Kunstdenkmäler in Deutschland

[810] Kunstdenkmäler in Deutschland. Seit dem Anfang der 1880er Jahre ist in Preußen und in den übrigen deutschen Bundesstaaten eine Inventarisation der Kunstdenkmäler auf wissenschaftlich-technischer Grundlage in Angriff genommen worden. Sie verfolgt den Zweck, der Aufsichtsbehörde den Schutz und die Erhaltung der vorhandenen Kunstwerke zu ermöglichen, ihre Besitzer über ihren Werl aufzuklären und in weitern Kreisen des Volkes das Interesse an den Werken vaterländischer Kunst zu erwecken[810] und zu stärken. Vgl. auch Denkmal (Denkmalpflege). Von den Baudenkmälern, insbes. den Kirchen ausgehend, erstreckt sich die Inventarisation auch auf alle an und in diesen Bauten befindlichen Werke der Malerei (Wand- und Tafelgemälde), der Groß- und Kleinplastik und des Kunstgewerbes sowie auf alle einzeln vorkommenden Kunstwerke im öffentlichen Besitz, bisweilen auch auf solche im Privatbesitz, die für die Kunst des betreffenden Landes oder Landstrichs charakteristisch sind, damit ein möglichst vollkommenes Bild der Kunstentwickelung gewonnen wird. Die ersten Anfänge einer wissenschaftlichen Bearbeitung sind schon vor 1870 durch die Architekten H. v. Dehn-Rotfelser und W. Lotz, die sich allerdings nur auf die Baudenkmäler beschränkten, im Auftrage des preußischen Unterrichtsministeriums gemacht worden. Als ihre gemeinsame Arbeit erschienen: »Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Kassel« (Kaff. 1870), denen 1880, von W. Lotz bearbeitet und von F. Schneider herausgegeben, »Die Baudenkmäler des Regierungsbezirkes Wiesbaden« (Berl. 1880) folgten. Für beide Inventare sind inzwischen Neubearbeitungen notwendig geworden, von denen die für Kassel durch L. Bickell, die für Wiesbaden von F. Luthmer unternommen worden ist. Im J. 1904 war der Stand der Inventarisationsarbeiten, deren Kosten teils durch Provinziallandtage und Provinzialverbände, teils durch wissenschaftliche Vereine, teils durch die Staatsregierungen und Stadtverwaltungen bestritten werden, folgender. Vollendet oder doch fast vollendet lagen vor:

A. Im Königreich Preußen. 1) Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen von Adolf Boetticher (Königsb. 1891–98,8 Hefte). 2) Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg von R. Bergau (Berl. 1885). 3) Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin von R. Borrmann (Berl. 1893). 4) Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen von Julius Kohte (Berl. 1895–99, 4 Bde.). 5) Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Schlesien von Hans Lutsch (Bresl. 1886 ff.; 4 Bde., in Vorbereitung ist ein 5. Band mit Nachträgen und ein Atlas mit Abbildungen). 6) Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein von Richard Haupt (Kiel 1887–89, 3 Bde.). 7) Die Bau- und Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg von R. Haupt und Friedr. Weysser (Ratzeburg 1890). 8) Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Koblenz von Paul Lehfeldt (Düsseld. 1886). 9) Die Bau- und Kunstdenkmäler in den hohen zollernschen Landen von K. Th. Zingeler und W. F. Laur (Stuttg. 1896). – B. In den übrigen deutschen Staaten: 1) Kunst und Altertum in Elsaß-Lothringen von F. X. Kraus (Straßb. 1876–92, 4 Bde). 2) Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler von Büttner-Pfänner zu Thal (Dessau 1894). 3) Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen von F. Apfelstedt (Sondersh. 1886–87, 2 Hefte). 4) Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstentums Schaumburg-Lippe von G. Schönermark (Berl. 1897).

Zurzeit noch im Erscheinen begriffen sind folgende Inventare: A. Im Königreich Preußen. 1) Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Westpreußen von Joh. Heise (Danz. 1884 ff.). 2) Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Pommern von E. v. Haselberg, Hugo Lemcke und Ludwig Böttger (Stett. 1881 ff.). 3) Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, herausgegeben von der Historischen Kommission der Provinz Sachsen (Halle 1879 ff.). 4) Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen von A. Ludorff (Münster 1893 ff.). 5) Die Baudenkmäler in Frankfurt a. M. von Karl Wolff und Rudolf Jung (Frankf. 1896 ff.). 6) Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Hanau von A. Winkler und J. Mittelsdorf (Hanau 1897 ff.) und 7) im Regierungsbezirk Kassel (1. Bd., Marb. 1901). 8) Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz von Paul Clemen (Düsseld. 1891 ff.). 9) Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden von F. Luthmer (Frankf. a. M. 1902 ff.). – Für die Provinz Hannover ist die Bearbeitung eines neuen Inventars an Stelle des alten, von H. W. H. Mithoff bearbeiteten (»Kunstdenkmale und Altertümer im Hannoverschen«, Hannover 1871–80), seit 1897 in Angriff genommen. – B. In den übrigen deutschen Staaten. 1) Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern vom 11.–18. Jahrhundert von G. v. Bezold und B. Riehl (Münch. 1895 ff.). 2) Die Baudenkmale in der Pfalz, herausgegeben von der pfälzischen Kreisgesellschaft des bayrischen Architekten- und Ingenieurvereins (Ludwigsh. 1886 ff.). 3) Kunst- und Altertumsdenkmale im Königreich Württemberg von Eduard Paulus, fortgesetzt von C. Gradmann (Stuttg. 1889 ff.). 4) Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen (Dresd. 1882 ff.; Heft 1–15 von R. Steche, Heft 16 u. ff. von C. Gurlitt). 5) Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden von J. Durm, E. Wagner und F. X. Kraus (Freib. i. Br. 1887 ff.). 6) Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen, herausgegeben durch eine im Auftrage des Großherzogs bestellte Kommission (Darmst. 1855 ff.). 7) Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin von Fr. Schlie (Schwerin 1896 ff.). 8) Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Oldenburg, bearbeitet im Auftrage des großherzoglichen Staatsministeriums (Oldenb. 1896 ff.). 9) Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig von P. J. Meier (Wolfenbüttel 1896 ff.). 10) Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, im Auftrage der Regierungen von Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß ältere und jüngere Linie bearbeitet von P. Lehfeldt, nach dessen Tode von G. Voß (Jena 1888 ff.). – Vorbereitungen für die Inventarisation sind im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz und in den Hansestädten getroffen worden. Außerdem fehlen die Fürstentümer Lippe und Waldeck, wo man noch keinen Anfang gemacht hat. – Bei der Inventarisation wird gewöhnlich, wenn die Titel der Verzeichnisse keine bestimmten Grenzen angeben, mit den Denkmälern aus der Römerzeit begonnen. In einzelnen Verzeichnissen sind jedoch auch die vorgeschichtlichen Denkmäler berücksichtigt worden. Als äußerste Zeitgrenze wird in den neuern Verzeichnissen gewöhnlich das Ende des 18. Jahrh. (rund 1800) angenommen. Auch in der Schweiz und in Böhmen sind Inventarisationen der Kunstdenkmäler unternommen worden, in Böhmen von der archäologischen Kommission bei der Kaiser Franz Joseph-Akademie für Wissenschaften, Literatur und Kunst (Prag, erschienen sind 10 Hefte). Vgl. J. Kohte in der Zeitschrift »Die Denkmalpflege« (1. Jahrg. 1899, Nr. 3); Reimers, Handbuch für die Denkmalpflege (hrsg. von der hannoverschen Provinzialkommission etc., Hannov. 1899).[811]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 810-812.
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