1616 u. 1617 der Holländisch-ostindischen Compagnie, wegen der großen Dienste, welche dieselbe ihm geleistet hatte, indem sie ihn in Verfolgung der Portugiesen u. der einheimischen Christen unterstützte, freien Verkehr mit J. u. die Errichtung einer Factorei auf Desima, einer vor Nangasaki liegenden, mit dem Festlande durch eine Brücke verbundenen Insel. Unter seinem Sohne Fide Tada begann 1637 eine neue Ausweisung; die letzten Christen flüchteten in die Festung Sima-bara, hielten daselbst eine dreimonatliche Belagerung aus, bis am 12. April 1638 Sima-bara erobert, sie alle niedergehauen u. 1640 alle Portugiesen aus J. vertrieben wurden. Unterdessen (1634) hatten auch die Holländer Anlaß zu Argwohn gegeben u. seitdem wurden sie auf ihre Factorei auf Desima u. auf gewisse Handelsschiffe beschränkt. Der Dairi Kin-Dsijao ordnete, um das Christenthum gänzlich auszurotten, 1666 durch das ganze Reich ein förmliches Inquisitionsgericht an, wobei ein Crucifix durch die Straßen getragen wurde, welches die Einwohner mit Füßen treten mußten. 1672 wurde auch der Handel der Holländer auf ein bestimmtes Quantum beschränkt u. die Beschränkung der Fremden seit 1743 noch strenger genommen. Beide durften nur mit einer geringen Anzahl von Schiffen (die Chinesen mit zehn Dschonken, zu je 400 Tonnen, die Niederländer mit einem großen u. zwei kleineren Schiffen) J. besuchen u. waren einzig auf den Hafen von Nangasaki angewiesen. Die Niederländer waren während ihres Aufenthaltes in letzterem auf die kleine Insel Desima beschränkt u. mußten Kanonen, Munition, Steuerruder etc. unterdessen den Japanern zur Aufbewahrung übergeben. Es konnten nur gewisse vorgeschriebene Gegenstände zur Einfuhr gebracht werden, u. dafür wieder eine bestimmte Menge von Landesproducten, worunter namentlich Kupfer, in Empfang genommen werden. Auch durfte kein Niederländer ohne ausdrückliche Erlaubniß des Statthalters das Festland betreten u. mußte dann immer ein zahlreiches Gefolge, das er zu beköstigen hatte, mitnehmen, u. vor Sonnenuntergang wieder auf Desima sein. Nur Bediente u. käufliche Mädchen[748] wurden zu den Niederländern gelassen u. auch erstere nur den Tag über. Für diese Begünstigung zahlen die Holländer einen Tribut, welcher von dem Präsidenten der holländischen Niederlassung an den Seogun nach dessen Residenz Jeddo überbracht wird.

Alle Versuche, welche andere Nationen, wie Russen, Engländer, Nordamerikaner im 19. Jahrh. machten, um neue Handelsverbindungen mit J. anzuknüpfen, waren vergebens, bis endlich die Vereinigten Staaten die Angelegenheit ernstlich betrieben. Dieselben sandten 1846 den Commodore Biddle mit zwei Schiffen nach Jeddo, um bei dem Seogun anzufragen, ob J. nicht gleich China den Vereinigten Staaten seine Küsten öffnen u. mit ihnen einen Handels- u. Freundschaftsvertrag abzuschließen geneigt sei, erhielten jedoch die Antwort, daß er ihnen weder Häfen eröffnen, noch mit ihnen einen Vertrag abschließen werde. Die Regierung der Vereinigten Staaten sandte, um ihren Wünschen mehr Nachdruck zu geben, Ende 1852 Commodore Perry mit einer Flotte von zwei Dampffregatten, zwei Dampfjachten u. zwei Transportschiffen nach J., um neue Unterhandlungen anzuknüpfen. Am 8. Juli 1853 kam die Expedition in der Bai von Jeddo an. Die feindliche Stellung, welche die japanesischen Schiffe gegen die Amerikaner annahmen, wurde durch eine Gegendemonstration leicht beseitigt u. dann den zwei kaiserlichen Bevollmächtigten, welche am 12. Juli erschienen, das Schreiben des Präsidenten der Vereinigten Staaten mit dem Bemerken überreicht, daß sie absegeln u. zur Abholung der Antwort im Frühling des nächsten Jahres zurückkehren würden. Die Expedition erschien auch wirklich am 11. Febr. 1854 wieder in der Bucht von Jeddo. Bei der Stadt Conegäbä, 6 Meilen von Jeddo, fand die Zusammenkunft zu den Conferenzen statt, u. am 31. März wurde ein Vertrag abgeschlossen, wonach amerikanische Schiffe Zutritt in den Häfen Simoda, auf Nipon u. Chacodade auf Jeso erhalten, um Holz, Wasser, Lebensmittel, Kohlen u. andere Bedürfnisse einzunehmen, in andere Häfen dagegen nur im Fall der Noth einlaufen dürfen; die sich in beiden Häfen niederlassenden Amerikaner können frei in diesen Orten umhergehen bis auf 7 japanische Meilen; die an japanischen Küsten gestrandeten Amerikaner sollen in die beiden Hafenorte an ihre Landsleute abgeliefert werden; die von den Amerikanern zu erkaufenden Waaren sollen nur durch japanische Vermittler erworben u. mit Gold od. Silber, doch auch durch Waarentausch bezahlt werden können; werden in Zukunft von der japanischen Regierung anderen Nationen noch andere Sonderrechte u. Vortheile gewährt, so sollen dieselben auch den Vereinigten Staaten zugutkommen. Am 8. April verließ die Expedition. die Bucht von Jeddo. Dieser Vertrag, dessen beiderseitige Ratificationen am 21. Februar 1855 in Simoda ausgewechselt wurden, ist insofern wichtig, als dadurch dem Verkehr mit anderen Nationen ein Land geöffnet wurde, welches zwischen drei Erdtheilen u. Ländern liegt, wo sich die Handelsinteressen der wichtigsten Nationen in der alten u. neuen Welt kreuzen u. welches deshalb auch von politischer Bedeutung ist.

Kaum war der Abschluß des Amerikanisch-japanischen Vertrags bekannt geworden, so suchten auch die anderen Nationen, welche sich früher mit I. in Verbindung hatten setzen wollen, gleiche Verträge abzuschließen. Zunächst die Engländer; diese hatten, nachdem sie sich 1811 der holländischen Besitzungen in Ostindien bemächtigt hatten, es als selbstverständlich angenommen, daß sie nun auch in dem Genuß des Vertrags mit I. nachfolgten; allein die Japaner wiesen nicht nur die Engländer mit ihrem Begehr ab, sondern machten es auch dem holländischen Präsidenten auf Desima möglich, sich, durch die Engländer von dem Mutterlande ganz abgeschnitten, hier zu halten, bis 1816 die Engländer die holländischen Besitzungen wieder herausgeben mußten. Jetzt wurde die Vertragsangelegenheit bes. von Hongkong aus betrieben; Admiral Stirling segelte mit einem mächtigen Geschwader, darunter zwei Dampfschiffe, 1. Sept. 1854 von Wusong, unweit Schanghai, ab u. erschien am 7. Sept. auf der Rhede von Nangasaki. Der Empfang der englischen Schiffe war kein freundlicher, u. erst die Drohung des Admirals, nach der Bucht von Jeddo zu gehen, machte die japanischen Beamten gefügiger, u. so kam am 14. Oct. 1854 ein Vertrag zu Stande, welcher dem mit den Vereinigten Staaten abgeschlossenen gleich ist. Außer Simoda u. Chacodade wurde den Briten auch noch Nangasaki eröffnet u. außerdem bestimmt, daß der Bruch irgend eines Vertragsartikels von Seiten der Befehlshaber u. höheren englischen Behörden mit der Schließung aller geöffneten Häfen bestraft werden sollte. Noch früher als England versuchte Rußland, seit seiner Festsetzung auf Kamtschatka, Zutritt in J. zu erhalten; schon unter der Regierung Katharinas II. hatten russische Schiffe Japaner, welche an der russischen Küste gescheitert waren, in ihre Heimath zurückgeführt u. die japanischen Behörden hatten dieselben angenommen. 1804 erschien eine russische Gesandtschaft in Nangasaki, wurde aber, obgleich von den Holländern empfohlen, gänzlich mit ihren Forderungen, in ein vertragsmäßiges Verhältniß mit J. zu treten, abgewiesen. In Folge davon besetzte Admiral Resanow einige der den Japanern gehörenden Kurilen, wogegen die Japaner den Schiffslieutenant Golownin, welcher im Juni 1811 auf Kunashir gelandet war, mit sieben seiner Gefährten festnahmen u. ihn erst nach 2 Jahren, nachdem die Russen die japanischen Kurilen geräumt hatten, wieder entließen. Von da unterblieb die Fortsetzung der russischen Bemühungen, bis 1852 von Seiten Rußlands eine Expedition nach J. unter Admiral Putiatin ausgerüstet wurde. Dieser erschien 1853 u. 1854 drei Mal in Nangasaki, aber die Russen fanden viel Widerstand, bis es ihnen 1855 endlich gelang, einen dem amerikanischen ähnlichen Vertrag mit J. abzuschließen, wobei ihnen dieselben Häfen wie den Engländern erschlossen wurden. Die Franzosen unternahmen nichts ernstliches, um mit J. in Verbindung zu treten. Dagegen hat die gallicanische Kirche ihr Augenmerk auf J. gerichtet, deren Missionäre seit der Errichtung eines Vicariats in der Mongolei u. Mandschurei sehnsüchtig auf die Rückkehr nach J. warteten, von wo sie seit Jahrhunderten nach schwerem Märtyrerthum ausgeschlossen waren. Nach dem Abschluß des Japanisch-amerikanischen Vertrages wurde auch von der Propaganda sogleich ein Vicar für J. ernannt in der Person eines ehemaligen französischen Militärs, Namens Colin, welcher jedoch 1854 mitten auf dem Wege dahin starb. Die Fortschritte des Einflusses, welchen die anderen Mächte in J. durch die Verträge zu erlangen[749] anfingen, veranlaßte auch die Niederländer, nichts zu versäumen, um aller Zugeständnisse theilhaft zu werden, welche anderen Nationen gewährt wurden; sie schlossen am 9. Novbr. 1855 ein am 1. Decbr. d. J. ins Leben getretenes u. nach zwei Jahren zu ratificiren des Übereinkommen, wonach sie ohne polizeiliche Erlaubniß Desima verlassen können, in den, den anderen Nationen geöffneten u. künftig noch geöffnet werdenden Häfen Zutritt erhalten u. ihre Kauffahrer Waffen u. Kriegsmunition an Bord behalten sollen, auch die Japaner dürfen nach Desima kommen, wenn sie dazu Erlaubniß von ihren Behörden haben; dagegen müssen die Holländer Desima ferner von der japanischen Regierung pachten, den jährlichen Tribut bezahlen u. dürfen nicht ohne vorhergegangene polizeiliche Untersuchung nach Nangasaki gehen. In einem Zusatzvertrage vom 30. Jan. 1856 wurde den Holländern die bisher verweigerte Ausübung ihres Gottesdienstes in Nangasaki u. den anderen geöffneten Häfen zugestanden. Die japanische Regierung macht sich verbindlich, das jährlich gebräuchliche sogenannte Bildtreten (Beeldtrappen, d.h. das Treten eines Crucifixes od. Heiligenbildes von Seiten der Holländer, zum Beweise, daß sie nicht römischkatholisch sind) abzuschaffen. Die Holländer erlangten dadurch ferner das Recht, beim gegenseitigen Verkehr auch edele Metalle auszuführen. Die japanische Regierung behielt sich die Erhebung von Ein- u. Ausfuhrzöllen, überhaupt den ganzen früheren Gang des Handels vor, wollte jedoch Übereinkünfte hierüber mit den Niederlanden u. anderen Staaten treffen.

Was die innere Geschichte J-s anlangt, so starb 1854 der Kaiser, 83 Jahre alt, nach sechsjähriger Regierung, mit welcher das Volk sehr zufrieden gewesen war. Im Nov. 1854 wurde Nipon von einer großen Überschwemmung u. einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht. Die volkreiche u. blühende Stadt Ohosako wurde gänzlich verwüstet, auch in Simoda u. Jeddo wurden große Verwüstungen angerichtet, angeblich wurden hier 54 Tempel u. 100,000 Wohnhäuser zerstört u. 30,000 Menschen verloren das Leben. Nach Abschluß der Verträge mit der Nordamerikanischen Union, England u. den Niederlanden, erklärte die japanische Regierung, daß alle fremde Nationen, ohne Ausnahme der darin zugestandenen Vortheile, theilhaftig werden sollten, ohne deshalb jedoch irgend einem Fremden das Recht der festen Niederlassung in J. od. des unmittelbaren Handels mit den Eingeborenen einzuräumen, welcher letztere nur den Holländern auf der Insel Desima gestattet sein sollte. Überhaupt bewies die japanische Regierung das größte Vertrauen unter den Fremden den Holländern als alten Bekannten, so ließ der Kaiser einen holländischen Ingenieur zur Anlegung von Bergwerken kommen. Am 21. August 1856 kam der erste nordamerikanische Generalconsul für J. nach Simoda, wo ihm eine Wohnung von der Regierung angewiesen wurde. Der Handel der Nordamerikaner mit den Eingeborenen wurde durch Beamte der Regierung vermittelt; man fand Waaren aus japanischen Fabriken von der höchsten Vollkommenheit, u. gewann die Überzeugung, daß die Japaner weit über alle andere asiatische Nationen hervorragen, u. daß sie ebenbürtig mit den gebildeten europäischen Völkern behandelt werden müßten. Im November desselben Jahres wurde die Hafenstadt Chacodade vom Erdbeben u. Meeresfluth schwer heimgesucht. 1857 schloß Putiatin in Nangasaki einen aus 27 Artikeln bestehenden Ergänzungsvertrag zu dem früheren russisch-japanischen Handelsvertrag ab, wodurch u.a. festgestellt wird, daß ein russischer Consul mit Frau u. Familie in J. leben darf. Mit der Nordamerikanischen Union kam die Regierung überein, das amerikanische Geld nach seinem wahren Silbergehalt anzunehmen; dieselbe ließ nach amerikanischen Mustern Dampfschiffe bauen u. bemannte sie mit ihren eigenen gut geschulten Leuten. Der Hof entschloß sich, die Handelsbeziehungen mit den großen Seemächten möglichst auszudehnen u. Gesandte nach dem Westen zu senden; ein Neffe des Kaisers wurde 1858 zum Gesandten nach den Niederlanden ernannt. Im Laufe des Sommers 1858 gelang es dem nordamerikanischen Consul Harris in der That mit der japanischen Regierung einen neuen Vertrag zu vereinbaren, der, auf den früheren gegründet, bedeutend weitere Vortheile einräumt u. die anstößigen Bestimmungen desselben fast gänzlich beseitigt. Die wichtigsten Punkte sind: freien u. ungehinderten Handelsverkehr zwischen Eingeborenen u. Fremden, ohne die Vermittelung japanischer Regierungsbeamten u. ständiger Wohnsitz der amerikanischen Diplomaten in der japanischen Hauptstadt Jeddo; auch Jeddo ist Hafenstadt u. dem fremden Verkehr geöffnet worden. Darauf schloß Lord Elgin mit der japanischen Regierung einen dem amerikanischen in den Hauptpunkten ähnlichen Vertrag ab; derselbe gestattet freie Einfuhr von fahrender Habe, 5 Proc. Zoll auf Maschinen-, Baumwollen- u. Wollenwaaren, Lebensmittel, Seide, Kohlen, Blei; geistige Getränke zahlen 35 Proc. u. alle übrigen Waaren 20 Proc. Dem Handelsverkehr hinderlich wirkte, daß J. an Ausfuhrgegenständen wenig mehr als edle Metalle bietet, u. die Japaner keinen Sinn für europäische Waaren zeigen. 1858 wurde die Tholera durch ein amerikanisches Schiff zum ersten Male nach J. gebracht, u. dadurch das Vorurtheil der Japaner gegen Fremde von neuem wach. Im Herbste 1858 starb der weltliche Kaiser von J. als eins der ersten Opfer dieser Krankheit; diesem Fürsten verdankte man hauptsächlich die Öffnung J-s. Er ließ eine Menge medicinischer u. naturwissenschaftlicher Bücher ins Japanische übersetzen, u. die erste telegraphische Leitung von Jeddo nach einem Landhause, sowie eine kleine Eisenbahn anlegen, die bei seinem Tode bereits einige Meilen lang war. Die japanische Seemacht war unter seiner Regierung um vier Dampfschiffe reicher geworden, welche sämmtlich von japanischen, von den Holländern gebildeten Seeleuten geleitet werden. Das rasche Aufblühen des Verkehrs mit J. veranlaßte auch die preußische Regierung 1859 eine Expedition zu Gunsten des Deutschen Zollvereins in jene Meere abzusenden. Vgl. Titsingh, Annales des empereurs du J., herausgegeben von Klaproth, Par. 1834; Dessen Memoires sur la dynastie regnante des Djogonus, herausgeg. von A. Remusat, ebd. 1820; E. Kämpfer, Geschichte von J., deutsch von Dohm, Lemgo 1777–79, 4 Bde.; Golownin, Begebenheiten in der Gefangenschaft bei den Japanern 1811–13, aus dem Russischen von C. J. Schultz, Lpz. 1816, 2 Thle.; Meylan, Geschiedkundig overzicht van den handel [750] der Europeen op J., Batavia 1833; Siebolds Nippon; Archiv von J. u. dessen Schutzländer, Leyden 1832–51; Andrew Steinmetz, Japan and her people, Lond. 1859; Narrative of the U. S. Expedition to Japan, Washington 1856, 2 Bde.; K. F. Neumann, Das Reich J. u. seine Stellung in der westöstlichen Bewegung, 1857; Lohdorf, Acht Monate in J. etc., Bremen 1858.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 747-751.
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