Artikel in der Wikipedia: Braunschweig
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265. Braunschweig.
265. Braunschweig.
Romanischer Stil. I. 1. Notre-Dame du Port zu Clermont-Ferrand (9. Jahrh.). 2. Dom zu Pisa (1118 geweiht) nebst Glockenturm (sog. Schiefer Turm, 1174-1350). 3. Burg Dankwarderode zu Braunschweig (1150-60). 4. Inneres der Kirche zu Gernrode (10. Jahrh.). 5. Dom zu Worms (11. bis 12. Jahrh.). 6. Dom zu Bamberg (1237 geweiht). 7. Dom zu Limburg a. d. Lahn (13. Jahrh.). 8. Inneres des Doms zu Limburg. 9. Garnisonkirche zu Stuttgart (1879, von Dollinger). 10. Bennokirche zu München (1894, von Romeis). 11. Gnadenkirche zu Berlin (1895, von Spitta).
Romanischer Stil. I. 1. Notre-Dame du Port zu Clermont-Ferrand (9. Jahrh.). 2. Dom zu Pisa (1118 geweiht) nebst Glockenturm (sog. Schiefer Turm, 1174-1350). 3. ...
Renaissance. II. 1. Gewandhaus zu Braunschweig (1590). 2. Alte Universität zu Wien (1755). 3. Kunstakademie zu München (von Neureuther, 1873-85). 4. Dom zu Berlin (von Julius und Otto Raschdorff, 1894-1905). 5. Reichstagsgebäude zu Berlin (von Wallot, 1884-94).
Renaissance. II. 1. Gewandhaus zu Braunschweig (1590). 2. Alte Universität zu Wien (1755). 3. Kunstakademie zu München (von Neureuther, 1873-85). 4. Dom zu ...

[260⇒] Braunschweig, Haupt- und Residenzstadt des Hzgt. B., an der Oker, von altertümlichem Gepräge, (1900) 128.226 E. (7594 Katholiken, 819 Israeliten), Garnison, herzogl. Residenzschloß (1830 und 1865 abgebrannt, 1869 neu hergestellt), Hofburg an der Stelle der Burg Dankwarderode [Tafel: Romanischer Stil I, 3], got. Rathaus, Dom (1194), Gewandhaus (1590; [Tafel: Renaissance II, 1]), Burgplatz mit dem ehernen Löwen Heinrichs (1166), Museum, Technische Hochschule, Oberlandes-, Land-, Amtsgericht, Oberpostdirektion, Landesversicherungsanstalt, Reichsbankstelle. Handel und Industrie (Mumme [Bier], Pfefferkuchen, Würste, Konserven) bedeutend, Spargelbau. – 861 wurde Burg Dankwarderode erbaut; B. von Heinrich dem Löwen 1177 mit städtischen Rechten versehen, später Quartierstadt der Hansa; seit 1753 Residenz. – Vgl. »Urkundenbuch« (1863 fg.), Döring (»Kunststätte«, 1905). [⇐260]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 260.
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[359⇒] Braunschweig (hierzu der Stadtplan), Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Braunschweig, an der Oker, 63 m ü. M., Knotenpunkt der preuß. Staatsbahnlinien Eilsleben-Helmstedt-B., B.-Jerxheim und andrer Linien, ist eine interessante, ihr altdeutsches Bild im Innern treu bewahrende Stadt. Die hauptsächlichsten Straßen und Plätze innerhalb der frühern Ringmauern sind: der Bohlweg, Steinweg, der Burg-, Ruhsäulchen-, Schloß- und Friedrich-Wilhelmsplatz, der Altstadtmarkt mit altem, gotischem Brunnen (s. Tafel »Brunnen«, Fig. 3), der Kohlmarkt und der Hagenmarkt, letzterer mit dem von Breymann entworfenen und von Howaldt in Bronze gegossenen Brunnenstandbild Heinrichs des Löwen.

Wappen der Stadt Braunschweig.
Wappen der Stadt Braunschweig.

Unter den neuen Stadtteilen ist besonders der zwischen dem Hoftheater und dem Stadtpark liegende, von der 30 m breiten Kaiser-Wilhelmstraße durchzogene bemerkenswert. Unter den Kirchen behauptet der 1173 von Heinrich dem Löwen im Rundbogenstil gegründete, 1346 und 1469 erweiterte Dom den obersten Rang. In seinem Innern sind die Wandmalereien, das aus dem Anfang des 13. Jahrh. stammende Grabmal Heinrichs des Löwen und seiner Gemahlin und die Krypte mit dem Erbbegräbnis der Braunschweiger Welfen von besonderm Interesse. Neben dem Dom liegt die nach dem Brande von 1873 wiederhergestellte Burg Dankwarderode. Die Mitte des Burgplatzes ziert die 1166 errichtete Rugesäule mit einem Bronzelöwen, das Wahrzeichen der Stadt. Andre kirchliche Bauwerke sind: die Magnikirche, 1031 gegründet, die Katharinenkirche, 1172 von Heinrich dem Löwen begonnen, mit interessantem Turm; die Martinikirche, um 1190 erbaut, mit romanischen Türmen, reichen, aus dem 14. Jahrh. stammenden Seitenportalen, der prächtigen Annenkapelle (von 1434) und einer schönen Kanzel; die Brüderkirche mit dem 1345 begonnenen, erhabenen Chor und prachtvollem Hochaltar, einem Schnitzwerk aus dem Ende des 14. Jahrh., vor derselben das neuerrichtete Denkmal des Reformators Bugenhagen (modelliert von Prof. Echtermeyer); die Andreaskirche mit einem 92 m hohen Turm (begonnen 1200, vollendet 1532); die Petri- und Michaeliskirche; die jetzt als Zeughaus benutzte Paulinerkirche (von 1343), mit wohlerhaltenen Kreuzgängen; die in eine Ausstellungshalle umgewandelte Ägidienkirche (1278 bis 1434), ein edler Hallenbau, der als einziger mit Triforien und Strebebogen im Chor ausgestattet ist. Erwähnenswert ist auch der romanische Kapitelsaal des Klosters St. Ägidien, 1115 von der Tochter Kaiser Lothars erbaut. Aus jüngerer Zeit stammen die reformierte und die katholische Kirche sowie die Synagoge. Im Bau begriffen sind (1902) die Johannis-, Pauli- und Garnisonkirche. Unter den öffentlichen Profanbauten steht das auf der Nordseite von Parkanlagen umgebene, 1831–36 nach Ottmers Plan ausgeführte und nach dem Brande von 1865–69 wieder errichtete Residenzschloß mit der von Howaldt nach Rietschels Entwurf in Kupfer getriebenen Quadriga der Brunonia und den Reiterstandbildern der Herzöge Karl Wilhelm Ferdinand (gest. 1806) und Friedrich Wilhelm (gest. 1815). Ein Juwel der Gotik des 14. und 15. Jahrh. ist das Altstadt-Rathaus (s. Tafel »Architektur IX«, Fig. 5), vor demselben der [⇐359][360⇒] schon oben erwähnte, in Blei gegossene gotische Brunnen von 1408. Ferner sind zu nennen: das Neustadt-Rathaus; die »alte Wage«, ein interessanter Fachwerkbau von 1534; das Gewandhaus (13. Jahrh.) mit reicher Ostfassade im Renaissancestil; das 1536 erbaute, durch reiche und merkwürdige Holzschnitzereien verzierte sogen. Huneborstelsche Haus, jetzt restauriert und der Handwerkskammer überwiesen. Unter den zahlreichen Neubauten sind erwähnenswert: das neue, 1895–1900 nach Winters Plan errichtete Rathaus und das Finanzgebäude, beide im frühgotischen Stil. Als historisch merkwürdige Gebäude sind auch Lessings Sterbehaus (auf dem Ägidienmarkt) und K. F. Gauß' Geburtshaus (in der Wilhelmstraße) zu nennen. Eine Zierde der Stadt bilden die öffentlichen Promenaden und Gärten, von denen die auf den ehemaligen Festungswerken angelegten Wallpromenaden die Innenstadt in einer Länge von 5 km einschließen, und mit denen der herzogliche Park mit dem Hoftheater und dem Denkmal des Liederkomponisten Franz Abt, die Inselpromenade, der Gaußberg, mit dem Denkmal des Astronomen Gauß am Fuße desselben, der Eisenbahnpark mit dem angrenzenden Bürgerpark, der Siegesplatz mit dem Kriegerdenkmal, der Lessingplatz mit dem von Rietschel modellierten Denkmal des Dichters (s. Tafel »Bildhauerkunst XVI«, Fig. 4), der Hollandtsche Park, der eine weite Umschau gewährende Windmühlenberg und der Monumentsplatz mit 23 m hohem eisernen Obelisken (1822 zu Ehren der Herzöge Karl Wilhelm Ferdinand und Friedrich Wilhelm nach Krahes Entwurf errichtet) in unmittelbarer Verbindung stehen. – Die Zahl der Einwohner belief sich 1900 mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 92 und ein Husarenregiment Nr. 17) auf 128,226 Seelen, davon 9000 Katholiken und 900 Juden. Die Industrie der Stadt ist sehr ansehnlich. Besonders bedeutend sind die Maschinenbauanstalten, die Eisenbahn-Signalbauanstalt, die Dampfkessel-, Gasometer-, Geldschrank-, Nähmaschinen- und Blechwarenfabrikation, die Jutespinnerei, Buchdruckerei, Schriftgießerei, die Konserven-, Pianoforte-, Zucker-, Schokoladen-, Wurstwaren-, Zement- und chemischen Fabriken, die Honigkuchenbäckerei, Bierbrauerei (»Braunschweiger Mumme«) etc. Nicht weniger bedeutend ist der Handel. Infolge seiner Lage war B. schon früh im Besitz eines großen Speditionshandels. Die beiden früher vielbesuchten Messen der Stadt sind jetzt nur von geringer Bedeutung. Hervorragend ist der Buchhandel. Zur Unterstützung des Handels dienen unter anderm die Handelskammer, die Reichsbankstelle (Umsatz 1901: 984,5 Mill. Mk.), die Braunschweiger Bank und andre Geldinstitute. Den Verkehr in der Stadt und mit der Umgegend, unter anderm auch mit Wolfenbüttel, vermitteln sechs elektrische Bahnlinien. Von Zeitungen erscheinen dort: »Die Braunschweiger Anzeigen« (amtl. Blatt), die »Braunschweiger Landeszeitung«, die »Neuesten Nachrichten«, der »Braunschweiger Stadtanzeiger« etc. Für Wissenschaft und Kunst ist durch Sammlungen und Anstalten reichlich gesorgt. Das herzogliche Museum bewahrt einen reichen Schatz von Antiken, mittelalterlichen Kunstschätzen, Kupferstichen, Handzeichnungen und Gemälden der niederländischen und deutschen Schule sowie eine bedeutende Fayencesammlung. Bekannt ist das 1630 bei Mantua erbeutete wertvolle Onyxgefäß, das von Herzog Karl 1830 nach Genf gebracht, von dieser Stadt geerbt, aber 1874 wieder zurückgegeben wurde. Ferner befinden sich in B. ein Städtisches Museum (seit 1902 in einem prachtvollen Neubau), ein Vaterländisches Museum, ein naturhistorisches Museum, ein mineralogisches Kabinett, ein botanischer Garten, eine Landesbaumschule, eine forstliche Versuchsanstalt sowie die Bibliothek der Carolo-Wilhelmina, ferner eine städtische, verbunden mit dem städtischen Archiv. Einen hervorragenden Rang nimmt das dortige Hoftheater ein. An Bildungsanstalten bestehen in B. die technische Hochschule (Carolo-Wilhelmina, Winterhalbjahr 1902/1903: 352 Studierende), 2 Gymnasien, davon eins mit Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine höhere Privatlehranstalt, ein Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummen- und eine Blindenanstalt, eine Kindergärtnerinnenlehranstalt, eine Drogistenakademie, eine Schule für Zuckerindustrie, eine landwirtschaftliche Lehranstalt, eine Lehrmolkerei etc. Vortrefflich sind die Wohltätigkeitsanstalten, unter denen hervorzuheben sind: das große Waisenhaus, das Rettungshaus, 2 protestantische Frauenklöster (Ägidien- und Kreuzkloster), die Stifter St. Blasii (1173 von Heinrich dem Löwen gegründet) und St. Cyriaci sowie zahlreiche, der Altersversorgung und der Krankenpflege dienende Anstalten und Stifter. Unter den sonstigen Anstalten sind bemerkenswert: die staatliche Feuerversicherungsanstalt für das Land, die allgemeine Anstalt für Lebens- und Rentenversicherung, die Klassenlotterie u. a. B. ist (mit Ausnahme des Konsistoriums, das sich in Wolfenbüttel befindet), Sitz der höchsten Staatsbehörden: des Ministeriums, Finanzkollegiums, der Kammer, Zoll- und Steuerdirektion, Landesökonomiekommission etc., ferner eines Oberlandes- und eines Landgerichts, einer Oberpostdirektion und des Stabes der 40. Infanteriebrigade. Die städtischen Behörden zählen 9 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete. Im Stadthaushalt beliefen sich (1900/1901) die Einnahmen auf 3,49, die Ausgaben auf 3,39 Mill. Mk. Das Gesamtvermögen der Stadt betrug 1899: 34 Mill. Mk., denen 23 Mill. Mk. Schulden gegenüberstehen. – In der Umgebung sind bemerkenswert: die Lustschlösser Alt- und Neu-Richmond mit schönen Parkanlagen; das Schuldenkmal, 1837 über den Gebeinen der 1809 hier erschossenen 14 Schillschen Krieger und unweit davon der Magnikirchhof mit der Grabstätte Lessings; der Stadtpark und der neuentstandene Prinzenpark mit dem Nußberg, auf dem sich das Denkmal Alsermanns, des Führers der braunschweigischen Truppen in den Freiheitskriegen, erhebt; das idyllisch gelegene ehemalige Cistercienserkloster Riddagshausen mit schöner Kirche etc. – Zum Landgerichtsbezirk B. gehören die 24 Amtsgerichte zu Blankenburg, B., Eschershausen, Gandersheim, Greene, Harzburg, Hasselfelde, Helmstedt, Holzminden, Kalvörde, Königslutter, Lutter a. B., Ottenstein, Riddagshausen i. B., Salder, Schöningen, Schöppenstedt, Seesen, Stadtoldendorf, Thedinghausen, Vechelde, Vorsfelde, Walkenried und Wolfenbüttel.

Geschichte. Nach der Sage wurde B. 861 von Bruno, dem Sohn des Herzogs Ludolf von Sachsen, gegründet und nach ihm Brunswich (vom althochdeutschen wich, »Flecken«) genannt. Ein Graf Tanquard gründete nach derselben Sage Dankwarderode (vgl. Heinemann, Die Burg Dankwarderode, Braunschw. 1880). In Urkunden erscheint die Villa Brunswich zuerst 1031. Bis zum Tode der Gräfin Gertrud (1117) blieb sie im Besitz der Brunonen, kam dann durch Heirat an König Lothar und von ihm an das Haus der Welfen (1137). Heinrich der Löwe erhob um 1150 B. zur Stadt, befestigte es und erbaute den Dom. Ihre Treue gegen Heinrich den Löwen bewährte [⇐360][361⇒] die Stadt 1189 und 1192, indem sie König Heinrich VI. und dann den Bischöfen von Hildesheim und Halberstadt Widerstand leistete. Ebenso wurde sie 1227 von einem Reichsheer vergeblich belagert. Die Freiheiten, die der Herzog Otto das Kind 1227 der Stadt verlieh, förderten ihre Macht ungemein, ebenso der Beitritt zur Hansa. B. wurde eine hansische Quartierstadt, doch hat es die Rechte einer Reichsstadt nie erlangen können. 1374 kam es zu einem blutigen Aufstande gegen den aus den Geschlechtern gebildeten Rat, deshalb wurde B. aus dem Hansabund ausgeschlossen und erlangte 1380 seine Aufnahme unter demütigenden Bedingungen. Doch gab die Verfassung von 1380 den Gilden und der Bürgerschaft Anteil an der Verwaltung. Mit Unterstützung Bugenhagens wurde 1528 die Reformation hier durchgeführt, und 1531 trat die Stadt dem Schmalkaldischen Bund bei. Mit Waffengewalt wahrte sie 1542 und 1550 das neue Bekenntnis gegen Herzog Heinrich den jüngern und unterwarf sich 1553 erst, als dieser die Religionsveränderung anerkannte. Nach dem Verfall der Hansa hatte ihr Handel durch die Messen neuen Aufschwung genommen. Doch mißlangen auch im 17. Jahrh. alle Versuche der Stadt, sich der Hoheit der Herzöge zu entziehen; 1671 wurde sie von dem Celleschen Feldmarschall Georg Friedrich von Waldeck zur Übergabe gezwungen. Sie nahm eine herzogliche Besatzung auf, und die wichtigsten Befugnisse des frühern Rates gingen an herzogliche Behörden über. Residenz der braunschweigischen Fürsten wurde B. wieder 1753. 1806–1813 gehörte es zum Königreich Westfalen. 1834 erhielt B. durch die Städteordnung die Selbstverwaltung. Vgl. Schrödern. Aßmann, Die Stadt B. (Braunschw. 1841); Knoll, B. und Umgebung (das. 1882); Führer durch B. von Steinacker, Böhm u. a.; B. im J. 1897 (Festschrift zur Naturforscherversammlung, Braunschw. 1897); Sack, Kurze Geschichte der Stadt B. (das. 1861); Heusinger, Geschichte der Residenz B. 1806–1831 (das. 1861); Dürre, Geschichte der Stadt B. im Mittelalter (Wolfenb. 1875); Hänselmann, Das Schichtbuch. Geschichten von Ungehorsam und Aufruhr in B. 1292–1514 (Braunschw. 1886); Hohnstein, B. am Ende des Mittelalters (das. 1886); Bd. 6 und 16 der »Chroniken der deutschen Städte« (Leipz. 1868–80); »Urkundenbuch der Stadt B.« (hrsg. von Hänselmann, Braunschw. 1862 bis 1900, Bd. 1 u. 2 in 6 Abtlgn.). [⇐361]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 359-361.
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[246⇒] Braunschweig (Stadt), 1) Hauptstadt des Herzogthums an der Ocker; öffentliche Plätze: der Burgplatz, auf welchem der eherne Löwe Heinrichs des Löwen seit 1172 (n. And. 1166) steht, der Schloßplatz mit dem Schlosse, der Altstadtmarkt mit gothischem Springbrunnen, der Hagenmarkt mit Schauspielhaus u. der Bankplatz; die meist krummen u. engen Straßen sind mit Trottoirs versehen u. werden Nachts durch Gaslaternen erleuchtet. Die alten Festungswerke sind seit 1797 abgetragen u. in Promenaden verwandelt; auf ihnen steht zwischen dem August- u. Steinthore das 1822 errichtete Monument der letzten beiden 1806 u. 1815 im Kampf gegen die Franzosen gefallenen Herzöge, ein 60 Fuß hoher eiserner Obelisk; daneben liegt der Windmühlenberg mit herrlicher Umsicht. Sieben Thore führen ins Freie. Unter den 10 Kirchen ist bemerkenswerth die Dom- (Stifts-, St. Blasius-) kirche, von Herzog Heinrich dem Löwen 1173 gegründet, mitden Denkmälern desselben u. seiner Gemahlin, u. mit der Fürstengruft der spätern braunschweigischen Herzöge, u.a. des Prinzen Leopold, der bei Frankfurt a. d. Oder ertrank, des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand, der 1806 bei Auerstädt, u. Friedrich Wilhelms, der 1815 bei Quatrebras blieb, der Königin Karoline von England etc; dic St. Andreaskirche mit 320 Fuß hohem Thurm, die Brüder- u. Martinikirche, beide in gothischem Styl, die Katharinenkirche, die im Innern prachtvolle, zu großen Concerten und Ausstellungen benutzte Ägidienkirche im reinsten gothischen Styl, die katholische St. Nikolauskirche u. die reformirte Kirche; auch ist eine Synagoge vorhanden. Unter den übrigen öffentlichen Gebäuden zeichnen sich aus das Schloß (sonst der Graue Hof), mitten in der Stadt, unter Herzog Wilhelm 1833–1836 von Ottmer erbaut u. prachtvoll ausgeschmückt, aber im Innern theilweise noch unausgebaut, dabei ein kleiner Park mit schöner Allee; das Mosthans in der Burg Dankwarde- (Tanquarde-)rode, sonst Residenz der Herzöge, jetzt Kaserne, das Landschaftsgebäude, die herzogliche Kammer, das Zeughaus, Aufbewahrungsort für Kunstschätze u. Waffenvorräthe, die neue Kaserne vor dem Fallersleberthore u. der Bahnhof, beide von Ottmer erbaut, das Cavalierhaus, das im gothischen Style gebaute, mit den Statuen der sächsischen Kaiser u. hiesigen Herzöge gezierte Altstadtrathhaus, mit dem jetzt hergestellten Autorshof, beide zu Kunstzwecken bestimmt, das Neustädter Rathhaus, Schauspielhaus (1820 erbaut), Gerichtshaus, Theaterintendantur, Posthaus, Leihhaus, Gewandhaus u. das Bankgebäude; außerdem liegen mehrere schöne Gärten auf der Promenade u. vor der Stadt, so der Hollandsche an dem Tummelplatze, neben welchem Rietschels Lessingstatue (seit 1853) steht, der von Bülowsche u. Pagenhardtsche in der Nähe des Petrithores u. vor dem Augustthore der Viewegsche. Wissenschaftliche u. Kunstanstalten: das Museum im 2. Stock des Zeughauses, enthält viele Antiken, Majoliken, Kunstsachen, Kupferstiche u. Handzeichnungen in 1500 Bdn., bes. aber alte werthvolle Gemälde aus dem, zur westfälischen Zeit abgebrochnen Schlosse zu Salzdatum; ferner die Hollandschen u. Haberlandschen Privatgemäldesammlungen, 3 öffentliche Bibliotheken auf dem Carolinum u. dem geistlichen Ministerium, die Rathsbibliothek mit dem Stadtarchiv. B. ist Residenz des Herzogs, Sitz des Geheimenraths, der Kammer, des Kriegscollegiums, des Hofpostamts, des Lotteriedirectoriums u. des Obersanitätscollegiums. Bildungsanstalten: das Collegium Carolinum (Lyceum), 1745 gestiftet, höhere vorzugsweise technische Bildungsanstalt, Anatomisch-chirurgisches Collegium, Gymnasium, Realgymnasium, Schullehrerseminar, Bürgerschulen, mehrere Elementarschulen, Taubstummen- u. Blindenanstalt. Milde Stiftungen u. Wohlthätigkeitsanstalten: Ägidienkloster u. Kreuzkloster, beide protestantisch, jedes mit 1 Domina, 1 Propst u. 11–14 Conventualinnen, die Stifte St. Blasii (1173 von Heinrich dem Löwen gestiftet) u. St. Cyriaci, 14 Beguinenhäuser, 3 Hospitäler, großes Waisenhaus (Beatae Mar. Virg. [für 250 Kinder]), mit Schule u. kleines Waisenhaus für 20 Mädchen, Alexipflegehaus mit Irrenanstalt, großes Krankenhaus mit Accouchiranstalt, Militärkrankenhaus, Krankenhans St. Leonhard, gute Armenanstalten unter eignem Directorium, Leihhaus etc. Die Industrie B-s arbeitet bes. in Cichorien, Tabak, Zucker, Wollen- u. Baumwollenzeugen, Watte, Stärke, Gold- u. Silberwaaren, Papiertapeten, Papiermaché, Papierformen, Leder, lackirten Waaren, Porzellan, Spielkarten, Essig, Branntwein, Bier (Mumme), Wurst (s. Braunschweiger Wurst), Honigkuchen etc. Der Handel besteht im Verkauf dieser Erzeugnisse u. im Transito; er wird auch durch die 2 Messen (1492 gestiftet), nach den Leipziger u. Frankfurter den bedeutendsten in Deutschland, gehoben. Die Wintermesse fällt am Montag in der Woche, in welcher Maria Lichtmeß, die Sommermesse (die bedeutendste) in die Woche, worin der Lorenztag ist (daher auch Laurentiusmesse). Jede dauert 3 Wochen; der Umsatz, bes. in Leder, Tuch, Baumwollen- u. kurzen Waaren, wie der Besuch fremder Kaufleute u. Fabrikanten, ist sehr bedeutend. Buchhandlungen 11, Buchdruckereien 10, bei beiden Schriftgießereien. Vergnügungsorte: Herzogliches Hoftheater, Concerte, der große Club im eignen Hause u. die besuchten Kaffeegärten von Meyer, Holst, so wie das Weiße Roß, der Kuchengarten in Gliesmarode u. der Grüne Jäger, endlich die Autorshöhe od. der Felsenkeller. Freimaurerloge: Karl zur gekrönten Säule. 40,000 Ew. B. ist Geburtsort von Meibom, Henke, Lafontaine, Gauß, des russischen Generals Bennigsen etc. Bei B. liegt noch Richmond, Park mit Schloß, u. die neue herzogliche Villa, von der Ocker bewässert, u. Watenbüttel, wo Jürgen 1534 das Spinnrad erfand. – B. wurde angeblich um 860 von Bruno, Sohn Ludolfs von Sachsen, gegründet u. nach demselben Brunswik genannt. Sein Bruder Dankward (Tanquard) soll das Schloß erbaut haben u. dies nach ihm Tanquarderode genannt worden sein. Brunos Sohn, Heinrich der Vogler, vergrößerte den Ort u. umgab ihn mit Mauern. Ludolf III. gründete 1030 die St. Magnuskirche, später die Ulrichskirche u. 1031 kommt die Villa Brunswik in Urkunden zuerst vor. Eckbert I. u. II. erbauten seit 1090 die Stiftskirche St. Cyriaci; 1112 wurde das Ägidienkloster gestiftet. 1090 ließ Kaiser Heinrich IV. Eckbert ermorden, u. da derselbe keine männlichen Erben hatte, dessen Schwester Gertrud aus der Stadt treiben u. kaiserliche Besatzung hineinlegen; doch vertrieben die Städter die Besatzung bald u. riefen [⇐246] [247⇒] Gertrud zurück, welche sich mit Graf Heinrich von Nordheim vermählte. Ihre Tochter Rixa wurde Gemahlin des Kaisers Lothar, u. deren Tochter Gertrud brachte ihrem Gemahl, Herzog Heinrich d. Stolzen von Baiern, B. als Heirathsgut zu. Ihr Sohn Heinrich d. Löwe vergrößerte u. befestigte V. u. gründete die Kathedrale St. Blasii; Heinrich hatte B. seinem gleichnamigen Sohne 1195 vermacht, allein dessen Bruder Otto nahm es ein u. baute die Stadt mehr u. mehr aus. 1229 verkauften die beiden Töchter des Herzogs Heinrich, der zugleich Kurfürst von der Pfalz war u. ohne Söhne starb, B. an Heinrich, den Sohn des Kaisers Friedrich II., doch erkannte Otto, Herzog von Lüneburg, dies nicht an, rückte mit 2000 Reitern vor die Stadt u. nahm sie ein. Nachdem er mit dem Kaiser Frieden gemacht, erhielt er von demselben den Titel als Herzog von B. Da ihm durch Hülfe der Bürger die Eroberung der Stadt gelungen war, beschenkte er dieselben mit großen Freiheiten. B. schloß sich dem Hansabunde an u. wuchs an Macht u. Reichthum durch ihre Handelsverbindungen. 1267 wurde, nach Trennung der Linie B.-Lüneburg, die Residenz nach Wolfenbüttel verlegt, u. bei Erbfällen kamen nun mancherlei Streitigkeiten vor; die Stadt B. unterstützte die Herzöge zu ihren Kriegszügen mit Geld, wofür diese ihr als Gegenleistung Privilegien ertheilten od. Güter verpfändeten. 1492 wurden die Messen durch Heinrich den Altern gestiftet. Da Heinrich der Ältere die verpfändeten Güter einlösen, B. sie aber nicht herausgeben wollte, so belagerte der Herzog 1493 B., wurde aber von den Hildesheimern u. Hanseaten bei Blankenstadt besiegt; doch ergab sich ihm V. 1494 unter günstigen Bedingungen. Als Freundin der Reformation, die hier 1528 eingeführt wurde, kam B. 1540 in den Bann u. sollte von Herzog Heinrich von Wolfenbüttel belagert werden, was jedoch durch die Gefangennehmung desselben verhindert wurde. Befreit belagerte Heinrich B. 1550 zwar, mußte aber auf kaiserlichen Befehl die Belagerung aufheben. 1603 gaben Streifereien der Braunschweiger ins platte Land Anlaß zu einem neuen Krieg, B. ward 1605 eingeschlossen, aber ein kaiserlicher Befehl hob die Belagerung wieder aus; trotzdem unterließen die Braunschweiger ihre Streifereien nicht. 1615 unterwarf sich B. dem Herzog Friedrich Ulrich, nachdem es sich mit ihm verglichen hatte, u. huldigte ihm 1616, nachdem er alle Privilegien bestätigt hatte. Trotz ihrer Vorrechte u. obgleich sie durch mehrere Brandschatzungen im 30jährigen Krige in schwere Schulden gerieth, strebte dir Stadt fast das ganze 17. Jahrhundert hindurch nach Reichsfreiheit, wurde aber 1671 mit Waffengewalt vom Herzog Rudolf August bezwungen, worauf die 5 Weichbilder der Stadt vereinigt wurden. Unter Herzog Karl 1753 ward die Residenz nach B. verlegt. 1807 kam B. an das Königreich Westfalen u. wurde zur 2. Residenz erklärt, 1807 litt das Schloß durch einen Brand bedeutenden Schaden. Am 25. Sept. 1813 wurde B. von den Preußen überrumpelt u. darauf kam es wieder an seinen alten Fürstenstamm. 7. Sept. 1830 allgemeiner Aufstand, bei dem das Schloß in Flammen aufging u. der Herzog entfloh. 1833–1836 wurde das Schloß wieder aufgebaut. Vergl. Ribbentrop, Beschreibung von B., 1789–91, 2 Bde; Olfens Geschichtsbücher der Stadt B., herausgeg. von Vechelde, 1832; Schröter u. Aßmann, Die Stadt B., 1841. [⇐247]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 246-247.
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[655⇒] Braunschweig, Haupt- u. Residenzstadt des Herzogthums an der Ocker mit 40000 E., Sitz der Regierung, mit dem neuen herzogl. Schlosse, dem alten, vor dem der eherne Löwe Heinrichs steht, dem eisernen 60' hohen Obelisken zum Andenken der 1806 und 15 gefallenen Herzoge Ferdinand und Karl; einem an Antiken und Kunstwerken reichen Museum. einer polytechnischen Schule, anatomisch-chirurg. Collegium, Gymnasium, Forstakademie etc. Bank, 1853 gestiftet, 2 jährliche Messen seit 1498; ansehnliche Industrie, berühmtes Bier, desgleichen Würste und Pfefferkuchen. – B. erhielt durch Heinrich den Löwen Stadtrecht, hob sich durch Gewerbsamkeit immer mehr, erkaufte sich von den Herzogen eine Freiheit nach der anderen. ward hansische Quartierstadt, kam aber durch den 30jährigen Krieg so in Zerfall, daß sie 1671 dem Herzog Rudolf August fast keinen Widerstand entgegensetzte. [⇐655]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 655.
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[173⇒] Braunschweig, die Haupt- und Residenzstadt im Fürstenthum Wolfenbüttel; eine große, befestigte, durch ihre ehemahlige große Handlung und noch jetzt wegen ihres Handels und ihrer Messen merkwürdige Stadt. Sie hat 25000 Einwohner. Im J. 1745 wurde hier das berühmte Collegium Carolinum errichtet, in welchem junge Leute in Wissenschaften und Künsten unterrichtet werden. Es wird dasselbe von vielen Fremden, besonders von Adelichen und Engländern besucht. [⇐173]

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 173.
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