Königsmarck

[688] Königsmarck, ein der Evangelischen Confession folgendes, uraltes, edles Geschlecht, welches von einem edlen Franken königlichen Geblüts abstammen soll, welches mit Karl dem Großen an die Elbe kam; im 10. Jahrh. waren die K. schon ein blühendes Geschlecht an der Elbe. Die Familie wurde 1650 in den schwedischen u. 1817 in den preußischen Grafenstand erhoben, auch 1802 zu Erbhofmeistern in der Kurmark Brandenburg ernannt u. 1855 mit dem Präsentationsrecht der ersten preußischen Kammer begnadigt. Der urkundlich nachgewiesene erste des Geschlechts war: 1) Heinrich, welcher 1164 die Kirche in Königsmarck baute. 2) Rüdiger, begleitete den nachmaligen Kaiser Sigismund 1382 nach Ungarn u. befreite 1387 die Königin Maria von Ungarn aus der Gefangenschaft des Banus von Croatien. 3) Himer, geb. 1342, war Landeshauptmann u. Statthalter der Vormark, einer der bedeutendsten u. verdienstvollsten Männer seiner Zeit, brachte 1394 den Landfrieden zwischen der märkischen u. lüneburgischen Ritterschaft zu Stande u. st. 1409. 4) Jacob Gerhard, war 1391–1414 Erzbischof von Lund in Schweden. 5) Otto, geb. 1428, war Bischof von Havelberg u. st. 1501. In der Reformationszeit traten die K. entschieden auf[688] die Seite der Protestanten. Durch die beiden Söhne Christoph Konrads, nämlich Hans Christoph u. Joachim Christoph, schied sich das Geschlecht in die schwedische u. märkische Linie.

A) Schwedische Linie, Stifter: 6) Graf Hans Christoph, geb. 1600 zu Kößlin im Brandenburgischen, war erst im kaiserlichen Dienste, trat aber 1630 als Rittmeister in schwedische, machte als Major der Cavallerie die Züge Gustav Adolfs mit, wurde 1633 Oberst u. 1635 gefangen, jedoch bald befreit, vertheidigte 1637 Lemgo gegen die Kaiserlichen, wurde Generalmajor, durchzog Sachsen, vereinigte sich 1640 mit Baner in Böhmen u. zog mit ihm 1641 gegen die Donau. Nach Baners Tode trug er viel zum Sieg von Wolfenbüttel bei. Darauf durchstreifte er Sachsen u. das südliche Niedersachsen, befehligte in der zweiten Schlacht bei Leipzig den linken Flügel, zog dann wieder nach Niedersachsen, verwüstete 1643 die Umgegend von Dresden, ging Ende 1643 nach Oldenburg, von da wieder nach Sachsen, dann wieder nach Hessen u. Bremen, wendete nochmals nach Sachsen um u. verband sich nun wieder mit Torstenson. Nun zog er nach Pommern u. nach Niedersachsen, wurde 1645 Generallieutenant u. Statthalter in Verden. Nach mehrfachen Zügen durch Sachsen, die Pfalz, Niedersachsen, Westfalen, wo er 1647 den Festungskrieg führte u. Lamboy nach dem Kölnischen zurückdrängte, verband er sich 1648 in Franken mit Wrangel, verproviantirte Eger, ging endlich im Juli wieder nach Böhmen u. hatte eben die Kleine Seite von Prag erobert, als ihn 1648 die Friedensnachricht traf. Aus Prag nahm er den Codex argenteus (s.d.) nach Upsala mit; als Gouverneur in Bremen u. Verden erhielt er in Niedersachsen reiche Schenkungen, die er später an den Landgrafen von Hessen-Homburg gegen Güter in Schweden vertauschte. 1651 wurde er Reichsrath, Feldmarschall u. Graf; 1654 belagerte er Bremen. 1656 sollte er Karl X. Gustav gegen Polen begleiten, wurde aber nach Danzig verschlagen, dort erkannt u. von den Polen gefangen. Nach seiner Befreiung 1660 durch den Frieden von Oliva ging er in sein Gouvernement zurück u. st. 20. Febr. 1663 bei einer Reise in Schweden. Er war vermählt mit Marie geb. Lestew. 7) Graf Konrad Christoph, Sohn des Vor., geb. 1634, schwedischer Reichsfeldzeugmeister, zeichnete sich in der Schlacht bei Warschau 1656 etc. aus, trat nach dem Frieden mit Dänemark als Generallieutenant in holländische Dienste u. blieb 1673 vor Bonn. Er war vermählt mit Marie geb. von Wrangel. 8) Graf Otto Wilhelm, jüngerer Bruder des Vor., geb. 1639 in Minden; diente unter dem Grafen von Schomburg, wurde 1661 außerordentlicher Gesandter Schwedens in England u. später in Frankreich, als welcher er Turenne auf seinen Feldzügen begleitete. Ludwig XIV. ernannte ihn zum Marechal de camp; König Karl XI. rief ihn nach Schweden zurück, darauf kämpfte er in Deutschland u. wurde nach dem Frieden Statthalter von Pommern. 1686 trat er als Generalissimus in venetianische Dienste, schlug die Türken in Morea, eroberte Athen u. st. 1688. 9) Graf Philipp Christoph, jüngerer Sohn von K. 7), geb. 1662; schwedischer Obrist, kam nach Hannover u. knüpfte mit der Prinzessin Sophie Dorothea v. Zelle, die von ihrem Gemahl, dem Kurprinzen Georg, vernachlässigt war, ein Verhältniß an. Er verschwand in der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 1694 im kurfürstlichen Schlosse zu Hannover auf unbekannte Weise. Mit ihm erlosch diese schwedische Linie im Mannesstamme. 10) Gräfin Maria Aurora, Schwester des Vor., geb. um 1670 wahrscheinlich in Stade (Herzogthum Bremen); begab sich mit ihrer Mutter nach ihres Vaters Tode nach Hamburg. 1690 verlor sie ihre Mutter u. 1694 den Bruder, welchen sie beerbte. Dessen Vermögen war aber in den Händen der Bauquiers Lastrop in Hamburg, welche die Herausgabe desselben verweigerten, weshalb die Gräfin nach Dresden zum Kurfürsten August dem Starken ging, um dessen Verwendung zu suchen. Ihre Schönheit gewann den Kurfürsten, u. sie wurde bald seine erklärte Geliebte. Beider Sohn war der 1696 geborene, nachherige Marschall Graf Moritz von Sachsen. Während des Wochenbettes verlor sie die Gunst des Kurfürsten, verließ, von jüngeren Nebenbuhlerinnen verdrängt, den Hof, blieb jedoch mit August in freundschaftlichem Verhältniß u. wurde durch ihn 1700 Pröbstin des Stifts Quedlinburg; lebte nun in Quedlinburg (wo sie von den Stiftsdamen sehr angefeindet wurde), u. in Dresden, übernahm 1702 eine diplomatische Sendung an Karl XII., um denselben günstiger für August zu stimmen, wurde jedoch von demselben nicht vorgelassen; sie st. 16. Febr. 1728 in Quedlinburg. Aurora war von seltener Schönheit u. vielseitiger Bildung, bes. in Sprachen, auch Virtuosin auf der Laute u. Viola di Gamba, zugleich Malerin. Ihr Körper wird, mumienartig vertrocknet, noch jetzt in der fürstlichen Gruft zu Quedlinburg gezeigt. Ihre Denkwürdigkeiten herausgegeben von Fr. Cramer, Lpz. 1836; Palmblad hat ihr Leben als Roman bearbeitet (Stockholm 1852, deutsch Lpz. 1853). B) Märkische Linie, Stifter: 11) Joachim Christoph, Bruder des K. 6), war vermählt mit Sophie geb. von Jagow u. st. 1699. Diese allein noch blühende Linie der Grafen von K. theilt sich gegenwärtig durch die Söhne des preußischen Geheimenraths Grafen Hans Valentin Ferdinand (st. 1849): Hans, Adolf u. Otto, in folgende drei Unterlinien: I. Linie, welche Besitzungen im Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin, in der Provinz Brandenburg u. in Westpreußen hat, u. deren jetziger Chef ist: 12) Graf Hans, geb. 1799; er ist Geheimerrath u. war früher preußischer Gesandter in Constantinopel, seit 1842 im Haag, ist auch Mitglied des preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit; seit 1837 vermählt mit Jenny von Bülow; sein älterer Sohn Hans ist geb. 1838. II. Linie, deren Majoratsbesitz in der Provinz Brandenburg liegt; Chef: 13) Graf Adolf, Bruder des Vor., geb. 1802, ist preußischer Major der Garde du Corps a. D., Schloßhauptmann von Rheinsberg u. Domherr zu Havelberg, seit 1823 mit Josephine geb. von Miaskowska vermählt. III. Linie, hat Besitzungen im Großherzogthum Posen, u. der derzeitige Chef ist: 14) Otto, Bruder des Vor., geb. 1815, preußischer Landrath a. D., ist seit 1839 mit Helene geb. von Klitzing vermählt. Vgl. Hesekiel, Nachrichten zur Geschichte des Geschlechtes der Grafen K., Berl. 1854,

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 688-689.
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