Bamberg [2]

[261] Bamberg, 1) 2 Landgerichte im bairischen Kreise Oberfranken, Sitz in B.; a) B. rechts der Regnitz, 3,1 QM. mit 11,800 Ew., 43 Dörfer; b) B. links der Regnitz, 4,2 QM., 11,500 Ew., 48 Dörfer. 2) Stadt hier an der Regnitz, sonst mit Mauer u. Graben, jetzt mit Spatziergängen u. freundlichen Gärten umgeben, ist auf 5 Hügeln erbaut; Sitz des Appellationsgerichts für Oberfranken u. eines Erzbischofs, zweier Landgerichte, des Magistrats, Stadtgerichts, Stadtcommissariats; Kirchen: der Dom (Begräbniß Kaiser Heinrichs II. u. dessen Gemahlin, Konrads III., des Papstes Clemens II.; von Heinrich II. gebaut, 1081 nach einem Brande im byzantinischen Styl vom Bischof Otto wieder hergestellt, 1828–39 vom König Ludwig restaurirt), an ihn stoßen das Capitelhaus, jetzt Sitz des bischöflichen Generalvicariats u. der alte Palast Heinrichs II., ferner die Jakobskirche (1073_–1803 Sitz des Canonicatstifts zu St. Jakob) mit schönem Portal u. Kuppel, Martinskirche, 1686_–1720 von den Jesuiten erbaut, jetzt Pfarrkirche, die Oberpfarrkirche U. L. F. auf dem Kaulberge, die Kirche St. Gangolf, sämmtlich katholisch, die seit 1803 protestantische Kirche St. Stephan, auch 1 Synagoge. Von den zahlreichen Klöstern bestehen noch das der Englischen Fräulein; zu anderen Zwecken sind, wie auch einige Kirchen, verwendet: der Michelsberg (sonst Benedictinerkloster) in ein Versorgungshaus für Bürger, die dazu gehörige Probstei St. Getreu in eine Irrenanstalt, das Karmeliternonnenkloster in eine Versorgungsanstalt für alte weibliche Dienstboten u. in eine weibliche Spinnanstalt, die Karmeliterkirche zu Aufbewahrung der städtischen Baurequisiten, die Judenkapelle (eigentlich Marienkirche) in ein Getreidemagazin, das Dominikanerkloster ist Caserne, die Dominikanerkirche ist Mauthalle, das Franziskanerkloster Stadtgericht u. Stadtcommissariat. Andere merkwürdige Gebäude sind die neue Residenz im italienischen Geschmack, dem Dome gegenüber, 1698–1702 gebaut, aber nur halb vollendet, sonst Aufenthalt des Fürstbischofs, später des 1837 verstorbenen Herzogs Wilhelm von Baiern; aus den Fenstern desselben fiel sich Berthier, Fürst von Neufchatel, der sich hier zum Besuch befand, am 1. Juni 1815, zu Tode, der Geierswörth, auf einer von der Regnitz gebildeten Insel, sonst Winterresidenz einiger Fürstbischöfe, jetzt Appellationsgericht; der anstoßende Lustgarten ist jetzt Gemüsefeld u. Straße, u. auf demselben eine Badeanstalt eingerichtet; das Rathhaus liegt auch auf einer Insel, eine Bibliothek von 68,000 Bänden findet sich im sonstigen Jesuitencollegium u. enthält viele alte Druck- u. Handschriften; dabei auch ein Naturalienkabinet. Mehrere Straßen u. Plätze B-s sind schön u. die ganze Stadt freundlich, besonders zeichnen sich die 5 langen, breiten u. ziemlich geraden Hauptstraßen, der Domplatz u. bes. der Maxplatz aus. Die Vorstadt Steinweg (sonst Teuerstadt, jetzt Königsstraße) bildet das längste, meist von Gärtnern bewohnte Stadtviertel. Mehrere Brücken über die Regnitz, so die Ludwigs- (Ketten-) Brücke (1829 vollendet). Wissenschaftliche u. Kunstanstalten außer der Bibliothek u. dem Naturaliencabinet, das Ernestinische Priesterhaus mit Regens, Subregens u. 12 bis 15 Geistlichen, seit 1830 Verein für Geschichte des Kreises Oberfranken; Kunstverein; Hellersche Kupferstichsammlung, städtische Gemäldesammlungen auf dem Michelsberg. Unterrichtsanstalten: Gymnasium, Lyceum mit vollständigem theologischen u. philosophischen Unterricht, dasselbe entstand 1803 aus der Universität (Ottoniana-Fridericiana), die 1648 aus dem zu Ende des 16. Jahrh. von Bischof Ernst v. Mengersdorf gestifteten Gymnasium illustre entstand, erst 1739 aber die medicinische u. juristische Facultät hinzugefügt bekam, die medicinische Facultät ist in ein Medicinalcomité für Ober- u. Mittelfranken u. Oberpfalz verwandelt, mit dem eine Baderschule vereint ist, ersteres hat noch ein Anatomiegebäude, ein chemisches Laboratorium, botanischen Garten etc.; Lyceum u. Gymnasium haben meist gegen 700 Schüler; Schullehrerseminar für 50 Zöglinge, Unterrichtsanstalt der Englischen Fräuleins, für Töchter wohlhabender Eltern, Handelsinstitut, Feiertagsschule, israelitische Schule, Zeichnenschule, Polytechnische Schule. Wohlthätigkeits- u. sonstige gemeinnützige Anstalten: Kranken- u. Entbindungsanstalt, erstere vom Fürstbischof Ludwig v. Erthal 1789 mit 150 Betten gestiftet, mit letzterer, welche 1816 die Regierung einrichtete, verbunden (s. Marcus 2), die Aufseßsche Anstalt, eine Verpflegungsanstalt für dürftige, studirende Jünglinge, die 1618 gestiftete Gesellschaft zur Beförderung wahrer Gottseligkeit, ein Zucht- u. Arbeitshaus. Industrie: Zuckerraffinerie, Wagenfabrik; Tabakfabrikation, starke Bierbrauerei (über 60 Brauer) u. bes. Gärtnerei, mit Erzeugung von Sämerei u. Süßholz, Gemüse u. Wurzeln, u. starkem Handel damit, sowie mit Hopfen, Stück- u. Glockengießerei, Gold- u. Silberarbeiten, Wachsbleichen, Schiffbau, namentlich durch die Lage sehr begünstigter Handel. B. liegt nämlich an der schiffbaren Regnitz, die sich eine [261] Stunde von da in den Main ergießt, an dem Kreuzungspunkt der Straßen von Frankfurt nach Böhmen, von Sachsen u. NODeutschland nach Italien so vortheilhaft, daß es oft zur Hauptstadt von Deutschland vorgeschlagen worden ist. Jetzt ist es durch den hier ausmündenden Ludwigskanal (s.d.), der Main u. Donau verbindet, u. durch die Sächsisch-Bairische Eisenbahn, die hier mit der Mainbahn zusammen trifft, noch mehr gehoben worden. Vergnügungen: in den Wintermonaten meist Theater in einem eigenen Theatergebäude, geschlossene Gesellschaften (Harmonie, Museum, Concordia). 21,000 Ew. (1500 Protestanten) ohne die Garnison. 1/2 Stunde davon, durch eine Allee mit B. verbunden, liegt die Altenburg, sonst Babenberg, jetzt Lustort; in der Umgegend Buch, mit Gondeln zu Spatzierfahrten auf der Regnitz; der Theresienhain, parkähnliche Anlagen mit Schwimmschule u. Badeanstalt, der Kauersche Garten, Seehof od. Marquardsburg, ehedem bischöfliches Schloß, von Marquard Sebastian Schenk von Stauffenburg erbaut, 1 Stunde von B. Münzen, Maßen. Gewichte sind jetzt die bairischen; von den bischöflichen Münzen kommen noch vor in Gold: Bamberger Ducaten; in Silber: Conventions-Species zu 2 Fl. 24 Kr., 20,10,5 Kreuzer à 24,12 u. 6 Kr. im 241/2 Fl. – Fuß, Batzen zu 4 Kr., 3 u. 1 Kr. – Die Stadt B. soll zu Anfang des 9. Jahrh. von einwandernden Sachsen gegründet worden sein u. von Karl d. Gr. die erste Kirche (zum Heiligen Martin) erhalten haben. Zu Ende des 9. Jahrh. sei es dann von den Grafen von Babenberg (s.d.) vollends ausgebaut worden u. habe von ihnen od. von ihrer Burg Babenberg (jetzt Altenburg) den Namen B. erhalten. Nachdem Adelbert II., Graf von Babenberg, enthauptet worden war, wurde B. von Gaugrafen verwaltet (908–975), dann aber belehnte Kaiser Otto II. den Herzog Heinrich in Baiern damit, von dem es 995 sein Sohn Heinrich erbte, der in B. residirte u. es seiner Gemahlin Kunigunde von Lützelburg zur Morgengabe verschrieb, da aber seine Ehe kinderlos blieb u. er, als Heinrich II., Kaiser ward, benutzte er es mit Kunigundens Einwilligung zur Dotirung eines Bisthums (s. Bamberg, Bisthum). B. blieb nun fortwährend Bischofssitz, doch behauptete die Stadt eine gewisse Freiheit u. noch 1435 nannte Kaiser Siegmund den Magistrat von B. Unsere u. des Reichs liebe Getreue. Später ging aber die Gewalt mehr an den Fürstbischof über. Die Stadt hatte dieselben Schicksale wie das Hochstift u. fast alle Bischöfe sorgten durch Stiftungen wesentlich für dieselbe. 21. Juni 1208 wurde auf der Altenburg der Kaiser Philipp von Schwaben von Otto von Wittelsbach ermordet. Am 2. Februar 1632 besetzte Gustav Horn mit schwedischen Truppen die Stadt, u. ließ am folgenden Tage im Dome lutherischen Gottesdienst halten; am 28. Februar erschien Tilly vor Bamberg u. die Schweden räumten den Platz. Im Januar 1633 eroberte Bernhard von Sachsen-Weimar durch Überrumpelung B. 1802 nach dem Luneviller Frieden erhielt Baiern Hochstift u. Stadt, u. seit 1803 traten nun durch Einziehen von Stiftern, Klöstern u. Kirchen neue Organisationen u. wesentliche Veränderungen ein. 1818 wurde auch der Magistrat umgeformt. Am 6. Mai 1843 wurde der Ludwig-Donau-Main-Kanal zwischen B., Forchheim, Erlangen u. Nürnberg eröffnet. Die Bamberger Conferenzen, Berathung der Vertreter der deutschen Mittelstaaten in Betreff des Anschlusses an das östreichisch-preußische Bündniß vom 20. April 1854, fanden im Mai 1854 statt. 3) Stadt, im Kreise Alzei des Großherzogthums Hessen, Provinz Rhein, an der Appelbach; 1000 Ew.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 261-262.
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