Apfel

[594] Apfel, 1) Frucht des Apfelbaums, eine der nutzbarsten Obstgrien: Größe, Farbe, Gestalt u. Geschmack sehr verschieden. Der Geschmack der[594] Apfel ist süßsäuerlich, so daß bald die Süße, bald die Säure mehr hervortritt, u. um so angenehmer, je inniger beides gemischt ist u. sich dem Weinsäuerlichen nähert. Der wichtigste chemische Bestandtheil der Ä. ist die A-säure. Man theilt sie verschiedentlich ein; a) nach der Zeit der Reise u. Eßbarkeit in Sommer-, Herbst- u. Winter-Ä., letztere halten sich am längsten; b) nach der vorzugsweisen Benutzung in Tafel- u. Wirthschafts-Ä.; c) nach der äußeren Gestalt, wo die Höhe u. Dicke vorzüglich als Merkmal gilt. Äpfel, die eben so hoch als. breit sind, dabei kugelförmig, heißen runde Ä., die flach gewölbten u. fast ganz geraden, dicke Walzen; bei anderen übertrifft die Höhe die Breite, u. dann sind sie entweder an den Seiten zirkelrund gewölbt (länglichrunde Ä.), od. die Seiten taufen gerade aus (lange Walzen); noch andere sind breiter als hoch u. ebenfalls an der Seite zirkelrund (plattrunde Ä.), od. fast gerade (stumpfe Walzen), od. sie nehmen nach der Blüthe hin in der Breite allmälig ab (spitzige od. stumpfe Kegel). Diel theilt die A. in 7 Klassen: a) Kant-Ä, dazu Calville (echte), Schlotter-Ä. u. Gülderlinge; b) Rosen-A., dazu echte Rosen. Ä., Astrakhanische, Birn-, Blumensüßer, Florentiner, Gewürz-, Herren- u. Kronen-A.; c) Rambour-Ä., dazu echte Rambours, Pfund-, großer Kern-A.; d) Renetten, dazu echte Renetten mit ihren Varietäten, Antillen-, Atlas-, Zwiebel-A., Goldpeping, Köstelin, Eckenhagener A. u. a.; e) Streiflinge, dazu echte Streiflinge u. Winterstreifling od. Carmes-A.; f) Spitz-A., dazu Ernte-A., Köberling, Holländer, Junker, Cider-, Blut- u. Lauchs-A.; g) Platt-Ä., dazu Api-, Apia- od. Jungfer-A., Arznei-, Back-, Bernhardiner od. Koch-A., Bremerling, Carmoisin-A., Francatu, Fürsten-, Gallus-, Graben-, Herbstzimmet-A., Blauschwanz, Eggerling, Flammänder, Grünling, Glas-A., Goldammer, Granat-A., kleiner Herren- od. Junker-A., süßer Juden-A., später Jakobs-A., Johannis- od. Paradies-, Königs-, Herbst-, Tafel- od. Wirthschafts-A., Katharinen- u. Leder. A. Die Gewinnung guter, brauchbarer Ä. beruht theils auf Veredlung der A-bäume durch Pfropfen, Oculiren etc.; theils auf guter Behandlung des tragbaren Baums (zweckmäßigem Düngen, Beschneiden, Raupen etc.); theils auf Abnehmen der Ä. zur gehörigen Zeit u. mit gehöriger Vorsicht, in reifem Zustand an hellen, trockenen Tagen, der besseren Sorten mit dem Apfelbrecher (einem an einem langen Stiele befestigten tellerförmigen, mit aufstehenden Stäbchen umrandeten Holze, in dessen Mitte die mit den Stäbchen abgebrochenen Früchte fallen); theils auf sorgfältiger Aufbewahrung in einem weder zu warmen, noch zu kalten Zimmer, od. in trockenen Kellern auf breternen Gerüsten, die Stielseite stets auf das Holz gelegt, od. auch Einlegen in trockene Asche, Sand, selbst in großen Haufen auf Stroh. Sehr gute Ä. bewahrt man in Fässern, Kisten, am besten in mit Papier verbundenen Steintöpfen an einem trockenen, frostfreien Orte auf, die Schichten durch Kleie, Sägespäne u. dgl. getrennt, legt wohl auch eine Citrone in die Mitte. Ä. sind im Allgemeinen roh, mäßig genossen, eine, Gesunden unschädliche Speise, u. in machen Krankheiten Erquickungs- u. Küblungsmittel; u. mit Zucker versetzt, dienen sie gegen Brustbeschwerden, bei Heiserkeit etc. Als Heilmittel benutzt man sie zu A-pomade, apfelsaurem Eisenextract u. gleichnamiger Tinctur. Auf Seereisen dienen sie zur Vorbauung des Skorbuts; A-muß od. gebratene Ä. dienen, da sie zweimal so schnell erkalten, als Wasser, als Breiumschlag bei Augenentzündungen zum Auflegen auf Augenlider, um die Hitze auszuziehen; Holz-Ä. werden in Fieberkrankheiten bei Thieren angewendet. Auch getrocknet (gewelkt) werden sie häufig genossen. Nachdem man mit einem hohlen Cylinder von Eisen (Apfelstecher) den Gröbs herausgestochen hat, zerschneidet man sie nach ihrer Größe in 2 bis 4, od. mehr Theile u. schält die Ä.; zu beiden Verrichtungen hat man auch besondere Instrumente, Apfelschäler u. Apfelschneider, welche die Arbeit sehr fördern. Zum Trocknen dienen Horden in Backöfen nach Herausnahme der Brode, od. besondere Darröfen. Nach 14–21 Tagen läßt man die getrockneten Ä. an der Luft einige Zeit nachtrocknen. In kleineren Haushaltungen trocknet man die Ä. an der Luft od. am Ofen an Fäden gereiht. Man bewahrt die fertigen getrockneten Ä. in verschlossenen Kisten auf. Zum Einmachen von Ä-n nimmt man die besten Sorten, bes. Borsdorfer, wirst sie, geschält u. entkernt, in frisches Wasser (damit sie nicht dunkel werden), kocht sie dann in geläutertem, kochend über Zimmt gegossenem Zucker nicht ganz mürbe, nimmt sie heraus u. kocht den Syrup ein, den man nun über die in Steinkrügen verwahrten A. gießt u. etwas geschnittene Citronenschale hinzuthut. Apfelgelee erhält man aus sehr mürben Ä-n, setzt etwas Wasser zu, läßt den ersten trüben Saft ablaufen u. kocht den späteren hellen bis 3/4 ein, worauf man etwas Citronenschale zusetzt. Apfelmuß gewinnt man aus den geschälten Ä-n, wo möglich mit einer Quitte, etwas grünen Wallnüssen mit den Schalen, Citronenschalen, Zimmtblüthen u. Gewürznelken mit Wasser od. abgeschäumtem Most zerkocht u. durchgeschlagen; in Steintöpfen läßt man das Muß in einem noch heißen Backofen dick werden, wodurch es eine Kruste erhält, die es um so haltbarer macht. Apfelwein zu bereiten s. Cider. Außer dieser einfachen Bereitung dienen A. auch als Zusatz zu einer Menge Speisen; so hat man mit Eingemachtem u. dergl. gefüllte Ä., gedämpfte Ä., in Butter u. dem eigenen Saft geschmorte Ä., auf verschiedene Art bereitete Apfelsuppe, meist Wassersuppe mit gekochten Ä-schnitten, mit in Butter gerösteten Semmeln, weißem Wein, Zucker, abgeriebenen Citronen, kleinen Rosinen, geschnittenen Mandeln; Apfelsalat, Häring mit würflig geschnittenen Ä-n; Apfelcréme, A-muß mit Weinschaum gemischt; Apfelpudding, ein Pudding, dessen Inhalt Ä-schnitze sind, wird mit Frucht- od. Weinsauce gegessen; Apfelcompot mit Gelees u. ausgestochenen Ä-n. Auch mehrere Gebäcke bereitet man aus Ä-n, so Apfeltorte, Apfelkuchen etc. Im Orient war der A. Symbol der Sonne, daher 1000 Trabanten der persischen Könige (Melophori) goldene Ä. an ihren Lanzen trugen, u. nach ägyptischer Darstellung deuteten 3 Ä. die 3 in Ägypten angenommenen Jahreszeiten an. Nach griechischer Mothe war Bakchos Schöpfer des A-s u. hatte diese Gabe der Aphrodite mitgetheilt, dadurch ward der A. ein erotisches Bild, daher auch in der Mythe von Atalante diese durch einen A. besiegt u. bei der Hochzeit des Peleus u. der Thetis durch einen von Eris eingeworfenen A. (Apfel der Eris. Eris u. Thetis) Streit erregt[595] ward. Auch nach germanischer Mythe ist der A. Symbol der Mutterbrust u. der nährenden Liebe. Der Reichs-A. (s.d.) in Deutschland ist kein A., sondern eine Kugel u. zwar die Erdkugel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 594-596.
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