Vendéekrieg

[395] Vendéekrieg. Die Bewohner der Vendée hatten 1789–1792 an den Ereignissen der Französischen Revolution fast keinen Antheil genommen, die Grundsätze derselben waren nicht bis zu ihnen gedrungen u. die Landleute gehorchten wie bisher ihren Priestern u. Edelleuten; aber zwischen Stadt u. Landbewohnern herrschte ein alter Haß. Frühere Widersetzlichkeiten gegen einige Beschlüsse der Constituirenden Nationalversammlung waren durch ein kleines Corps unter Dumouriez leicht beschwichtigt u. auf neue Aufstände nicht geachtet worden. Selbst ein Aufstand Ende Juni 1792 in den Departements Vendée, Maine u. Loire u. der Beiden Sèvres wurde noch von den Nationalgarden der Städte beschwichtigt, indem diese einige Aufrührer gefangen nahmen, welche zu Niort vor ein Criminalgericht gestellt u. einige erschossen, die andern aber wieder in ihre Heimath entlassen wurden. Als aber zu Anfang 1793 der Convent die Aushebung von 300,000 Recruten befahl u. die Vendée hierzu ihren Theil stellen sollte, widersetzten sich einige hundert Dörfer, welche am 10. März 1793 die weiße Fahne aufpflanzten u. die Religion vertheidigen u. das Königthum wiederherstellen wollten. Ihr Hause vermehrte sich rasch, an ihrer Spitze stand ein Maurer, Cathelineau. Sie wendeten sich gegen Jallais, schlugen einen kleinen Hausen Republikaner, eroberten am 16. März Chollet u. bekamen einen Transport von Kriegsmunition in ihre Hände. Der Haufe wuchs, geschickte Anführer, als Barbotin, Stofflet, d'Elbée, Beauchamps, Leclerc u.a., gesellten sich zu ihnen u. brachten Ordnung in die Insurgenten, welche sich die Römisch-katholische Armee nannten. Der Aufstand verbreitete sich bis Nantes, die republikanischen Municipalitäten u. die Nationalgarden flohen vor ihnen. Am 19. März wurden die Republikaner (welche sie nach ihrer Uniform die Blauen nannten) unter General Marce bei Vincent geschlagen, am Chalone besetzt u. so ein Übergang vom linken auf das rechte Ufer über die Loire gewonnen. Ende Mai schickte der Convent den General Berruyer nach Angers, um dort den Oberbefehl über die Nationalgarden zu übernehmen u. die Aufständischen zu zerstreuen; er theilte seine Truppen in vier Corps, von denen das eine unter General Gauvillier auf dem rechten Loireufer bleiben, die andern drei aber auf das linke Ufer übergehen sollten. Nach einigen errungenen Vortheilen wurde aber Quetineau, einer der Untergenerale Berruyer's, bei Les-Aubiers am 13. April von Laroche-Jacquelin geschlagen u. über die Loire zurückgetrieben, worauf auch Berruyer auf das rechte Ufer zurückging, um das bedrohte Angers zu decken. Alles in der Vendée eilte nun zu den Waffen, welche reichlich erobert worden waren. Das Landvolk versammelte sich kirchspielweise, so bald es Noth that, u. wußte das coupirte Terrain überall trefflich zu benutzen. Vor Allem nützten ihnen die oft 6–7 Fuß hohen, dichten Hecken, welche in der Vendée jedes Feld einzeln umschließen, die Aussicht hemmen u. Überfälle begünstigen. Geschlagen, verbargen sie sich hinter den Hecken, deren Aus- u. Eingang sie genau kannten, u. in den Gräben, u. schlichen sich nach Hause; siegten sie dagegen, so verfolgten sie die Gegner einige Tage lang, umwickelten sie in dem ihnen wohlbekannten Terrain, drängten sie überall u. machten so die Niederlage vollständig. In der Westvendée brach General Boullard am 7. April in zwei Colonnen von etwa 1800 Mann von Sables d'Olonne auf, um die Insel Noirmoutier zu nehmen; zu seiner Hülfe erschienen drei republikanische Fregatten u. drei Corvetten auf der Rhede von St. Gilles. Hier schlug er die Insurgenten u. am 13. April den Vendéegeneral Charette bei Challans u. drang bis Beauvoir vor, von wo er aber sich bald wieder zurückzog, da eine britische Escadre die Eroberung der Insel Noirmoutier hinderte. Der republikanische Oberst Beisser hatte in Nantes 2200 Mann u. 8 Geschütze gesammelt u. griff nun Charette an, vertrieb ihn am 22. April aus Machecoul u. bemächtigte sich der ganzen Küste, selbst der Insel Noirmoutier; dagegen schlug Charette am 20. Mai ein republikanisches Detachement bei Légé, konnte aber wegen einer Meuterei seinen Sieg nicht weiter verfolgen, doch auch die republikanischen Führer Boullard u. Beisser mußten sich wegen Berruyers Niederlage nach Nantes zurückziehen, unterhielten Verbindungsposten mit den übrigen republikanischen Corps. Von der Ost-Vendée (Boccage, Buschwerk, genannt, so wie der westliche le Marais, Morast, hieß) drangen die Vendéer unter Cathelineau, d'Elbée, Stofflet, Bonchamps u. Laroche-Jacquelin am 2. Mai mit 20,000 Mann, worunter 6000 mit Gewehren Bewaffnete, gegen Bressuire vor u. drängten den General Quetineau nach Thouars Marigny, auf diesem Zuge befreit, Übernahm als ehemaliger Artillerieoffizier das Geschütz der Vendéer, welches schon aus 13 Stück bestand, u. Domagné die Reiterei derselben. Zugleich bildete Vaudry Asson u. Royrand einen kleinen Heerhaufen (Armee des Centrums); Erstere griffen Thouars, nachdem sie die Republikaner lebhaft gedrängt hatten, an u. zwangen Quetineau, sich mit seinem Corps zu ergeben. Die Vendéearmee wendete sich nun, weil Charette dringend um Hülfe bat, südlich u. schlug am 13. Mai 3000 Republikaner unter Chalbos bei la Chataigneraie u. erschien am 16. vor Fontenay, wohin sich Chalbos zurückgezogen hatte, wurde aber hier von demselben geschlagen u. verlor 16 Kanonen. Die Vendéer wurden durch den vom Papst eigens für die Vendée ausgesendeten Bischof von Agra zu neuem Aufstand erregt u. bald waren wieder über 30,000 bewaffnete Landleute in Chatillon versammelt. Am 24. Mai rückte diese Armee gegen la Chataigneraie, das Chalbos sogleich räumte, u. am 25. erschien sie vor Fontenay, wo sie die Republikaner gänzlich schlug, 40 Kanonen eroberte u. gegen 3000 Gefangene machte. Der neue, vom Convent gesendete republikanische, General Biron, schickte sogleich alle disponibeln Truppen nach Niort. Unter den Vendéern waren unterdeß Uneinigkeiten ausgebrochen; sie räumten selbst Fontenay wieder, ordneten aber dort einen Verwaltungsrath unter dem Bischof von Agra für die insurgirten Landstriche an u. entließen die Bauern auf einige Zeit in ihre Heimath, doch schlugen zuvor Laroche-Jacquelin u. Lescure den republikanischen General Leigonnier bei Coucourson u. drängten denselben gegen das verschanzte Saumur, welches[395] 8000 Mann unter General Menou vertheidigten Die Vendéechefs wollten diese Stellung durch einen Seitenmarsch umgehen; sie stießen hierbei am 8. bei Montreuil auf den republikanischen General Salamon, griffen ihn an, nahmen ihm sein Geschütz ab u. warfen ihn nach Thouars. Nun griffen sie am 9. Saumur an, eroberten es, schnitten beide Flügel der republikanischen Armee von der Loirebrücke ab u. nöthigten so den rechten Flügel sich zu ergeben. Der linke Flügel warf sich ins Schloß von Saumur u. capitulirte am folgenden Tage, Angers wurde am 13. Juni auch geräumt u. am 18., so wie Loudun u. Chinon, besetzt, 80 Geschütze u. gegen 10,000 Gefangene, waren so den Vendéern in die Hände gefallen, die meisten Generale der Republik waren verwundet, General Coustard geblieben. In der Westvendée hatte unterdessen Charette auch gesiegt; er eroberte am 6. Mai das von 1200 Republikanern besetzte St. Colombin mit 500 Mann u. am 7. Légé, erhielt zwar mit Joli u. Savin am 15. Mai durch General Boulard bei Pallnau eine Schlappe, bekam aber doch diesen Ort am 16. in seine Gewalt, griff darauf, von den Führern der Ostvendée unterstützt, das durch Feldschanzen u. ein festes Schloß gedeckte u. durch 2500 Republikaner vertheidigte Machecoul am 11. Juni an, nahm es, machte 600 Gefangene u. eroberte 18 Kanonen.

Am 30. April 1793 beschloß der Convent zwei Armeen gegen die Vendée zu senden. Die eine (Armee der Küste von Brest), unter Biron, sollte den Krieg längs der Loire führen, die andere (Armee der Küste von Rochelle), unter Canclaux, wozu 12,000 Mann der Pariser Nationalgarde unter Santerre u. 2000 Mann der Legion du Nord od. Deutschen Legion unter Westermann etc. stoßen sollten, sollte sich von Saumur bis Sables d'Olonne ausdehnen. Die Vendéechefs, welche in Saumur Cathelineau zum Obergeneral gewählt hatten, beschlossen Nantes zu erobern. Hier erschien die östliche Armee am 29. April, eben als auch Charette auf dem linken Ufer angekommen war. Der Prinz Talmont, Sohn des Herzogs von Tremouille, welcher beim Heere eingetroffen war, befehligte die Reiterei des Vendéeheeres Der Angriff mißlang aber, bes. weil im entscheidenden Moment der Vendéegeneral Fleuriot blieb, u. die Vendéer gingen zwischen Ancenis u. Varades über die Loire auf das linke Ufer zurück. Charette aber kanonirte noch den 30. Juni fort u. zog sich erst in der Nacht zum 1. Juli nach Légé zurück, seine Truppen aber zerstreuten sich u. gingen in ihre Heimath. Die Republikaner waren zu schwach, um sie zu verfolgen, Canclaux besetzte erst am 7. Juli Ancenis wieder u. stellte dadurch die Verbindung mit Saumur her, wo schon am 30. Juni 20,000 Mann unter Menou wieder eingerückt waren. An der Südgrenze des Boccage war am 28. Juni der Vendéechef Royrand, mit 8000 Mann od. der Armee des Centrums, gegen Chantonnay gerückt, wo der republikanische General Sandoz mit 1000 Mann stand, welcher vor der Übermacht wich; die anderen Republikaner folgten. Diese aber, unter den Oberstlieutenants Le Comte u. Bernazai, hielten Stand u. schlugen den Angriff ab. Royrand zog sich in das Innere des Boccage zurück, u. an Sandoz' Stelle wurde General Tunq Commandant in Luçon. Immer mehr Verstärkungen kamen nun bei den Republikanern an. Der General Westermann hatte am 24. Juni mit der Nordlegion von St. Maixent aus Parthenay überfallen, besetzte am 30. Juni Parthenay u. schlug am 3. Juli bei du Moulin aux Chèvres bei Chatillon nochmals die Vendéer, doch wurde er von den Vendéechefs Lescure u. Laroche am 5. Juli überfallen u. mußte sich bis St. Maixent zurückziehen. Westermann hatte zuerst angefangen die östliche Vendée mit Feuer u. Schwert zu bekämpfen, u. nun begannen die Vendéer auch ihre Gefangenen niederzumachen. Der Beschluß des Convents vom 21. Juni, welcher alle früher von den Vendéern gemachten Gefangenen zwang, trotz ihrer Capitulation, wieder gegen dieselben zu dienen war mit Veranlassung hierzu. Die Niederlage Westermanns u. der Abfall der Stadt Nantes, welche sich am 5. Juli für die gestürzte Girondepartei erklärte, störte die Pläne der republikanischen Generale, u. selbst als Canclaux Nantes am 14. Juli dem Convent wieder unterworfen hatte, war doch die Anwesenheit der Linientruppen in Nantes zu nothwendig, als daß er dieselben auswärts hätte brauchen können. Zugleich wurde die Nordlegion aufgelöst u. fast alle Soldaten derselben, bes. die Cavalleristen, nahmen bei den Vendéern Dienste; auch errichteten die Vendéer aus den schweizer u. deutschen Überläufern drei Compagnien Fußvolk, welche bald ihre besten Truppen wurden. In Saumur hatte unterdessen der General La Barotière den Oberbefehl über die Republikaner erhalten u. am 12. Juli ging er mit 14,000 Mann bei Pont de Cé über die Loire u. besetzte am 14. Flinne. Hier widerstand General Menou mit der Vorhut am 15. dem Angriff von 15,000 Vendéern u. zwang dieselben zum Rückzug. Aber am 18. erneuerten sie unter Piron u. de Marsanges den Angriff auf die über Vihiers vordringenden Republikaner u. schlugen dieselben in die Flucht. Erst in Chinon konnten von 14,000 Republikanern 4000 Mann gesammelt werden, 25 Kanonen u. gegen 3000 Gefangene waren in die Hände der Vendéer gefallen. Nun zerstreuten sich aber der Ernte wegen die Vendéer; an Cathelineau's Stelle wurde Elbée zum Oberanführer gewählt. Im Süden des Boccage hatte kurz nachher der republikanische General Tunq von Luçon aus am 25. Juli den verschanzten Posten bei Pont Charon erobert, Chantonnay besetzt u. Royrand gedrängt; Elbée eilte mit Lescure u. Talmont zur Hülfe herbei u. griff am 30. Juli den General Tunq bei Luçon an, ward aber geschlagen, u. nur Prinz Talmont mit der Cavallerie rettete das Vendéeheer vor weiterer Niederlage. Der republikanische Obergeneral Biron wurde nun vom Convent abberufen u. an seiner Stelle General Rossignol als Oberbefehlshaber über die Armee der Küste von Rochelle geschickt. Er hatte Befehl sich einstweilen auf der Defensive zu halten u. ließ deshalb nur Saumur stärker besetzen u. verstärkte Tunq in Luçon bis auf 9000 Mann Linientruppen. Die Vendéeführer streiften aber nur gegen Angers u. Saumur. Indessen dachte Elbée ernstlich an einen Angriff auf Luçon u. rückte am 12. August von Chantonnay, wo er 35,000 Mann versammelt hatte, gegen Luçon, erlitt aber am 24. August eine gänzliche Niederlage, wobei er 5000 Mann u. 17 Kanonen verlor; 500 Deutsche u. Schweizer unter Laroche vertheidigten die Brücke bei Bessay, bis die Flüchtlinge darüber waren. Tunq rückte bis Chantonnay vor, wo er am 3. Sept. durch General Le Comte im Commando der Division abgelöst wurde. Allein gleich darauf wurde[396] dieser von der großen Armee der Vendée, welche sich zusammengezogen u. in den ersten Tagen des Septembers mit der des Centrums vereinigt hatte, am 5. Sept. bei Chantonnay angegriffen u. zersprengt. In dem Marais wies während dessen der republikanische General Mieskowsky zu Sables d'Olonne am 26. Aug. einen Angriff Charettes, Jolys u. Savins auf la Röche sur Yon kräftig zurück, Die Kapitulation von Mainz verbot der 16,000 Mann starken Garnison dieser Stadt gegen die Coalition zu dienen, deshalb wurde sie nach der Vendée geschickt u. kam Ende August in Angers an, wurde der Armee von Brest zugewiesen u. durch andere Verstärkungen von Rochelle so vermehrt, daß die Heere, welche vom September an gegen die Vendée standen, 60,000 Mann Linientruppen betrugen Diese sollten, von Nationalgarden u. der ganzen Bevölkerung der umliegenden Gegend unterstützt, gleichzeitig in die Vendée einrücken, das Land verwüsten, die landesthümlichen Befestigungen zerstören, die Männer tödten, aber Greise, Weiber u. Kinder in das Innere der Republik abfuhren 24 Pionniercompagnien sollten hauptsächlich die Zerstörung ausführen, Jägern. Tirailleurcompagnien den Schützen der Insurgenten begegnen u. Haubitzen die Vendéer aus ihrem Verstecke u. Verhaue hervor bringen. Die Mainzer Besatzung, von zwei Colonnen der Brester Armee auf beiden Flanken unterstützt, brach am 9. Sept. von Nantes auf u. rückte gegen Clisson vor, während Seitencolonnen die Meeresküste entlang gingen; zugleich brachen Colonnen der Rocheller Armee aus Luçon, Saumur etc. auf. Anfangs wichen die Vendéer allenthalben u. am 16. u. 17. wurde Montaigu u. Clisson von den Republikanern besetzt, aber nun machten die Republikaner zwei Tage lang Halt u. die Vendéer gewannen Zeit bei Chollet 12,000 Mann zusammenzuziehen, mit welchen Piron dem von Doué vordringenden Santerre, etwa 30–40,000 Mann, meist Nationalgarden, entgegenging. Am 17. Sept. traf er bei Coron auf Santerre's Avantgarde u. es entspann sich ein Gefecht, wobei den Vendéern alles Geschütz der Republikaner in die Hände fiel, u. die ganze Armee Santerres floh nach Doué zu, wo die Linientruppen wieder standen, die Nationalgarden aber eilten ihrer Heimath zu. Am 19. Sept. wurde nun auch die republikanische Division Duhoux bei Beaulieu von dem Vendéechef Duhoux, einem Neffen des republikanischen Generals, mit Verlust ihres Geschützes u. Gepäcks geschlagen u. die Nationalgarden liefen ebenfalls nach Hause. Aber auch Piron u. Duhoux konnten ihre Siege nicht benutzen, weil ihre Bauern nach Hause gingen. Auch die republikanische Armee von Brest erlitt mehre Unfälle; General Kleber wurde mit 2000 Mann in Torfou überfallen u. verlor sein Geschütz; am 21. Sept. überfiel Lescure die Division Beisser bei Montaigu u. trieb sie Charette, welcher gegen Nantes gezogen war, in die Hände. Allgemein wurde nun der Rückzug der Armee von Brest, u. mit Mühe gelangte sie u. die Mainzer Besatzung nach Nantes. Dieser Rückzug würde aber nicht gelungen sein, wenn nicht Lescure u. Charette am 23. Sept. einen Angriff auf St. Fulgent unternommen hätten, wo die Division Mieskowsky hauste; sie jagten sie in die Flucht, nahmen St. Fulgent u. eroberten das Geschütz der Republikaner, aber vermehrten durch ihr Ausbleiben bei Nantes auch das Zerwürfniß der östlichen u. westlichen Armee der Vendéer, unter deren Anführern jetzt heftige Streitigkeiten ausbrachen. Ungeachtet das ganze Gebiet der Vendée befreit, über 100 bespannte Geschütze erobert, die Nationalgarde aus einander gesprengt u. die besten Truppen der Republik demoralisirt waren, verfloß doch die den Royalisten günstigste Zeit zu einem Einfall in die Bretagne. Einem zu Paris entworfenen neuen Plane zu Folge sollten nun alle Streitkräfte der Französischen Republik gegen den Westen Frankreichs unter dem Namen Westarmee nur Ein Heer ausmachen; Rossignol u. Canclaux wurden zurückberufen u. General Lechelle erhielt den Oberbefehl. Unterdessen hatten schon am 24. Sept. die republikanischen Generale in Nantes einen Kriegsrath gehalten u. beschlossen in zwei Colonnen von Nantes u. la Chataigneraie aus rasch ins Innere des Boccage vorzubringen u. sich dort zu vereinigen. Die Bewegungen waren indessen unsicher, zumal da von Saumur aus der Operationsplan gänzlich geändert wurde. Am 6. Oct. erhielt Canclaux seine Zurückberufung u. Kleber übernahm bis zu Lechelle's Ankunft den Oberbefehl über die Westarmee. Dem frühern Operationsplan zu Folge setzte am 7. Oct. die Armee von Rochelle ihre Operationen fort u. bildete zu Bressuire ein Corps von 20,000 Mann Linientruppen, über welches Chalbos den Oberbefehl übernahm. Am 9. brach er gegen Chatillon auf u. hier bei du Moulin aux chèvres kam es zwischen ihm u. den Vendéern zum Gefecht, in welchem diese geschlagen u. darauf Chatillon erobert wurde. Die ganze Gegend wurde nun mit Feuer u. Schwert verheert. Die allgemeine Gefahr stellte die Einigkeit unter den Vendéern her, alle Abtheilungen des östlichen Vendéeheeres eilten nach Chollet, vereinigten sich dort mit den bei Chatillon Geschlagenen u. nahmen am II. Oct. den Ort. Aber bis Bressuire verfolgt, ging Westermann wieder zum Angriff über, sprengte die Gegner, zündete Chatillon an u. zog sich nach Bressuire zurück. Die Ruinen von Chatillon wurden am 12. von den Vendéern wieder besetzt. In der Nacht vom 11. auf den 12. Oct. nahm Charette auch die Insel Noirmoutier, blieb aber deshalb bei den übrigen Operationen unthätig. Am 8. Oct. traf der republikanische Obergeneral Lechelle zu Nantes ein u. setzte sich am 14. Oct. nach Mortagne in Bewegung. Am 15. kam es bei la Tremblay zwischen den Republikanern u. Lescure zum Gefecht, in welchem die Vendéer besiegt wurden u. darauf nach Beaupréau zurückwichen, wo sie 44,000 Mann vereinigten. Sie gingen am 17. Oct. den Republikanern gegen Chollet entgegen u. griffen dieselben dort an, wurden aber auch hier geworfen. Zum Glück langte im entscheidenden Moment die Division Loroux an. Bonchamps starb auf dem Rückzuge, Elbée aber fand Schutz auf der Insel Noirmoutier. Die Vendéer kamen am 18. zu St. Florent an der Loire an, wo Talmont u. Autichamp den Übergang vorbereitet hatten.

Gegen 80,000 Menschen, worunter nur 30,000 Streiter, gingen in zwei Tagen u. zwei Nächten auf Kähnen auf das rechte Ufer, wahrend die Republikaner den Boccage rings umher zerstörten; die Artillerie ging bei Ancenis, unter dem Schütze der Division Loroux, über die Loire u. 5000 gefangene Republikaner, welche man nicht länger mit sich fortführen konnte, wurden nach Beaupréau zurückgeschickt, da sich die Vendéeanführer nicht überwinden konnten sie niederzumachen.[397] Am 20. Oct. war die ganze Masse der Flüchtlinge auf dem rechten Loireufer versammelt; schon am 19. war Laroche-Jacquelin an Elbées Stelle zum Oberanführer des Vendéeheeres ernannt worden, größtentheils auf Lescures Betrieb, welcher wenige Tage darauf an seinen Wunden starb. Die Republikaner aber, bis auf die Division Haxo, folgten über Nantes u. Angers auf das rechte Loireufer; der Rückzug der Vendéer ging am 20. Oct. gegen Laval, welche sich am 30. Oct. erreichten; dort zerstreuten sie die aufgestellten Nationalgarden u. machten Halt, in der Hoffnung, daß sich die Umgegend für die Vendéer erheben würde. Hier wiesen sie am 27. Oct. die republikanische Armee unter Lechelle u. Westermann zurück; auf dem Rückzug ward zwar von den Republikanern zu Chateau Gontier die Brücke über die Mayenne hartnäckig verteidigt, aber Laroche-Jacquelin erstürmte den Übergang u. trieb die Republikaner mit 4000 Mann Verlust über le Lion d'Angers nach Angers. Lechelle hatte hier so entschiedene Beweise von Feigheit gegeben, daß er von den Seinigen gezwungen wurde das Heer zu verlassen u. nach Nantes zu gehen, wo er am 11. Nov. starb. General Rossignol erhielt nun das Obercommando wieder, doch gehorchten ihm nicht alle Abtheilungen, u. auch durch die zahlreichen Conventsdeputirten wurde die Einheit im Commando gestört. Bei den Vendéern blieb Laroche-Jacquelin Oberfeldherr, jedoch einem Kriegsrath von 25 Personen untergeordnet, Stofflet wurde Chef des Generalstabs. Der Kriegsrath beschloß nun nach Fougères zu ziehen, um sich von da aus nach Rennes, od. gegen die Küste zu wenden; am 3. Nov. erschienen die Vendéer vor den Verschanzungen der Republikaner zu Fougères u. zersprengten dort, in Front u. Seite angreifend, eine republikanische Division, worauf Rossignol alle republikanischen Streitkräfte zu Rennes concentrirte. Schon seit Mitte 1793 halte man in England ein Hülfscorps für die Vendéer vorbereitet, u. jetzt kamen zwei Emigranten mit Depeschen von Lord Dundas zu Laroche-Jacquelin u. verlangten den Ort benannt, wo die zur Einschiffung fertige Expedition landen sollte. Laroche-Jacquelin bezeichnete ihnen Granville u. marschirte selbst am 8. Nov. dahin u. versuchte es am 14. mit Sturm zu nehmen; da indeß der Sturm abgeschlagen wurde, auch die versprochene britische Escadre ausblieb, so zog sich der Obergeneral auf Avranches zurück. Die Britische Expedition, welche erst am 1. Dec. aus englischen Häfen auslief, konnte nun nirgends landen u. kehrte deshalb nach England zurück. Unterdessen war am 14. November die Westarmee, 14,000 Mann stark, in Rennes angekommen, u. Rossignol, als er den Angriff auf Granville erfahren hatte, am 17. November nach Antrain gekommen. Laroche-Jacquelin u. der Kriegsrath wollten sich nun in das Innere der Normandie wenden, aber das Heer erklärte, daß es nur nach der Vendée hin folgen würde. Am 18. Nov. traten die Vendéer den Marsch rückwärts nach Pontorson an, wo sie die von Rossignol entsendete Division Tribout gänzlich aufrieben. Am 21. wurde das Vendée Heer in Dol von zwei Seiten, nämlich von Pontorson aus durch 3000 Mann unter Westermann u. von Antrain aus durch Marceau, angegriffen, schlug aber beide zurück. Laroche-Jacquelin vereinigte darauf seine Truppen, griff Rossignol am 22. bei Antrain an u. brachte demselben wieder eine Niederlage bei. Die Vendéer setzten nun ihren Marsch gegen die Loire fort u. erschienen am 3. Dec. vor Angers; da ihre Angriffe auf diese von 5000 Mann unter Danican vertheidigte Stadt am 3. u. 4. December vergeblich waren, sahen sie sich dadurch der Hoffnung das linke Loireufer wieder zu erreichen beraubt u. zogen, von Westermann eifrig verfolgt, am 5. December nach Baugé. Sie wollten nochmals versuchen eine allgemeine Erhebung der Landleute in Maine u. der Bretagne zu bewirken, verjagten zu La Flôche 900 Republikaner u. besetzten am 10. December le Mans. Hier griff sie der republikanische General Marceau am 12. Dec. an, warf sie durch le Mans u. nahm über 15,000 derselben gefangen, worunter alle Verwundete, Kranke u. viele Flüchtlinge, welche am andern Morgen alle, ohne Rücksicht auf Alter u. Geschlecht, in le Mans erschossen wurden. Laroche-Jacquelin führte den Rest seines Heeres über Laval, Craon u. St. Mars am 16. Dec. nach Ancenis an die Loire, wo er aber keine Mittel zum Übergange fand. Angegriffen von Westermann, stehen die Vendéer nach Nort, wo sie sich am 18. Dec. sammelten. An Laroche-Jacquelin's Stelle wurde Fleuriot zum Obergeneral ernannt, worauf der Prinz Talmont die Armee verließ. Die Vendéer, kaum noch 7000 Mann, zogen sich nach Savenay u. wurden hier am 23. Dec. von den Republikanern gänzlich zersprengt. Alle Gefangenen wurden hingerichtet; auch der Prinz Talmont wurde gefangen u. in dem Hofe seines Schlosses erschossen, ähnliches Schicksal hatte der Bischof von Agra.

In der westlichen Vendée hatte sich Charette unterdessen, seitdem er sich von der Armee des Boccage getrennt u. am 11. October die Insel Noirmontier erobert hatte, bei der Entfernung der feindlichen Hauptmacht auf dem rechten Loireufer festgesetzt. Im Verein mit Joly u. Savin erschien er am 30. October vor dem kleinen Hafenplatz St. Gilles, zog sich aber, da er ihn besetzt fand, nach dem Marais zurück u. behauptete die Insel Bouin, welche ihm aber in der Nacht vom 4. zum 5. December die republikanischen Generale Haxo u. Dutruy wieder abnahmen. Charette zog sich nun fechtend ins Innere u. war bereits am 9. December bei les Herbiers, als er zum Oberbefehlshaber der Insurrectionsarmee der Westvendée erwählt wurde. Am 10. war er zu Baupère u. am 11. zu Pouzange, überall hob er kleine feindliche Abtheilungen auf u. überall sammelten sich die versteckten Bauern des Boccage unter seine Fahnen. Als in der Mitte December Laroche-Jacquelin, Stofflet u. Beaugé nach vielen Gefahren in Maulévrier zu Charette kamen u. die Bauern des Boccage sich sogleich für Laroche-Jacquelin erklärten, so trat Charette den Rückzug nach der Niedervendée an, wahrend Laroche-Jacquelin in dem Boccage blieb, um den Krieg aufs Neue zu beleben. Von dem Wald bei Vezins aus unternahm er viele Streifzüge, beunruhigte die Republikaner überall u. ermuthigte u. verstärkte dadurch sein Corps.

In der Nacht zum 3. Januar 1794 ließ der republikanische General Turreau durch die Generale Dutruy u. Haxo die befestigte, von 1500 M. besetzte Insel Noirmoutier wieder erobern u. auf Befehl der Conventsdeputirten wurden alle Anführer, die Besatzung u. ein Theil der Einwohner des Fleckens erschossen. Der Aufstand der Vendée war nun unterdrückt u. nur ein schmaler Landstrich[398] zwischen der obern Maine u. der obern Boulogne noch unter den Waffen. Turreau konnte aber diese Strecke durch mobile Colonnen nicht unterwerfen, er zog daher eine Reihe fester Posten um das Land, ließ an deren Stelle Kanonenböte die Loire hinausgehen, um alle Verbindung mit dem rechten Ufer abzuschneiden, u. bildete aus 15,000 M. die sogen. 12 Höllischen Colonnen, welche seit dem 17. Januar von der Westgrenze aus von sechs Seiten her das Land in allen Richtungen durchzogen, die Wohnungen verbrannten, die Vorräthe vernichteten u. die Einwohner auf das Gebiet der Republik überführten, die aber, welche an der Insurrection Theil genommen hatten, niedermachten. Solche Strenge veranlaßte die Bauern wieder zu den Waffen zu greifen. Laroche-Jacquelin hatte schon am 24. Januar wieder 1200 M. bei Jallais versammelt u. führte mit ihnen den kleinen Krieg, blieb aber auf einem der Streifzüge am 28. Januar in der Gegend von Nuaillé. Statt seiner übernahm Stofflet den Oberbefehl, während Marigny, welcher glücklich über die Loire gekommen war, bei Bressuire ein neues Corps bildete u. sich als unabhängig von Stofflet betrachtete. Sapineau ordnete sich den Befehlen Charettes unter. Turreau rückte indessen immer weiter vor u. verheerte das Land. Zuletzt ließ er den größten Theil seiner Truppen nach der Westvendée folgen, indem er glaubte, daß 5000 Mann, welche er in Chollet, u. eine Brigade, welche er in Coron zurückließ, zur Niederhaltung der Nordostvendée hinreichend seien. In der Westvendée wußte indessen Charette durch große Thätigkeit bis Ende des Februar sich an der Mittlern Boulogne bewegend dem Kampfe gegen überlegene Streitkräfte auszuweichen. Jetzt wurde auch die Südvendée der Zerstörung Preis gegeben, am 4. März aber eine Höllische Colonne von 1500 Mann unter dem General Huché im Walde bei Vezins gänzlich geschlagen. Von den Conventsdeputirten bedrängt, etwas Entscheidendes zur Beendigung des Kampfes in der Boccage zu thun, begab sich Turreau am 5. März nach Chollet, aber statt auf Stofflet zu fallen, ließ er nur die Brigade Grignon bei dem Walde von Vezins zurück, ging mit den Übrigen über Vezins u. Doué nach Chalonnes u. bezog am 18. bei Nantes ein Lager. Grignon siegte zwar am 9. März bei Vezins, wurde aber am 17. bei St. Aubin geschlagen u. zog nun wieder nach Vezins, wo er sich am 27. mit der Division Cordelier vereinigte, welche seitdem wieder von Nantes vorgerückt war. Beide Generale durchstreiften am 27. den Wald von Vezins, führten den kleinen Krieg, zerstörten die verschont gebliebenen Dörfer im Boccage noch vollends u. bezogen dann zu Anfang des Aprils ein Lager bei Savennières. Um diese Zeit wurde der Oberst Dusirat mit 3000 M. abgesendet, um mit Grignon gegen Stofflet zu handeln. Dusirat wurde aber am 7. April bei Chemillée von Stofflet gänzlich geschlagen. Mehre Versuche gegen Stofflet waren aber vergebens u. dessen Zufluchtsort blieb immer der Wald von Vezins Charette hatte unterdessen die Ufer der Boulogne verlassen u. den General Haxo, welcher ihn am 20. April bei Les Clouzeaux angriff, geschlagen u. getödtet.

Es war nun Plan des Convents die ganze Vendée mit festen Lagern u. befestigten Städten zu umgeben, die Bauern aber mild zu behandeln. Der General Turreau wurde daher vom Commando abberufen u. General Vimeux provisorisch an die Spitze der Westarmee gestellt. Dieser theilte diese Armee in fünf Divisionen, von denen zwei in den Departements Indre u. Loire, Loiret, Charente u. Charente-Inferieure, drei aber in der Vendée selbst standen. Am 1. Juni schlug Charette 1200 Republikaner bei Mormaison u. vereinigte sich hierauf mit Stofflet, um mit 9000 M. am 6. Juni einen Angriff auf Challans zu versuchen, welcher aber fehlschlug. An Vimeur's Stelle wurde General Dumas von dem Convent mit dem Commando betraut u. dieser erließ sogleich Proclamationen, in denen er den Insurgenten, welche die Waffen niederlegten, Verzeihung u. Schutz zusicherte. Aber die Anführer der Vendéer wirkten diesen Proclamationen durch andere entgegen, in welchen sie der Republik fortgesetzten Kampf auf Leben u. Tod schworen Da jetzt die Erntearbeiten vollendet waren, so zogen sie rasch ihre Leute zusammen u. Charette eroberte am 8. September das Lager bei Roche für Yon, am 14. das Lager bei Freligné, Stofflet aber am 13. das Lager bei Thouars u. machte sich zum Meister des Laudes am rechten Ufer des Layon. Am 8. October wurde Dumas im Oberbefehl über die Westarmee durch General Canclaux abgelöst u. diese durch 20,000 verstärkt; er vertrieb zuerst die Vendéer vom rechten Ufer des Layon u. wollte dann ins Innere eindringen u. Mortagne besetzen. Während der Vorbereitungen hierzu brach zwischen den Vendéechefs Stofflet u. Charette offene Zwietracht aus; Erster, welcher stehende Truppen besoldete, auch an mehre Wittwen u. Waisen gebliebener Vendéer Pension zahlte, hatte für 6 Mill. Livres Papiergeld creirt u. diesem gezwungenen Curs verschafft. Charette war mit Stofflet unzufrieden, weil derselbe nicht alle Vendéechefs über diese Maßregel zu Rathe gezogen hatte, berief ihn vor ein Kriegsgericht ü. erließ, als er nicht erschien, eine Proclamation, worin die Ausgabe seines Papiergeldes verboten wurde. Dies entschied aber die Trennung der Royalisten. Indessen hatte der Convent am 2. December 1794 Amnestie für alle Vendéer erlassen, welche binnen einem Monat die Waffen niederlegen würden, u. zugleich eine Menge Eingekerkerter freigegeben. Eine Schwester Charettes wurde um diese Zeit mit dem Conventsdeputirten Ruelle bekannt, u. dieser schickte sie zu Charette mit Vorschlägen des Convents. Mit Bewilligung der Chefs der Westvendée ging Charette auf diese Unterhandlungen ein u. überreichte am 17. Februar Friedensvorschlage. Der auf diese Bedingungen zu Stande gekommene Friedensvertrag zu La Jaunais versprach den Vendéern freien Gottesdienst u. Schutz der Priester, Geldunterstützung zur Wiederherstellung ihrer Wohnungen, Aufhebung des Sequesters auf die Güter, Bildung von 2000 Territorialsoldaten, welche aus Freiwilligen bestehen u. nicht außerhalb der Vendée verwendet werden sollten, u. Einlösung der von den Vendéechefs ausgegebenen Bons bis zu 2 Mill. Fr. Beide Theile schlossen diesen Frieden, indessen nur um Zeit zu gewinnen u. günstigere Umstände abzuwarten. Stofflet weigerte sich aber dem Vertrage beizutreten, er erließ am 2. u. 4. März heftige Proclamationen sowohl gegen die Republik, als gegen die abtrünnigen Royalisten, fiel in Sapineaus Bezirk ein, plünderte dessen Hauptquartier Beaurepaire, ließ den Vendéechef Prudhomme als Deserteur erschießen u. trat erst,[399] als von allen Seiten Republikaner gegen ihn anrückten, am 2. Mai dem Vertrage bei.

Die Republikaner besetzten nun Stofflets Gebiet, breiteten sich auch in dem von Charette u. Sapineau aus, verhafteten den Vendéechef Allard, ja machten sogar einen Versuch Charette aufzuheben. Deshalb u. durch einen Emissär des Grafen von Artois, Rivière, welcher verkündete, daß eine britische Expedition nach der Küste von Bretagne bereit sei, wurden die Vendéer nach wenig Monaten wieder geneigt die Waffen zu ergreifen. Stofflet u. Charette söhnten sich zu Beaurepaire aus u. am 26. Juni 1795 erließ Letzter eine Proclamation, welche der Französischen Republik aufs Neue den Krieg erklärte, er überfiel am 27. mit 500 M. Les Essarts u. nahm am 28. bei Beaulieu 400 M. gefangen. Die Republikaner mußten einige Posten im Marais räumen, da ihre Armee durch Entsendungen in die Bretagne geschwächt war, aber auch Charette blieb mehre Wochen unthätig. Erst als einige britische Fregatten an der Vendéeküste erschienen, sammelte Charette seine Armee u. ließ ein Corps in die Gegend von St. Jean de Mont vorrücken, um die Ausschiffung zu decken. Die republikanische Besatzung von St. Gilles suchte dieses zwar zu verhindern, wurde aber am 10. u. 11. August geschlagen u. die Kriegsvorräthe ausgeschifft. Die Expedition nach Quiberon (s. weiter unten) war verunglückt u. dadurch der größte Theil der republikanischen Armee auf dem rechten Loireufer verwendbar worden. Die Generale Hoche, Dubayet u. Canclaux vereinigten sich am 22. August in Nantes u. ließen einstweilen die Vendéeküste von Paimboeuf bis St. Gilles mit 10,000 M. besetzen. Hoche wurde aber vom Convent zum Obergeneral der Westarmee ernannt. Ende September sammelte Charette seine Armee von Neuem, da aber die erwartete britische Flotte nicht kam, suchte er vergebens St. Cyr, unweit Les Sables d'Olonne, zu erobern. Die britische Flotte erschien endlich am 29. September bei der Insel Isle d'Yeu u. schiffte hier die Truppen aus, doch konnten die Boten, welche der Graf Artois zu Charette schickte, um einen schicklichen Landungsplatz anzugeben, nicht durchkommen u. die Landtruppen schifften sich daher wieder ein u. kehrten Ende November nach England zurück. Am 27. September ließ nun General Hoche 3 Colonnen, jede von 3000 M., gegen das Hauptquartier Charettes, Belleville, vorrücken, aber dieser entging der Gefahr u. warf sich mit einigen Hundert Getreuen in den Wald des Gats. Er versuchte durch einen seiner Unterbefehlshaber Unterhandlungen mit General Gratien in Challans anzuknüpfen, dieser aber stellte den Abgesandten vor ein Kriegsgericht u. ließ ihn erschießen. Charette versuchte nun sich in den Boccage zu werfen, allein seine Schaar wurde zu la Bruffière u. St. Fulgent überfallen u. zersprengt. Zwar sammelte er die Zerstreuten nochmals an der Boulogne, aber er konnte nicht zu Stofflet durchdringen. Dennoch schlug er im Febr. 1796 das Anerbieten des Generals Hoche aus sich frei nach England zu begeben u. nach mehren Hin u. Herzügen wurde er mit seinen 32 Begleitern am 23. März bei St. Sulpice schwer verwundet gefangen u. am 29. März 1796 in Nantes erschossen. Sapineau hatte schon am 3. October 1795 Mortagne überfallen u. erobert. Als aber Hoche Verstärkung erhalten hatte, entsendete er die Division Willst in den District der Armee des Centrums, welche die Entwaffnung der Landleute bewerkstelligte. Sapineau entfloh in den Boccage u. unterwarf sich später; an seiner Stelle übernahm Vasselot den Oberbefehl über das 200–300 M. starke Corps. Er wurde aber geschlagen, bei Les Herbiers gefangen u. erschossen. Stofflet hatte sich 1795 ruhig verhalten u. trat erst am 26. Jan. 1796 wieder auf. Aber er fand keine Unterstützung mehr unter dem Landvolk u. irrte, unausgesetzt verfolgt, im Lande umher; in der Nacht zum 24. Febr. wurde auch er auf einem Maierhofe bei Poitiviniere überfallen, gefangen u. am 26. zu Angers erschossen. Die Vendée blieb von nun an ruhig, u. wenn auch 1799 ernstliche Unruhen in derselben ausbrachen, so wurden sie doch schnell wieder erstickt.

Während des Kampfes in der Vendée waren auch in den ehemaligen Provinzen Anjou, Bretagne, Maine u. in der Normandie einzelne Districte aufgestanden, u. man nannte diese Insurgenten Chouans (s.d.). Der Bezirk, über welchen sich die Chouanerie erstreckte, war 750 QM. groß u. umfaßte über 2 Mill. Einw., aber in ihm waren große Städte, deren Bewohner der Republik eifrig ergeben waren. Schmuggler kämpften zuerst gegen die Republikaner, u. Adel u. Geistlichkeit suchten den Aufstand zu verbreiten. Bald stellten sich Edelleute an die Spitze der Bezirke u. der Graf Jaques de Pusaye nannte sich Oberbefehlshaber des königlichen Heeres in Bretagne. Erst als die Vendéer Ende 1793 auf das rechte Ufer der Loire gegangen u. dort vernichtet worden waren, erhielten die Chouans in den versprengten Soldaten u. Offizieren derselben Zuwachs, u. da zugleich die republikanische Armee gegen die Insel Jersey marschirte, so waren sie bald in ihren Unternehmungen ungehindert, welche aber dennoch sich blos auf kleine Expeditionen beschränkten. Als die gegen Jersey bestimmten Truppen später zurückkehrten, schlossen sie am 20. April 1795 einen Waffenstillstand zu La Mabilais, unweit Rennes, mit den Chouans, ungefähr auf dieselben Bedingungen, wie der Vertrag von La Jaunais. Die Aussöhnung war indessen auch hier nicht aufrichtig. Schon hatte man sich gegenseitig gereizt, als ein Courier des Barons Cormatin in die Hände der Republikaner fiel, u. nun wurden am 27. Mai Cormatin u. andere Chouanschefs verhaftet. Zugleich durchstreiften mehre republikanische Detachements das Land, jagten die Chouans aus einander u. erschossen mehre ihrer Chefs, wie den Grafen Sitz u. Boishardy Indessen beschloß die britische Regierung Truppen zur Unterstützung der Insurgenten in Westfrankreich landen zu lassen, u. der Graf Pusaye, welcher nach London gereist war, brachte es dahin, daß die britische Expedition, statt nach der Vendée, nach der Bretagne geschickt werden sollte. Zu derselben wurde eine britische Division u. alle Emigrantencorps in England, unter Oberanführung des Grafen Artois bestimmt; ein anderes Emigrantencorps von 4000 M. sollte von der Weser aus dahin abgehen, aber nur 1500 M. von letztern wurden nach der Bretagne eingeschifft, die übrigen nach Westindien geschickt. Die erste Abtheilung der Expedition, 5000 Emigranten, landete, vom General Hervilly befehligt, am 26. u. 27. Juni in der Bai von Quiberon bei Carnac. Die Oberleitung der Expedition führte, bis zur Ankunft des Grafen Artois, der Graf Pusaye Sogleich eilten so viele Landleute herbei, daß schon am 28. gegen 16,000 M.[400] versammelt waren, welche in 3 Divisionen getheilt u. mit englischen Waffen bewehrt wurden. Die englische Regierung forderte, daß man sich unverzüglich eines Seehafens bemächtige, aber Pusaye versäumte die Zeit, u. außer der Eroberung des Forts Penthièvre am 4. Juli geschah nichts. Schnell sammelte dagegen der republikanische General Hoche in Vannes 6000 M. u. ließ von Laval 9000 u. von Nantes 4000 M. dahin aufbrechen. Schon am 2. Juli vertrieb er die Emigranten aus Landevan u. Auray, u. wies am 3. ihre Versuche diese Orte wieder zu erobern ab; trieb mit 13,000 M. die Emigranten u. Chouans auf der Halbinsel Quiberon zusammen u. nahm am 6. Juli eine verschanzte Stellung zwischen Carnac u. St. Barbe. Um ihn hier zu delogiren, schifften sich 1,000 Royalisten unter Tinteniac u. Jean-Jean in Quiberon ein, landeten am 11. u. 12. bei Sarzeau u. Pontiveu u. sollten von da aus am 16. Juli Hoche in den Rücken fallen, während das übrige Corps ihn von Quiberon aus von vorn angreifen sollten; der Chevalier Vieuville, welcher im Departement der Nordküsten die Royalisten befehligte u. die Expedition im Rücken Hoches unterstützen sollte, sendete aber nur 3000 Chouans, die übrigen Streitkräfte wollte er zur Eroberung von St. Malo benutzen. Tinteniac aber blieb am 14. im Gefechte bei Josselin. Sein Nachfolger schloß sich an Vieuville an u. überließ die Expedition in Quiberon ihrem Schicksal. Jean-Jean konnte den Angriff im Rücken Hoche's ebenfalls nicht ausführen, da seine Truppen sich nach der Landung in ihre Heimath zerstreuten. Von dem Mißlingen der Expedition in Hoche's Rücken nicht unterrichtet, ließ Pusaye am 16. früh die Fronte von Hoche's Lager durch 3000 Emigranten u. 1600 Chouans angreifen, während der Graf Vauban mit einer Chouansdivision bei Carnac landete u. ihm in die Flanke fallen sollte. Kartätschenfeuer warf die Sturmcolonnen Pusayes zurück u. gleich darauf sah sich auch Vauban zum Rückzug auf sein Schiff genöthigt; Hervilly war bei dem Angriffe geblieben u. Pusaye verlor nun ganz den Kopf. Durch Überläufer geleitet, erstürmten in der Nacht zum 21. Juli 300 republikanische Grenadiere das Fort Penthièvre, während andere Colonnen die Verschanzungen der Royalisten nahmen. Da ein heftiger Sturm ging, so konnten die Emigranten von der englischen Flotte keinen Beistand erhalten u. nur wenige Royalisten, darunter Pusaye, entkamen auf dieselbe, die Übrigen capitulirten, da es an Munition fehlte, unter Sombreuil unter der mündlichen Übereinkunft, daß blos er als Opfer falle, die Übrigen aber, Emigranten wie Chouans, verschont würden; aber die Capitulation wurde auf Betrieb der Conventsdeputirten Tallien u. Blad nicht gehalten u. außer Sombreuil noch 50 Geistliche, der Bischof von Dol u. 711 M. erschossen, die Chouans aber in ihre Heimath entlassen. Die gegen St. Malo bestimmten Chouans liefen auf die Nachricht dieser Katastrophe aus einander, u. wenn nach Hoche's Abzug u. nach Pusaye's Rückkehr in die Bretagne auch hier u. da wieder die Chouans auftauchten, so kam es doch zu nichts Ernstem. Nach u. nach unterwarfen sich nach der Beruhigung der Vendée auch die Chouanschefs, so George Cadoudal u. Scepeaux, u. im Juli 1796 war die Bretagne als entwaffnet u. beruhigt zu betrachten.

Vgl. Lequinio, La guerre de la Vendée et des Chouans, Par. 1794; von Archenholz, Der Krieg in der Vendée, Lpz. 1794; Turreau, Mémoires pour servir à l'histoire de la guerre de Vendée, Lond. 1796; A. Danican, Les brigands démasqué, Par. 1796; Madame E. T., Lettres de la Vendée, Strasb. 1801, 2 Bde.; A. de Beauchamp, Histoire de la guerre de la Vendée et des Chouans, Par. 1807, 3 Bde.; Marquise Laroche-Jaquelin, Mémoires, ebd. 1815; F. de la Motte Fouquée, Wahrheit u. Lüge, eine Reihe politisch-militärischer Betrachtungen über den V., Lpz. 1820; Bournisseaux, Hist. des guerres de la Vendéens et des Chouans, Par. 1819, 3 Bde.; La guerre des Vendéens et des Chouans contre la République française, ebd. 1824–27, 6 Bde.; Mortonval, Die Kriege der Vendée von 1792–96, aus dem Französischen, Darmst. 1829, 2 Bdchn.; Cretineau-Joly, Histoire de la Vendée militaire, Par. 1840.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 395-401.
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