Philippus

[61] Philippus (gr. Philippos, d. i. Liebhaber der Pferde, gewöhnlich abgekürzt Philipp, dort s. die Personen aus der neueren Geschichte). I. Biblische Personen: 1) St. P., stammte aus Bethsaida, wurde früh einer der Jünger Jesu u. gehörte zu dessen zwölf Aposteln; von ihm berichtet bes. Johannes, namentlich war bei der Speisung der 5000 Jesu Frageanihn gerichtet, wie viel Brod dazu nöthig wäre, u. er führte einst die hellenischen Juden in Jerusalem bei Jesu ein. Nach Jesu Tode soll er das Evangelium in Phrygien, nach And. in Scythien gepredigt haben u. nach 80 in Hierapolis gestorben sein. Sein Tag ist der 1. Mai, in der Griechischen Kirche der 14. Novbr. Unter den neutestamentlichen Apokryphen führen seinen Namen das Evangelium Philippi (von den Gnostikern u. Manichäern gebraucht), Acta Philippi (Ἐκ τῶν περιόδων Φιλίππου τοῦ ἀποστόλου u. Acta Philippi in Hellade, s. u. Apokryphen. 2) P., einer der sieben Apostelgehülfen in der ältesten Gemeinde zu Jerusalem, predigte nach der Zerstreuung dieser Gemeinde das Evangelium in Samaria u. nahm die einst excommunicirten Samaritaner in die Gemeinschaft der Judenchristen auf, er bekehrte dort auch den Magier Simon u. nachher auf der Straße zwischen Jerusalem u. Gaza den Kämmerer der Königin Kandake von Äthiopien; nachdem er noch als Evangelist in den fünf Hauptstädten Philistäas umhergezogen war, ließ er sich in Cäsarea nieder, wo Paulus bei ihm einkehrte.

II. Fürsten. A) Römische Kaiser: 3) Marcus Julius P. Arabs, geb. in Bostra, Sohn eines Räuberanführers, trat in römische Kriegsdienste u. wurde unter Gordian III. Commandant der Prätorianer u. 244 n.Chr. römischer Kaiser; er beendigte den Krieg gegen Persien durch einen Friedensschluß u. führte glückliche Kriege gegen die Taifalen u. Astinger an der Donau; er traf auch im Inneren gute Einrichtungen u. feierte im Jahr 248 das tausendjährige Gründungsfest Roms. Darauf brachen allenthalben im Reiche Empörungen aus, u. indem er gegen Decius marschirte, welcher den Purpur an seiner Stelle von den pannonischen Legionen angenommen hatte, fiel er gegen denselben bei Verona 249. Er war den Christen so günstig, daß Manche glauben, er sei selbst Christ gewesen. B) Könige von Macedonien: 4) P. Sohn des Argäos, regierte um 614 v. Chr. einig. Zeit nach seinem Vater in Macedonien u. hatte seinen Sohn Aëropos zum Nachfolger. 5) P. I., Sohn Alexanders I., regierte mit seinem Bruder Perdikkas um 450, mußte aber demselben weichen. 6) P. II. der Große, dritter Sohn des Amyntas II. u. der Eurydike, geb. 382 v. Chr., wurde, als sein ältester Bruder Alexander von Pelopidas auf den Thron gesetzt wurde, 368 von diesem als Geißel mit nach Theben genommen, wo er im Hause des Epaminondas lebte u. sich griechische Bildung erwarb. Nach dem Tode seines zweiten Bruders Perdikkas II. führte er seit 360 die Regierung für seinen Neffen Amyntas, bestieg jedoch bereits 359 den Thron selbst; nachdem er sich ein tüchtiges Heer geschaffen hatte, ging er an die Ausführung seines Planes, sich die Hegemonie über Griechenland zu verschaffen; er nahm den Athenern Amphipolis u. Pydna, verband sich mit Olynthos u. gewann Einfluß in Thessalien, wo er die Aleuaden gegen den Tyrannen von Pherä unterstützte; bis 352 hatte er Thessalien ganz von sich abhängig gemacht, als er aber von da nach Griechenland ziehen wollte, machte Demosthenes die Athener auf die Gefahr, welche den Griechen von P. drohte, aufmerksam, worauf die Thermopylen besetzt u. dem P. der Einzug nach Griechenland versperrt wurde. P. wendete sich nun einstweilen nach Thracien u. machte dort mehrfache Eroberungen, wie er auch Olynthos, welche Stadt sich wieder an Athen angeschlossen hatte, einnahm u. zerstörte. Nachdem er die Athener, deren Demüthigung zur Ausführung seines Planes vorzüglich nöthig war, lange durch Unterhandlungen u. Täuschungen hingehalten hatte, benutzte er endlich den zweiten Heiligen Krieg, um, von den Thebanern gerufen, in Griechenland einzurücken; die Phocenser wurden 346 besiegt u. von der delphischen Amphiktyonie ausgeschlossen, an deren Stelle nun P. als Mitglied dieser Amphiktyonie, also in den griechischen Völkerbund aufgenommen wurde. Nun kriegte er[61] wieder in Thracien u. Illyrien, machte 344 einen Zug gegen Sparta, intriguirte seit 342 wieder gegen Athen u. benutzte den dritten Heiligen Krieg, um einen allgemeinen Krieg gegen Hellas zu beginnen, welchen er 338 durch den Sieg bei Koronea über Athener u. Thebaner gewann. Darauf wurde eine große Nationalversammlung auf dem Isthmus gehalten, worin der Rachekrieg gegen Persien beschlossen u. P. zum Oberfeldherrn gewählt wurde; über dieses Alles s. u. Macedonien S. 759 s. u. Heilige Kriege. Darauf kehrte er heim u. begann die Rüstungen zum Kriege gegen Persien; als er aber 336 aus dem Theater in Ägä ging, wurde er von Pausanias, welchen er mit seinen Beschwerden wegen Mißhandlung von einem königlichen Verwandten zurückgewiesen hatte, ermordet. P. war verheirathet mit Olympias, welche ihm Alexander den Großen u. die Kleopatra gebar, der Tag der Vermählung der Letzteren mit König Alexander von Epiros war sein Todestag; neben Olympias hatte er sich noch mit Kleopatra, der Schwester des Attalos, vermählt, welche ihm Karanos u. Europa gebar; unter mehren anderen natürlichen Kindern waren Aridäos (s.d.), Ptoletnäos Lagi (s.d.) u. Thessalonike, die Gemahlin Kassanders. P. ist bes. von Demosthenes charakterisirt worden; er war überaus klug u. kannte die Menschen u. die Verhältnisse der Staaten im Inneren u. zu einander; bei seinen herrschsüchtigen Plänen wußte er seine Thatkraft seiner Berechnung unterzuordnen, vermied alle Übereilung in seinen Unternehmungen, gewann durch Bestechungen einzelne hervorragende Männer, durch Schmeicheleien die mächtigen u. durch Drohungen die schwachen Staaten; die macedonische Phalanx war seine Schöpfung; sein Nachfolger war sein Sohn Alexander d. Gr. Vgl. Olivier, Hist. de Philippe, Par. 1740–60, 2 Bde.; Leland, Hist. of the life and reign of P., Lond. 1761, 2 Bde.; Brückner, König P., Gött. 1837; Niebuhr hat mit P. den Kaiser Napoleon I. verglichen in der Übersetzung der ersten Philippischen Rede des Demosthenes, 1805. 6) P. II., Sohn Kassanders, folgte seinem Vater 298 v. Chr. in Macedonien, einem Theile Griechenlands u. Karien u. st. 297. 7) P. III., Sohn des Demetrios II., geb. 238 v. Chr., folgte 221 dem Antigonos Doson; regierte Anfangs, durch Aratos berathen, sehr lobenswerth, aber nachdem er diesen 213 hatte vergiften lassen, verleitet durch seine Höflinge, höchst tyrannisch; um sich vor den, von Illyrien aus gegen sein Reich dringenden Römern zu schützen, verband er sich im zweiten Punischen Kriege mit den Carthagern, wurde aber zur See von dem Consul Valerius Cäcinus geschlagen u. in Streitigkeiten mit den Ätolern, Ägyptiern, Pergamenernn. Rhodiern verwickelt. Nach Beendigung des Punischen Krieges erklärten die Römer 200 dem P. den Krieg, welcher durch die Niederlage des P. bei Kynoskephalä 197 beendigt wurde; in Folge davon verlor P. die Hegemonie über Griechenland, mußte seine Besatzung aus allen griechischen Landschaften u. Städten ziehen, seine Flotte u. sein Heer vermindern u. wurde ganz von den Römern abhängig; welche ihn dann erst Eroberungen in Griechenland u. Thracien machen ließen, aber nachher deshalb vor ihren Richterstuhl riefen u. die Eroberungen zurückzugeben nöthigten. Nachdem er seinen Sohn u. Erben Demetrios, welchen sein natürlicher Sohn Perseus der Verrätherei an seinem Vater in Rom beschuldigt hatte, hatte hinrichten lassen, erfuhr er bald darauf ein trotziges Benehmen von Perseus u. st. aus Kummer darüber 179; s. Macedonien S. 761. 8) Pseudo-P., so v.w. Andriskos. C) Tetrarch von Trachonites: 9) Herodes P., s. Herodes 4).

III. Römische Staatsmänner: 10) Quintus Marcius P., war 186 v. Chr. Consul, leitete die Untersuchung wegen der Bakchanalien (s.d. 2) u. führte dann einen unglücklichen Krieg gegen die Ligurier, welche ihn in den nach ihm genannten Marcius saltus lockten; mehr Glück hatte er in seinen Unterhandlungen in Griechenland, wo er 183 die Angelegenheiten Achaias ordnete u. 171 die Griechen für Rom gewann u. den König Perseus von Macedonien zum Frieden beredete; 169 wurde er wieder Consul u. besiegte den König Perseus in dem inzwischen wieder mit demselben ausgebrochenen Kriege. 11) Lucius Marcius P., war 104 v. Chr. Volkstribun u. 91 Consul, stand in dem Bürgerkriege zwischen Marius u. Sulla auf der Seite des Letzteren u. war dann ein Anhänger des Pompejus; er war ein guter Redner u. mit der Griechischen Literatur vertraut. 12) Lucius Marc. P., Sohn des Vor., Gemahl der Attia u. durch sie Stiefvater des Octavianus; er war mit Cicero u. Cäsar befreundet u. enthielt sich in dem Bürgerkriege jeglicher Theilnahme an demselben.

IV. Gelehrte u. Dichter: 13) P. aus Akarnanien, war der Leibarzt Alexanders des Großen auf dessen Persischem Feldzug; als sich der König durch unvorsichtiges Baden in Tarsos eine gefährliche Krankheit zugezogen hatte, gab er demselben ein heroisches Mittel u. rettete durch die Genesung des Königs seinen Ruf der Treue, da Parmenio Alexandern vor ihm gewarnt hatte, als habe er sich von dem Perserkönig bestechen lassen seinen König zu vergiften. 14) P. von Thessalonike, griechischer Epigrammatiker, um 50 n.Chr.; Epigramme von ihm stehen in der Anthologie. 15) P. Sidetes, aus Side in Pamphylien, war letzter Lehrer der Katechetenschule in Alexandrien u. st. nach 400 n.Chr.; er schrieb die Geschichte seiner Schule (verloren). 16) P. Solitarius, griechischer Mönch des 11. Jahrh., er schr.:Δίοπτρα (ein Gespräch zwischen Seele u. Körper) in politischen Versen, lateinisch herausgeg. von Pontanus, Ingolst. 1604. 17) Bruder ein Karthäusermönch in der Mitte des 13. Jahrh., dichtete in deutscher Sprache eine Legende von der Heiligen Familie, welche bis ins 16. Jahrh. vielfach über- u. umgearbeitet wurde; Auszüge daraus im 2. Bde. von Docens Miscellaneen, vollständig von Rückert, Bresl. 1853.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 61-62.
Lizenz:
Faksimiles:
61 | 62
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Cardenio und Celinde

Cardenio und Celinde

Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon