Karpathen

[671] Karpathen (Karpathisches Gebirgssystem, die Montes Sarmatici der Alten), im weitesten Umfang der zusammenhängende Gebirgswall, welcher, Ungarn (mit, Siebenbürgen) im NW., N., O., SO. und S. von Österreich, Mähren, Schlesien, Galizien, der Bukowina und Rumänien in einer Länge von 1600 km abgrenzend und teilweise ausfüllend, einen großen, der Donau zugekehrten Bogen bildet, der an der Donau bei Theben und Preßburg (Porta Hungarica) beginnt und sich wieder bis zur Donau von Baziás bis Orsova erstreckt. S. Karte »Ungarn«.

[Ausdehnung und Höhe.] Die horizontale Ausdehnung der K., die, ihrer Hauptmasse nach Ungarn angehörend, nach Mähren und Schlesien nur kurze Ausläufer entsenden, gegen Galizien zu jäh abfallen, den untern Teil der Bukowina erfüllen und nur mit den äußersten südöstlichen und südlichen Abhängen nach Rumänien eindringen, umfaßt, je nach der angenommenen Basis, 93,000–245,000 qkm (1700–4150 QM.), die Breite hingegen beträgt an den Ausläufern nur 12, anderwärts 70–370 km. Die größte Breite fällt mit ihrer größten Erhebung zusammen, so auf dem Meridian der Hohen Tátra und im Siebenbürgischen Hochland. Mit den Alpen treffen sie an zwei Punkten zusammen, und zwar bei Theben an der Donau mit dem Leithagebirge und bei Gran mit den Ausläufern des Bakonyer Waldes; im S. begegnen sie den Verzweigungen des Balkangebirges im Engtal der Klissura. Von den Sudeten werden sie durch die Wasserscheide von Mährisch-Weißkirchen getrennt. In diesem weiten Umfang sind die K., die nächst den Alpen als das mächtigste, also das zweite Hauptgebirge Europas die Wasserscheide zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer bilden, nur ein geographischer Begriff. In Wirklichkeit bestehen sie aus mehreren orographisch und geologisch gesonderten Gruppen. An Großartigkeit stehen sie den Alpen weit nach, denn es fehlen ihnen die mächtigen Hochgipfel, die weiten Schneefelder und Gletscher, die imposanten Wasserfälle und die großen Seen.

[Täler, Flußsysteme, Seen, Pässe.] In den K. findet man nur sporadisch jene bedeutenden Längentäler, deren Entwickelung in den Alpen den Verkehr so wesentlich begünstigt. Desto häufiger sind die Quertäler. Aus dem weiten Karpathengebiet strömen überall zahlreiche Gewässer der Donau, in zweiter Linie der Weichsel und dem Dnjestr zu. Die wichtigsten Täler sind: in den eigentlichen K. das Waag-, Neutra-, Gran- und Eipeltal, die sich gegen die Donau öffnen; ferner im Theißgebiete die des Sajó, des Hernád, der Topla, der Laborcza, des Ung, der Latorcza, der Borsova, des Nagyág, der Theiß und ihrer Zuflüsse, sowie auch die Täler des Vissó und der Iza; sodann im N. das Weichsel-, Dunajec- (s. Tafel »Talbildungen«), Poprád-, San-, Dnjestr- und Pruthtal und die Täler des Sereth und seiner rechten Zuflüsse; im Siebenbürgischen Hochland endlich die Täler des Szamos, der Körös, der Maros, der beiden Kokel und der Aluta. Eine Eigentümlichkeit der K. sind die zahlreichen kleinen Gebirgs seen (Meeraugen), insbes. in der Hohen Tatra, wie Fischsee, Csorbaer See (s. d.) u. a., die in bedeutender Höhe (1300–2000 m ü. M.) liegen. Die westlichen K. sind reich an bequemen Pässen, die sich im O. und S. seltener vorfinden. Von Natur aus fast unwegsam ist nur das Gebiet der Hochkarpathen und der östliche Gebirgsrücken zwischen Galizien und Ungarn. Die wichtigsten Übergänge sind: im W. die Pässe Vlara (420 m) und Lissa oberhalb von Trentschin, der Jablunkapaß (551 m), durch den die Kaschau-Oderberger Bahn von Schlesien nach Ungarn eintritt, der Jordanowpaß (805 m), die Kunststraße von Jablunkau nach Neumarkt und über die Kralova Hola, ferner der Durchlaß der Eperjes-Neusandeczer Bahnlinie am Poprád, in den Ostkarpathen der Duklapaß, der Durchlaß an der Laborcza für die Bahnlinie Homonna-Przemysl sowie die Pässe Vereczke an der Ung und Latorcza und von Körösmezö an der Schwarzen Theiß (1037 m); endlich in Siebenbürgen die Pässe Radna (959 m), Borgóprund (1196 m), Tölgyes, Békás, Gyimes und Oitoz im Ostrand, Bodza, Tömös oder Predeal (1028 m), Törzburg, der Engpaß am Rotenturm (352 m), der Vulkanpaß (944 m) im S. sowie der Paß von Bánffy-Hunyad, das Eiserne Tor am Westrande des Siebenbürgischen Hochlandes und der Paß Teregova im Banater Gebirge.

[Geologisches.] Die K. sind die natürliche Fortsetzung der Alpen und stellen ein jenen analog gebautes, einseitiges Kettengebirge dar, das durch eine nordwärts schiebende Kraft aufgestaut wurde. Die Hauptfaltung hat in der ältern Tertiärzeit stattgefunden und war zum Schluß der Miocänzeit im wesentlichen vollendet; nur kleinere Veränderungen vollzogen sich noch später; auch jetzt ist, wie häufige Erdbeben andeuten,[671] noch keine vollständige Ruhe eingetreten. Im westlichen Teil der K. (bis zum Hernádfluß) finden sich mehrere zentrale Granitkerne nebst Gneis und kristallinischem Schiefergebirge, um die sich ähnlich wie in der Zentralkette und in der nördlichen Zone der Alpen das mesozoische Gebirge, vom Verrucano (unterste Buntsandsteinbildung) mit seinen Konglomeraten und roten, sandigen Schiefern durch Muschelkalk, durch die verschiedenen Glieder des alpinen Keuper, und unter ihnen zu oberst die Kössener Schichten, bis in den Lias, gruppiert. Über letzterm ist das obere Grenzgebilde des Jura (das Tithon) mächtig erschlossen, und ihm direkt liegt die Kreide auf, teils untere (neokomer Sandstein und Kalk, Gault als Ton und Sand), teils obere (mächtige Hippuritenbänke nebst Sewenkalk und darüber die Gosaubildungen). Über ihr folgen das Nummulitengebirge und der besonders mächtig und größtenteils sandig (als Karpathensandstein) entwickelte Flysch, dann die jüngern, miocänen Tertiärgebilde, mehr randlich ausgelagert. Vom Hernád bis zur Máramaros und zur Bukowina fehlen alle ältern kristallinischen Gesteine, die erst in Siebenbürgen gleichzeitig mit den ältern Sedimenten wieder zutage treten. Hier herrscht vielmehr ein einförmiges, waldiges Sandsteingebirge aus Flysch- und Nummulitengesteinen, das sich in gleicher Einförmigkeit sowohl um den Innen- als um den Außenrand der K. (Walachei bis Schlesien) erstreckt, und aus dem nur in einzelnen Klippen und Klippenreihen Kalke der Trias, des Jura und der Kreide (die sogen. karpathischen Klippen) hervorsehen. Diesem Sandstein gehören die ergiebigen Erdölquellen und Ozokeritlager Oberungarns und Galiziens an, dem Miocän aber die reichen Steinsalzablagerungen am Fuß der Ostkarpathen in Ungarn und im Innern Siebenbürgens. Der ungarische Innenrand enthält ferner sehr verbreitet trachytische und andesitische Gesteine, z. T. als Perlstein und Obsidian entwickelt, und Basalte. An die grünsteinartigen Trachyte sind wichtige Erzlagerstätten geknüpft (mit Gold, Silber und Tellur zu Schemnitz, Kremnitz und im Siebenbürgischen Erzgebirge); aber auch die kristallinischen Schiefer führen vielfach Erze. Ältere Eruptivbildungen sind die Gabbros und Serpentine des Übergangsgebirges von Dobschau und die mit dem Verrucano verknüpften Melaphyre. Mineralquellen und Solfataren haben in der Tertiärzeit zur Entstehung mächtiger Kalktuffe, ausgezeichneter Opale, des Alaunsteins etc. Anlaß gegeben. Vgl. Partsch, Die Gletscher der Vorzeit in den K. (Bresl. 1882); Beck u. Vetters, Zur Geologie der Kleinen K. (Wien 1904). Nutzbare Mineralien s. unten (S. 674).

[Einteilung.] Das Karpathensystem zerfällt in zwei Hauptgruppen, in die eigentlichen K., einen fortlaufenden Gebirgszug mit der höchsten Erhebung in der Mitte sowie zahlreichen, sich im S. ausbreitenden Gebirgsketten, und in das Siebenbürgische Hochland. Erstere bestehen aus einem äußern Rande, dem Grenzwall zwischen Ungarn einerseits sowie Mähren, Schlesien, Galizien und der Bukowina anderseits, und aus den das oberungarische Gebiet ganz erfüllenden innern Gebirgsgruppen.

West- und Ostkarpathen.

Der äußere Rand, ein zusammenhängender, reichbewaldeter Sandsteinzug, der sich bei einer mittlern Höhe von 650–1300 m bogenförmig von der Donau (bei Hainburg und Theben) bis an die Goldene Bistritza erstreckt, wird durch den Durchbruch des Poprád in zwei Hälften geteilt, und zwar in die Westkarpathen und in die Ostkarpathen oder das Karpathische Waldgebirge (auch Waldkarpathen). Die Westkarpathen, zu denen auch der am rechten Donauufer bei Hainburg liegende isolierte Granitstock der Hundsheimer Berge gehört, beginnen, dem Leithagebirge gegenüber, am Donaudurchbruch mit der niedern Gruppe der Kleinen K., und zwar mit dem 154 m hohen Thebener Kegel und dem Preßburger Schloßberg. Dieser 11–15 km breite, bewaldete und sanft gerundete Höhenzug reicht in nordöstlicher Richtung bis an die Miavaquelle und erreicht im Bradlo 544 m, im Rachsturn 748 m und im Wetterling 724 m Höhe. Jenseit der Miava zieht sich gleichfalls nordöstlich der steile Gebirgsrücken der Weißen K. (Weißes Gebirge, auch Bela Gora), nach seinen weißen Dolomitfelsen so benannt, in Mähren bis an die March und Bečva, in Ungarn bis an die Waag hin, der in seinen Fortsetzungen: im Ungarisch-Mährischen Grenzgebirge, in der Javorinakette und im Javornik (1077 m), bis zu den Beskiden reicht. An den Javornik schließt sich in der Nordwestecke der äußern K. die an den Quellen der Oder, Bečva und Kisucza beginnende Beskidenkette (Westbeskiden) an, die, westlich vom Jablunkapaß sich gegen O. wendend und mit ihrem östlichen großen Bogen die Hochkarpathen umschließend, bis zum Durchbruch des Poprád reicht. Der westlichste, zumeist im südlichen Gebiet Schlesiens sich ausbreitende Teil bildet die eigentlichen Beskiden oder das Jablunkagebirge (Lissa Hora 1325 m), wogegen der bedeutend höhere Zug der Westbeskiden östlich vom Jablunkapaß das Ossusgebirge (Pilsko 1557 m, Ossus) mit der südlich vorgelegten Magura oder Árvaer Magura (Magura 1345 m) und die wildromantische Babia Guragruppe umfaßt, der die höchsten Gipfel der Westkarpathen angehören (Babia Gura 1725 m). Das Karpathische Waldgebirge endlich, die jenseit des Poprád-Durchbruchs liegende östliche Fortsetzung des Karpathengrenzwalls zwischen Ungarn sowie Galizien und der Bukowina, die bis zu den Ung- und San-Quellen (bis zum Uzsokpaß) auch den Namen Ostbeskiden führt und sich als eine breit hingelagerte, mit Urwald bedeckte Kette in südöstlicher Richtung bis zum Nordosten Siebenbürgens herabzieht, bildet das Verbindungsglied zwischen den Hoch- (Zentral-) K. und dem Siebenbürgischen Hochland, von dem es der Vissó und die Goldene Bistritza trennen. Dieser wenig fruchtbare und dünn bevölkerte Grenzkamm erhebt sich nur in der östlichen Hälfte, in den eigentlichen Waldkarpathen, deren in das Komitat Máramaros fallender Teil auch Máramaroser Gebirge (s. d.) genannt wird, zur Alpenhöhe (Halicz 1335 m, Rutzki Pui 1311 m, Bistra 1811 m, Pop Ivan 1940 m, Pietrosz 2022 m, Csorna Hora-Gruppe mit der Hoverlaspitze 2058 m). Der höchste Gipfel in der Bukowina ist der Dzumalen (1859 m hoch). Zum Karpathischen Waldgebirge gehört noch eine trachytische Vorlage zwischen der Laborcza und dem Ung, die den Namen Vihorlatgebirge (»ausgebranntes Gebirge«) führt, im Vihorlat 1074 m Höhe erreicht und als Vihorlat-Gutingebirge jenseit der Theiß bis in das Siebenbürgische Hochland hinabreicht.

Zentralkarpathen und inneres karpathisches Bergland.

Zum innern Gebirge gehören vor allem die südlich vom östlichen Teil der Westbeskiden sich erhebenden Hoch- oder Zentralkarpathen und das innere karpathische Bergland, das den größten Teil Nordungarns füllt und mit seinen die Hochkarpathen[672] umlagernden Gruppen sich von N. nach S. zur Donau und zur ungarischen Tiefebene stufenförmig herabsenkt. Die Zentralkarpathen erstrecken sich von W. nach O. hin, 128,4 km lang und 48,2 km breit, vom Zusammenfluß der Árva und Waag bis an den Poprád und bestehen im W. aus der Liptauer Magura und den Liptauer Kalkalpen (Sip 1169 m, Großer Chocs 1613 m, Biela Szkala 1805 m), im O. aus der nur 900–1200 m hohen Zipser Magura (zwischen dem Dunajec und Poprád) und aus den in der Mitte gelegenen eigentlichen Zentralkarpathen oder der Hohen Tatra (Gerlsdorfer Spitze 2663 m, Lomnitzer Spitze 2634 m, Eisthaler Spitze 2629 m, Großer Kriván 2469 m). S. Tatra 1).

Von den dem innern karpathischen Bergland angehörenden Gebirgsstöcken erstrecken sich südöstlich von der Hohen Tatra, und zwar parallel mit dieser, die Liptauer K. oder die Niedere Tatra, mit den Gipfeln Djumbir oder Gyömbér (2045 m) und Kralova Hola oder Königsalm (1943 m). Im W. erhebt sich westlich von der Árva, und zwar zwischen der Waag, Turócz und Neutra, die Kleine Fátra (Kleiner Kriván oder Kriván-Fátra, 1711 m) samt dem Innoveczer Gebirge, dessen südlicher Teil auch das Freistadtler Gebirge genannt wird (Klak 1353 m, Mincsol 1364 m, Innovecz 1042 m), im S. dagegen zwischen der Turócz, Revucza, Neutra und Gran die Große Fátra (Große Fátra 1586 m, Klak 1395 m, Großer Kriźna 1575 m) mit dem Neutraer Gebirge (Zobor 587 m) und dem Kremnitzer Gebirge. Östlich schließt sich sodann der von der Gran, Korpona und Eipel begrenzte Längenzug des an edlen Metallen reichen Ungarischen oder Schemnitzer Erzgebirges (Szitnya 1011 m) an, wogegen östlich und südlich von der Gran bis zur Sajófurche zahlreiche, aus Trachyt und Trachyttuff bestehende, vulkanische Gruppen die sogen. Ostroski-Veporgruppe bilden, zu der nebst dem Ostroskigebirge (südlich von der Niedern Tátra) das Polyana-, Vepor- und Fabovagebirge, auch Sohler und Gömörer Gebirge genannt (Polyana 1459 m, Vepor 1341 m, Fabova-Hola 1441 m, Kljak 1422 m), gehören. Die südlichsten Ausläufer der K., die übrigens nach der Ansicht neuerer Geographen nicht zu den K., sondern zu dem Ungarischen Mittelgebirge zu zählen sind, erstrecken sich zwischen der Eipel, Donau und Zagyva gegen die Tiefebene, so das trachytische Neográder Gebirge (Csóványos 939 m) mit dem Börzsöny- und Cserhátgebirge, ferner zwischen der Zagyva und Eger das Matragebirge, ein höchst interessanter, aus der großen ungarischen Ebene aufsteigender vulkanischer Trachytstock (Kékes 1012 m), sowie zwischen der Eger und dem Sajó das aus Grauwacke gebildete, dichtbewaldete Bükkgebirge. Nördlich von letzterm liegen zwischen dem Sajó und Hernád (östlich vom Fabovagebirge) die Zips-Gömörer Erzgebirge mit den höhlenreichen Kalkplatten des Tornaer Gebirges und östlich von der Hohen Tatra, zwischen Poprad und dem obern Hernad, die Zipser Gebirge mit dem Branyiszkogebirge (Viszoka-Hola 1172 m). Die östlichste Gruppe der Westkarpathen ist die von Eperjes südwärts (zwischen der Tarcza, dem Hernád und der Topla) sich erstreckende trachytische Hegyalja, die im N. in das sogen. Sóvárer Gebirge (Simonka 1092 m) und im S. in das berühmte Tokayer Weingebirge oder die eigentliche Hegyalja (Gergelyberg 787 m) ausläuft.

Südost- und Südkarpathen (Siebenbürgisches Hochland).

Während so die Westkarpathen ein geschlossenes Ganze bilden, erheben sich im SO., mit ihnen durch das Karpathische Waldgebirge verbunden, die Südost- und Südkarpathen, die, als hoher Gebirgswall Siebenbürgen in fast quadratischer Form umgebend, das Siebenbürgische Hochland einschließen. Zur nördlichen Kette gehören zwischen der Theiß und Szamos das Avas-, Köhát-, das schon erwähnte Gutin- und das Láposgebirge (Priszlop 1336 m, Gutin 1447 m, Czibles 1842 m), hierauf nach O. das Radnaer Gebirge bis zum Borgóprundpaß (Muncsel 1783 m, der Felskoloß Pietrosza 2305 m, der Glimmerschieferstock Kuhhorn [Ünöko oder Ineuluj] 2280 m). Von hier an ziehen sich als östliches Randgebirge gegen S. hinab das Henyulgebirge (Batrina 1713 m, Vervu Omuluj 1930 m, Henyul 1640 m), das Kelemengebirge (Pietrosul 2102 m), das größtenteils nach Rumänien hinüberreichende waldreiche Gyergyóer Gebirge (Bükkhavas 1346 m, Tatárhágó 1545 m und auf rumänischem Gebiete der Cialho und Creneseu), das Csiker Gebirge (der Große Hagymás 1793 m, der vulkanische Büdös 1104 m) und das Bereczker Gebirge (Lakócza 1778 m). Mit diesem äußern Ostrand laufen im Innern fast parallel das Görgényer Gebirge (Mezöhavas 1777 m) und das Hargitagebirge mit dem dazugehörigen Baróter oder Hermányer Gebirge (Hargita 1794 m, Kakukhegy 1560 m). Den Südrand nehmen die Transsylvanischen Alpen, der höchste, schmalste und wildeste Teil der siebenbürgischen Randgebirge, ein. Mit dem Bodzaer Gebirge im S O. beginnend (Csukás 1958 m), erfüllen sie unterhalb Kronstadt als Kronstädter oder Burzenländer Gebirge das Burzenland mit Felsplateaus, Felsgipfeln und 600–900 m hoch herausragenden Felswänden (der schroffe Königsstein 2241 m, Bucsecs 2508 m). In dem westlicher gelegenen Fogaraser Gebirge erheben sich der Orlului (auch Vervu Urli) 2479 m, der Bunetara (auch Butyán) 2510 m, der Szurul 2288 m und der Negoi (der höchste Berg Siebenbürgens) 2536 m hoch. Nun folgen das Cibin- (Hermannstädter-), das Paringulgebirge (Mundra 2520 m) und das Vulkangebirge, an das sich im äußersten Südwesten das Hátszeger Gebirge (Retyezát 2480 m) anschließt. Der Westrand Siebenbürgens zeigt weniger den Charakter eines geschlossenen Randgebirges, wird häufig durch Flußtäler geschieden und erreicht nur eine geringere Höhe. Er beginnt im NW. am mittlern Szamos mit dem Bükkgebirge (Bükk 575 m), an das sich südlich das Meszesgebirge und das höhlenreiche Bihargebirge zwischen der Schnellen und der Schwarzen Körös (der granitische Kukurbeta 1849 m, Vlegyásza 1845 m), westlich davon das sich nach Ungarn erstreckende Kudru- und Hegyes-Drócsa-Gebirge, ferner gegen S. die Gyaluer Gebirge (mit dem Öreghavas, Muntje Mare 1829 m), das Aranyosgebirge, das bis an die Maros reichende goldreiche Siebenbürgische Erzgebirge (Vulkan 1264 m, Dimboj 1371 m, der Basaltstock Detunata 1182 m), jenseit der Maros das Ruszkagebirge (Pojana Ruszka 1380 m, die Verfu Piatra [Vurvu Pietri] nächst dem Eisernen Tor 2195 m) sowie ganz im SW. das Krassóer Erzgebirge und das sich bis an die Donau erstreckende Banater Gebirge anreihen, als dessen südlichster Ausläufer am Eisernen Tor das Sretinjegebirge (1226 m)[673] erscheint. Überragt von diesen Randgebirgen erreicht das innere siebenbürgische Hügelland eine Höhe von 300–500 m.

[Klima, Pflanzen- und Tierwelt.] Die K. bilden eine Klimagrenze zwischen den nördlich und südlich davon gelegenen Gegenden. Im N. sind die Winter rauh, im S. sind sie, ebenso wie Frühling und Herbst, erheblich milder. Während im SW. eine mittlere Temperatur von +9,6° herrscht und die Unterschiede zwischen Sommer- und Winterkälte sich von+35,1 bis -21,4° erstrecken, fällt erstere im NW. und N. bei 374 bis 623 m auf 7,5 bis 5,8° und schwankt die Temperatur zwischen +31,9 und -20,5°, in Árva-Váralja sogar zwischen +34,2 und -34,4°. Im allgemeinen herrschen in der ungarischen Ebene Frühsommer- und Spätherbstregen; hier fallen jährlich etwa 50–60 cm Niederschlag an ca. 86 Niederschlagstagen, nach den K. hin steigen die Regenmenge und die Regenhäufigkeit erheblich und erreichen einen sehr hohen Wert in den höhern südlichen Lagen der K. In der Tatra fallen ca. 100 cm und zwar hauptsächlich im Sommer. Die Ost- und Südkarpathen sind meteorologisch noch wenig erforscht. Vegetation. Die untere Hügelregion trägt in den Zentralkarpathen kleinere Bestände von Buchen und Eichen, die nur in den Ostkarpathen eine größere Verbreitung haben. Die Bergwaldregion liegt auf beiden Seiten des Gebirges durchschnittlich zwischen 900 und 1350 m und wird vorherrschend von der Fichte bewohnt, der sich in höhern Lagen Zirbelkiefern anschließen. In dem zwischen 1350 und 1900 m folgenden Strauchgürtel überwiegen Legföhren und Zwergwacholder; in den Ostkarpathen tritt auch die Grünerle hinzu, auf der Czerna Gora und den Alpen Siebenbürgens wächst die myrtenblätterige Alpenrose. Die Hochalpenregion steigt in den Zentralkarpathen mit Grasmatten und Zwergweiden bis zu einer durchschnittlichen Höhe von 2650 m auf und enthält eine reiche Flora, die eine verbindende Mittelstellung zwischen der ostalpinen, der siebenbürgischen und der sudetischen einnimmt; das Hochgebirge Siebenbürgens zeichnet sich durch eine größere Reihe südöstlich weiter verbreiteten Pflanzenarten aus, von denen manche, wie die dem Heidekraut verwandte Bruckenthalia, auf den Höhen des Balkans wiederkehren. Vgl. Wahlenberg, Flora Carpathorum (Götting. 1814); Sagorski und Schneider, Flora der Zentralkarpathen (Leipz. 1891, 2 Bde.); Pax, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den K. (das. 1898, Bd. 1). – Was die Fauna anbetrifft, so sind in der Tatra, im Karpathischen Waldgebirge und in den höhern Gebirgsketten Siebenbürgens Bären und Wölfe noch häufiger, seltener hingegen der Luchs. Ebenso ist die Gemse in der Tatra schon seltener geworden. Zahlreich sind Raubvögel, und auch die übrige Vogelfauna ist als eine reiche zu bezeichnen. In der Molluskenfauna der K. machen sich im Vergleich zu der der umgebenden Länder bereits Fremdlinge bemerkbar, vorgeschobene Posten der alpinen Fauna. In 27 hochgelegenen Wasserbecken der Tatra fand man 90 niedere Tiere, wobei Protozoen und Rotatorien kaum berücksichtigt werden. Die Hauptrolle spielen Blattfüßer, Muschelkrebse und Spaltfüßer. Gegen sonstige größere Süßwasseransammlungen treten pelagische Kruster auffallend zurück, doch finden sich auch viele kosmopolitische Formen.

[Kulturverhältnisse.] Die Bevölkerung der K. ist vorherrschend slawisch und rumänisch, und zwar wohnen im W. Slowaken, Hornyaken, Wasserpolacken und die Goralen (von den Beskiden bis zur Tatra), im O. Ruthenen. Die Magyaren haben sich am innern Gebirgsrand und in Siebenbürgen (Székler) angesiedelt, die deutschen Einwanderer hingegen meist auf größern Sprachinseln im W. zwischen den Slawen, in der Zips, in den Bergstädten, in Siebenbürgen und im Banat sich niedergelassen; die Rumänen bewohnen den Südosten und Süden. Erwerbszweige sind fast überall Ackerbau und Viehzucht, in den höhern Regionen Alpenwirtschaft und Schafzucht, im S. teilweise Weinbau und in vielen Gegenden der Bergbau. Die K. sind das erzreichste Gebirge Europas und bergen in Oberungarn, im siebenbürgischen Randgebirge und im Banat fast unerschöpfliche Lagerstätten nutzbarer Mineralien, insbes. Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Salz und Kohlen, überdies auch Quecksilber, Blei, Galmei, Kobalt, Nickel, Zink, Marmor, Schiefer, Petroleum, Edel-, Halbedelsteine und Bergkristalle (Opal, Amethyst, Chalcedon, Maramaroser Diamanten etc.). – Die K. werden in den Flußtälern und Pässen durch mehrere Hauptstraßenzüge und Bahnen (Kaschau-Oderberger Bahn und zahlreiche Linien der ungarischen Staatsbahnen) gekreuzt und sind ungemein reich an heilkräftigen Thermen und Mineralquellen jedweder Art. Die bekanntesten Thermen und Mineralquellen sind: indifferente Thermen: Bajmócz (Komitat Neutra), Großwardein (Bihar), Stubnya (Turócz); alkalische Säuerlinge: Luhi (Bereg), Lithionquelle Salvator bei Eperjes (Sáros), Szolyva (Bereg); der einfache Säuerling: Borszék (Csik); Eisenthermen: Szliács (Bars), Vihnye (Sohl); Eisensäuerlinge: Bösing (Preßburg), Buziás (Temes), Krynica (Galizien); alkalische Eisensäuerlinge: Elöpatak (Háromszék), Lublau (Zips); alkalisch-muriatische Eisensäuerlinge: Bartfeld (Sáros), Rankherlein (Abauj-Torna), Suliguli (Máramaros), Tusnad (Csik); der erdige Eisensäuerling Koritnicza (Liptau); die eisenvitriolhaltige Alaunquelle Parád (Heves); die Kochsalztherme Herkulesbad (Krassó-Szörény); jodhaltige Kochsalzquellen Baaßen (Klein-Kokelburg) und Csik (Gömör); der alkalisch-muriatische jodhaltige Säuerling Czigelka (Sáros); die erdige Therme Szkleno (Bars); Schwefelthermen: Herkulesbad (Krassó-Szörény), Pistyán (Neutra), Trencsin-Teplitz (Trencsin) und der alkalische Schwefelsäuerling Parád (Heves). Daneben gibt es hervorragende Luftkurorte (Schmeks-Tátrafüred), Kaltwasserheilanstalten und Villenkolonien in Oberungarn.

Vgl. außer den bereits angeführten geologischen und botanischen Werken: Hildebrandt, Karpathenbilder (Glogau 1863); Fuchs, Die Zentralkarpathen (Pest 1863); Koristka, Die Hohe Tatra (Gotha 1864); Uhlig, Bau und Bild der K. (Wien 1903); Krones, Zur Geschichte des deutschen Volkstums im Karpathenland (Graz 1878); Payer, Bibliotheca Carpathica (Käsmark 1880); Witt, Reiseskizzen aus den Südkarpathen (Berl. 1889); Scherner, Neuer praktischer Tátraführer (Bresl. 1891); Kolbenheyer, Die Hohe Tátra (10. Aufl., Teschen 1898); Heksch, Illustrierter Führer durch die K. (2. Aufl., Wien 1889); Siegmeth, Kaschau etc. und die ungarischen Ostkarpathen (Kaschau 1885); Bielz, Reisehandbuch für Siebenbürgen (3. Aufl., Hermannstadt 1903); »Wegweiser des südungarischen Karpathenvereins« (Budapest 1895); Posewitz, Reisehandbuch durch Zipfen, Hohe Tatra etc. (das. 1898); die Jahrbücher des Ungarischen Karpathenvereins (Kaschau 1874–1900), des Galizischen Tátravereins (1876 ff.) und des Siebenbürgischen Karpathenvereins (Hermannstadt[674] 1881 ff.); »Orohydrographisches Tableau der K.« (6 Blätter, 1: 750,000, Wien 1886).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 671-675.
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