Schottland

[16] Schottland (hierzu Karte »Schottland«), brit. Königreich, bildet den nördlichen kleinern Teil von Großbritannien (s. Karte »Großbritannien«), grenzt nördlich an das Atlantische Meer, östlich an die Nordsee, südlich an England (in einer Linie von der Mündung des Tweed bis zu jener des Esk) und wird im W. durch den Nordkanal von Irland getrennt. Dunnet Head, der nördlichste Punkt seines festländischen Teils, liegt in 58°41' nördl. Br., der Mull of Galloway, sein südlichster, in 54°38', und eine beide verbindende gerade Linie mißt 463 km. Die Küstenlänge beträgt 3540 km, von unbedeutenden Krümmungen abgesehen (kein Punkt des Landes ist weiter als 120 km vom Meer entfernt), der Flächeninhalt mit Einschluß der Inseln (Orkneyinseln, Shetlandinseln, Hebriden) 78,748 qkm (1430,1 QM.), aver ohne Landseen und Gewässer (nach amtlichen Angaben) nur 77,140 qkm (1400,9 QM.).

[Küstenbildung.] Auffallend ist der Unterschied zwischen der Ost- und Westküste Schottlands. Erstere bietet, obgleich auch hier die Firths des Forth und des Tay, der Moray Firth und seine Verzweigungen und der Cromarty Firth tief ins Land eindringen, doch im ganzen einfache Umrisse dar. Großenteils ist[16] sie flach, häufig mit vorlagernden Sandbänken, und nur in Caithneß, in Kincardineshire und ganz im Süden, jenseit des steil ansteigenden St. Abb's Head, wird sie auf längere Strecken durch steil abfallende Felsen gebildet. Ganz verschieden gestaltet ist die Westküste mit ihren engen, tief ins Land eindringenden und von steilen Bergen eingefaßten »Lochs« und den zahlreichen ihr vorliegenden gebirgigen Inseln, die häufig nur ein schmaler, aber desto tieferer Meeresarm vom Festland trennt. Am bedeutendsten unter den Fjorden sind Loch Linnhe (51 km lang) und Loch Fyne (64 km lang, 1–8 km breit). Von den Inseln, die insgesamt als Western Islands oder Hebriden (s. d.) zusammengefaßt werden, sind Skye, Mull und Arran die wichtigsten. Erst nachdem man die Halbinsel Kintyre umschifft hat, trifft man auf der Ostseite des Firth of Clyde wieder auf größere Strecken von Flachland, und auch die Nordküste des Solway Firth, der S. von England trennt, ist meist eben und stellenweise sogar sumpfig.

[Bodengestaltung.] S. bietet hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit, wie ganz Großbritannien, eine Abwechselung zwischen Hoch- und Tiefland dar wie kaum ein andres Land Europas von gleichem Umfang. Der gebirgigste Teil ist Nordschottland, im Gegensatz zu der niedrigen Ebene zwischen dem Clyde und dem Firth of Forth als Hochlande (highlands) bezeichnet. Diese »Hochlande« trennt das enge, scharf geschnittene Tal von Glenmore (s. d.) in zwei Hälften. Der nördlich und westlich von diesem Tal gelegene Teil Schottlands, der unwirklichste und am dünnsten bevölkerte Teil des Landes, bildet eine kahle, 160–500 m ü. M. gelegene Hochebene mit zahlreichen Torfmooren und Hochgipfeln. An Bergen von ca. 1000 m Höhe und mehr erheben sich hier: Ben More Assynt (1000 m), Ben Dearg (1081 m), Ben Slioch (980 w), Scour na Lapich (1151 m), Mam Soul (1177 m), Ben Attow (1219 m) und Scour Ouran (1068 m), sämtlich in der Nähe der Westküste, und der als Vorposten im O. stehende Ben Uaish oder Wywis (1043 m) am Cromarty Firth. Skye, die höchste der Inseln, steigt im Scuir na Gillean der Cuchullin Hills auf 981 m an. Nach der Ostküste hin verflacht sich das Land und bildet die wellenförmige Ebene von Caithneß. Auch die zwischen den Firths von Dornoch, Cromarty und Inverneß gelegenen Halbinseln sind größtenteils eben. Der südliche Teil der Hochlande, der größtenteils von dem Grampiangebirge (s. Grampians) eingenommen wird, steht dem nördlichen an Unfruchtbarkeit kaum nach. Die Abhänge der Berge sind hier zum Teil sehr steil und zerklüftet, die Gipfel dagegen abgerundet, die Täler tief eingeschnitten. Heidekräuter bedecken weite Strecken, die nur von Torfmooren unterbrochen sind. Gutes Futtergras wächst nur in den Tälern, und wo sich diese nach SO. und NO. hin erweitern, findet sich auch gutes Ackerland. Ihren höchsten Gipfel haben die Grampians im Ben Nevis (1343 m) an der Westküste, dem indes der Kulminationspunkt der Cairngormgruppe im Innern des Landes, der Ben Macdhui (1309 m), nur wenig an Höhe nachsteht. Die Hügellandschaft Südschottlands hat Broad Law (835 m) und Hartfell (804 m) zum Mittelpunkt. Von hier aus strecken sich die Moorfoot- und Lammermuirhügel nach NO.; ein zweiter Höhenzug, mit dem Ettrick Pen (688 m), stellt die Verbindung mit den Cheviothügeln an der Grenze Englands her. Westlich liegen die Louther Hills (769 m) und von dort aus nach SW. hin die Berggruppen, deren Gipfel von der Cairns Muir of Deugh (792 m) und dem Merrick (843 m), dem Kulminationspunkt Südschottlands, gebildet werden. Auch in diesen Hügeln bilden Heideland und Moorflächen einen hervorragenden Zug der Landschaft. Die Täler aber sind fruchtbar und die Abhänge weidereich. Zwischen dem Grampiangebirge und dem südlichen Hügelland Schottlands breitet sich das schottische Tiefland (lowlands) aus. Ein Teil desselben ist Strathmore, d. h. die »große Talebene«, die sich von Stirling in nordöstlicher Richtung den südöstlichen Fuß der Grampians entlang bis nach Stonehaven 130 km bei einer Breite von 2–30 km erstreckt und durch die Sidlawhügel (382 m) und die Ochillhügel (720 m) von der Nordsee getrennt wird. Das Tiefland zwischen dem Firth of Forth und dem Clyde ist eine weite, fruchtbare Fläche und der bevölkertste Teil des Landes. Ausgedehntere Niederungen sind die Merse am untern Tweed, die Ebene nördlich vom Solway Firth, aus der sich die isolierte Granitmasse des Criffel 549 m hoch erhebt, und die fruchtbare Ebene von Ayrshire am Firth of Clyde.

[Geologisches.] Die Niederung zwischen Forth und Clyde, die vorwiegend aus steinkohlenreichem Karbon, durchsetzt von Porphyr, Basalt und andern massigen Gesteinen, gebildet und im N. und Süden von Devon (Oldred) umsäumt wird, trennt die südliche Hügellandschaft von dem nördlichen Hochland. Im südlichen S. (s. die »Geologische Karte von England«) herrschen silurische, devonische und auch permische Schichten; in den Cheviot Hills finden sich auch porphyritische Gesteine und im W. mehrfach Granit. Das Hochland besteht aus zum Teil metamorphosierten silurischen und präkambrischen (algonkischen) Gesteinen, als Tonschiefer, Chloritschiefer, Grauwacke, Gneis- und Glimmerschiefer, die von Granit, Porphyr und Syenit durchbrochen werden. An der Ostküste treten devonische Ablagerungen (Oldred) mit vielen Fossilien (Coccosteus, Pterichthys etc.) auf; näher an der Westküste findet sich Silur und unter ihm kommen kambrische und präkambrische Sandsteine und Konglomerate sowie laurentischer Gneis zum Vorschein. Diluvium in Form von glazialen Bildungen (Geschiebemergel, erratische Blöcke) ist durch ganz S. verbreitet. Die Orkney- und die Shetlandinseln werden vorwiegend von Devon, von Eruptivmassen durchbrochen, gebildet. Die westlichen (äußern) Hebriden sowie Coll und Tiree sind aus Gneis aufgebaut; dagegen herrscht auf den innern Hebriden mit Skye Basalt, oft mit prachtvoller Säulenbildung (Staffa, Fingalshöhle). Auch finden sich hier und da, im ganzen spärlich, Jura und Kreide, letztere auf Mull, zuweilen auch archäische Gesteine. Das Tertiär vertreten basaltische Tuffe und Konglomerate, zum Teil mit Braunkohlenflözen. Die Bleiglanzlager von Lanark gehören dem Devon an, die Erzgänge der Leadhills dem Silur.

Die Flüsse Schottlands entspringen fast ohne Ausnahme im Gebirge, haben einen weit raschern Lauf als die Englands, sind daher weniger zur Schifffahrt geeignet und von geringer kommerzieller Bedeutung. In die Nordsee münden: der Tweed, der 34 km weit die Grenze zwischen S. und England bildet; der Forth, der den Theith aufnimmt und in die Meeresbucht Firth of Forth einmündet; der Tay, der bedeutendste und schönste Fluß Schottlands, der selbst die Themse an Wasserreichtum übertrifft, mit dem Tummel, der Isla und der Earn; der Dee, der noch in seinem untern Lauf ein Gefälle von 1,6 m auf das Kilometer hat; der Don, unterhalb Inverary mit einem Gefälle von 4,5 m auf das Kilometer; der [17] Spey, der ein wildes, bewaldetes Tal durchfließt; der Neß, der aus dem Loch Neß im Tal Glenmore kommt und bei Inverneß in den Loch Beauly mündet; der Shin, der den Loch Shin durchfließt und in den Firth of Dornoch mündet. Der bedeutendste Fluß der Westküste ist der Clyde, der sich in den gleichnamigen Firth ergießt. Der Lochy, aus dem Loch gleiches Namens abfließend, nimmt den in seinem obern Laufe den Loch Laggan bildenden Spean auf und mündet in den Loch Eil. An Seen ist S. sehr reich, und ihre romantische Lage inmitten der Berge trägt viel zum malerischen Charakter des Landes bei. Sie bedecken eine Fläche von 1640 qkm (fast 30 QM.). Im Tiefland ist nur der Loch Leven in Kinroßshire von Bedeutung; der größte aller Hochlandseen ist der 34 km lange und 8 km breite Loch Lomond. Im Tal Gleum ore ist die Seenkette der Lochs Neß, Oich und Lochy durch den Kaledonischen Kanal verbunden. In einem Seitental liegt der Loch Arkaig, im südlichen Argyllshire der Loch Awe, im westlichen Roß der Maree, im westlichen Inverneßshire die Lochs Shiel und Morar, in der Mitte von Roß der Loch Fannich.

[Klima, Pflanzen- und Tierwelt.] Das Klima Schottlands, wie der britischen Inseln überhaupt, wird beeinflußt durch die warmen Gewässer des Golfstroms, die die westlichen Küsten bespülen. Die Niederschläge, die im Osten hauptsächlich im Sommer und Herbst, im Westen im Herbst und Winter fallen, betragen an der Ostküste 60–80 cm, an der Westküste 80–325 cm. In den schottischen Tiefländern ist die Kälte selten größer als -6 oder -8°, und gleich selten übersteigt die Wärme 24°. Die Januar- und Julimittel der Temperatur betragen in Edinburg 3,0° und 14,6°, in Aberdeen 2,9° und 14,2° und in Thurso (Nordküste) 3,1° und 13,5°. – Die Flora stimmt im ganzen mit der von England überein, besitzt aber, dem vorherrschenden Gebirgscharakter des Landes entsprechend, eine größere Zahl von arktisch-alpinen Pflanzen, wie Silene acaulis, Carex rigida, Salix herbacea, Saxifraga rivularis, cernua u. a.; in Caithneß u. a. O. steigen alpine Gewächse, wie Saussurea alpina, häufig bis zur Meeresküste hinab, daneben wachsen z. B. Primula scotica, Oxytropis Halleri u. a. In den Hochlanden wird die Baumgrenze (800–900 m) von Birken gebildet, über die weil gedehnte Bestände von Heidekraut (Calluna), in höhern Lagen nur Zwergbirken, Vaccinium-Arten und Empetrum hinausgreifen. Die Kiefer bleibt hinter der Birke zurück und steigt nur bis zu einer Höhe von 670 m, die Eiche nur bis 320 m aufwärts. Der Vegetationscharakter dieser Hochlande stimmt fast ganz mit dem der norwegischen Fjelds überein. – Die Tierwelt ist der von England sehr ähnlich; Unterschiede werden hervorgerufen durch das rauhere Klima und die Bodengestaltung. da das nördliche S. größtenteils aus ödem Heide- und Moorland besteht.

Tabelle

Bemerkenswert sind der schottische Schäferhund und die kleinen schottischen Pferde, von den Vögeln das schottische Schneehuhn; an den zerrissenen und zerklüfteten Küsten brüten viele nordische Seevögel. Bemerkenswert ist die Wiedereinführung des ausgerottet gewesenen Auerwildes. Die in England sich findenden Reptilien gehen zwar auch in das südliche S., aber nicht alle bis zu dessen Nordende; die Kreuzotter findet sich nicht nur in S., sondern selbst auf schottischen Inseln, wie auf Arran und wahrscheinlich auch auf Lewis. der nördlichsten der Hebriden; die englischen Amphibien finden sich sämtlich in S. Die Bevölkerung von S. betrug nach dem endgültigen Ergebnis der Volkszählung von 1901: 4,472,103 Seelen (56 auf 1 qkm). Die Zunahme belief sich seit 1891 auf 11,09 Proz., und zwar in den Städten (mit mehr als 2000 Einw.) auf 15,12 Proz., in den ländlichen Bezirken des Festlandes nur auf 0,87 Proz., während in den ländlichen Inselbezirken eine Abnahme um 3,4 Proz. beobachtet wurde. Die Abnahme in den Hochlanden erklärt sich durch die Handlungsweise der Grundbesitzer, die die kleinen Ackerbauer vertrieben und weite Gebiete an Jagdliebhaber verpachtet haben, weil ihnen dies eine höhere Rente abwirft. Sehr ungleichmäßig ist die Dichtigkeit und Verteilung der Bevölkerung (s. die obenstehende Tabelle). Weit über die Hälfte derselben bewohnt den Strich Landes, der sich von den Firths of Tay und Forth bis zum Firth of Clyde hinzieht. In diesem Gebiete liegen auch 10 von den 11 großen Städten des Königreichs, nämlich Glasgow, Edinburg, Dundee, Greenock, Leith, Paisley, Perth, Kilmarnock, Falkirk und Dunfermline. Aberdeen ist die einzige Stadt mit mehr als[18] 25,000 Einw., die außerhalb dieses Gebietes liegt. Die Zahl der Haushaltungen betrug 967,200, so daß auf jede 4,6 Personen entfielen. Bewohnte Häuser zahlte man 926,914. Erwerbstätig waren 1,982,812 Personen (44,56 Proz. der Bevölkerung, und zwar bei den Männern 64, bei den Frauen 25 Proz.). Über Geschlecht, Zivilstand und Bewegung der Bevölkerung s. Großbritannien, S. 363 f.

Der Nationalität nach unterscheidet man die germanischen Schotten von den keltischen Hochländern, die sich selbst mit Stolz Gael oder Cael und ihr Land Caeldoch nennen. Gebiet und Anzahl der letztern nehmen fast sichtlich ab, teils durch Auswanderung, teils aber auch infolge der Verbreitung der englischen Sprache. Allerdings wird Gälisch noch auf einem Areal von 40,000 qkm von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen, aber dieses weite Gebiet zählt kaum 260,000 Einw. In ganz S. war Gälisch 1891 noch 254,415 Menschen geläufig, von denen allerdings 210,677 daneben noch Englisch sprachen, und wenn es auch noch die Kirchensprache in den Hochlanden ist und in den Schulen vielfach Verwendung findet, so verliert es doch stetig an Boden. 1891 sprachen noch 43,738 Personen ausschließlich Gälisch, 1901 nur noch 28,106. Überwiegend gälisch sind nur Sutherland, Roß mit Cromarty. Inverneßshire, Argyllshire, der Hochlandsteil von Perthshire und sämtliche Hebriden. Während das schottische Niederland durch den Verkehr mit England allmählich zu höherer Gesittung gelangte, bildeten sich die gesellschaftlichen Verhältnisse im Hochland auf der Grundlage, die der Zustand der keltischen Urbewohner darbot, eigentümlich aus. Jedes der dortigen Täler war der Wohnsitz und das Eigentum eines Stammes oder Clans mit patriarchalischer Regierung, einer Art von erblicher Monarchie, die mehr auf Gewohnheit gegründet, als durch Gesetze geregelt war. Cromwell zwang die Clans, die Waffen niederzulegen und Bürgschaft für friedliches Betragen zu leisten. Nach der Wiederherstellung des Hauses Stuart befestigte sich die alte Stammverfassung aufs neue. Aber die Gefahren, die der 1715 für das vertriebene Haus Stuart ausgebrochene Aufstand drohend gezeigt hatte, führten zu verschiedenen Maßregeln, um die Macht der Stammeshäupter zu brechen. Durch die sogen. Clanakte wurde das Eigentum des Lehnsmannes, der in einem Aufstande die Waffen ergriffen hatte, dem treu gebliebenen Lehnsherrn und umgekehrt dem pflichtgetreuen Lehnsmann das unbeschränkte Eigentumsrecht über seine Ländereien zugesprochen, wenn sein Lehnsherr sich empört hatte. Die Häuptlinge boten alles auf, ihre bedrohte Gewalt zu behaupten. Der Aufstand von 1745 war eine Folge des heimlichen Grolles der Hochländer und der Anreizungen von außen. Der für jene unglückliche Ausgang des Kampfes gab der Regierung Anlaß, die patriarchalische Verfassung der Hochländer 1747 aufzuheben, die Entwaffnung derselben streng zu vollziehen und selbst die Volkstracht zu verbieten. Obwohl das Verbot 1782 wieder aufgehoben wurde, hat sich die alte Volkstracht allmählich verloren und ist nur noch in einigen Gegenden, jedoch mit der Tracht der Niederschottländer vermischt und nur unter der niedern Volksklasse, üblich. Diese Tracht besteht aus einem Kilt, der die nackten Schenkel umgibt, einer Weste, kurzer Jacke, einem über der linken Schulter hängenden gewürfelten Plaid oder Tartan, dessen Muster und Farben je nach den Clans verschieden sind, und einer Mütze (bonnet). Man rühmt dem Hochschotten Mut und Freiheitsliebe, Anhänglichkeit an die Heimat, Gastfreiheit, Redlichkeit im Privatverkehr und Treue gegen das Haupt seines Stammes nach. Dabei ist er aber voll von Vorurteilen und Aberglauben. Die Niederschotten erinnern in ihrem Äußern an die Nordgermanen. Von mittlerer Größe und kräftig gebaut, sind sie hager, haben verhältnismäßig lange Beine, hervorstehende Backenknochen und hellblickende Augen. Sie sind verständig und besonnen und dabei ausdauernd in allem, was sie unternehmen. Selbst in der Fremde bewahren sie die Anhänglichkeit an ihr Vaterland und ihre Stammesgenossen. Im Umgang sind sie zugänglicher als die Engländer und von größerer Geselligkeit. Ihre Sparsamkeit artet aber oft in Geiz, ihre Vorsicht in Mißtrauen aus. Die skandinavischen Elemente der Bevölkerung sind jetzt ganz in den Schotten ausgegangen.

Landeskirche ist die presbyterianische (s. Schottische Kirche), der 46 Proz. der Bevölkerung angehören. Sie zählt 1391 Gemeinden mit 1809 Kirchen und 675,000 Mitgliedern. Ausgeschieden aus ihr sind 1843 die Free Kirk und 1847 die United Presbyterian Church. Beide haben sich 1900 zur United Free Church vereinigt, die 1687 Kirchen mit 1733 Geistlichen (darunter 16 Professoren), 314 Missionaren und 503,000 Mitgliedern zählt. Doch hat sich ein großer Teil der Gemeinden der Free Church (180 Gemeinden mit 80,000 Mitgliedern) der Vereinigung nicht angeschlossen. Die protestantisch-bischöfliche Kirche (unter 7 Bischöfen, mit 365 Kirchen, 143 Pfarreien und 334 Geistlichen) hat unter den obern Ständen einigen Anhang und infolgedessen auch Einfluß; die finanziellen Angelegenheiten ordnet seit 1876 das Representative Church Council (647 Mitglieder, fast die Hälfte Laien). Die Katholiken unter 6 Bischöfen (insgesamt 371 Kirchen und Kapellen mit 521 Geistlichen) bilden jetzt 9,7 Proz. der Bevölkerung. Außer den Iren in den Städten gehören zu ihnen auch die Bewohner der Inseln Barra, Süd-Uist, Eigg und Canna und von einigen abgelegenen Tälern in Inverneßshire. – Für Volksbildung war in S. lange gesorgt, ehe man noch in England daran dachte, und bereits 1696 wurde jeder Gemeinde befohlen, eine Schule zu errichten, was auch wirklich geschah, wenn auch ein Schulzwang für Kinder von 5–13 Jahren erst 1872 eingeführt wurde. Seit 1889 ist der Elementarunterricht unentgeltlich. Es gab 1904: 3189 Volksschulen (darunter 2834 öffentliche, 288 kirchliche und 69 andre), ferner 74 höhere Volksschulen, die insgesamt von 682,269 Schülern besucht wurden. Die Zahl der Lehrkräfte betrug 19,947; zur Ausbildung der Volksschullehrer gab es 8 Seminare mit 1387 Schülern, von denen 263 als »King's students« Universitäten besuchten. Dem gelehrten Unterricht dienten 105 Schulen, darunter 33 öffentliche, 24 Stiftungs- und 48 Privatschulen. Die vier Universitäten (in Edinburg, Glasgow, Aberdeen und St. Andrews) schließen sich in ihrer Einrichtung mehr den deutschen Hochschulen an, als dies mit den Universitäten Englands der Fall ist; mit der Universität von St. Andrews ist seit 1897 das University College in Dundee verbunden. Zur Unterstützung bedürftiger Studierender und wissenschaftlicher Studien hat 1901 der Großindustrielle Andrew Carnegie (s. d.) einen Fonds von 10 Mill. Doll. gestiftet. Seit 1886 besteht eine Technische Hochschule (technical college) in Glasgow. Daneben bestehen noch 4 Schulen für Ärzte, 3 Veterinärschulen, zahlreiche Seminare für Geistliche und Lehrer, 13 Kunstschulen, eine landwirtschaftliche Akademie (Aberdeen)[19] und 3 landwirtschaftliche Schulen (s. Großbritannien, S. 365).

[Erwerbszweige.] Die Landwirtschaft hat in Südschottland einen so hohen Aufschwung genommen, daß sie selbst die englische überflügelt hat. In den Hügellandschaften baut man nur Hafer, Gerste und Roggen, und aus Hafer bereitet der Landmann meist sein Brot; Weizen wird nur in den Küstengegenden angebaut. Von der gesamten Oberfläche sind 1905: 17,62 Proz. Ackerland und künstliche Grasländereien, 7,45 Weiden und 4,46 Proz. Wald. 1902 waren dem Anbau von Hafer 386,190 Hektar, von Gerste 92,662 Hektar, von Weizen 19,124 Hektar, von Rüben 184,442 Hektar, von Kartoffeln 52,483 Hektar gewidmet. Von ungemeiner Wichtigkeit ist die Viehzucht, in den Hügellandschaften namentlich die Schafzucht, während die ebenern Gegenden England sein bestes Schlachtvieh liefern. Allbekannt sind die kleinen hochländischen Pferde. 1902 zählte man 195,314 Acker- und Zuchtpferde, 1,222,165 Rinder, 7,268,329 Schafe und 128,116 Schweine. Noch mehr als in England befindet sich das Land in den Händen von Großgrundbesitzern. Die Durchschnittsgröße der (1905) 79,131 Pachtgüter beträgt 25 Hektar (ohne Wald), und zwar haben 18,685 Pachtgüter unter 2 Hektar, 34,673 zwischen 2 und 20, ferner 23,055 zwischen 20 und 120, endlich 2718 über 120 Hektar. In den Wäldern wurde nach Niederwerfung der Hochlande arg gehaust, in neuerer Zeit hat man aber mit Erfolg den angerichteten Schaden teilweise wieder gutgemacht. Wild ist in den nördlichen Gegenden noch in Menge vorhanden. Hirsche und Rehe, auch Wildschweine sind nichts Seltenes; Iltisse, Marder, wilde Katzen und Füchse finden sich in den dichten Waldungen häufig. Die Fischerei ist bei der großen Küstenausdehnung sehr bedeutend. 1905 beschäftigten die Seefischereien 10,581 Boote von 136,385 Ton. und 39,551 Menschen; gewonnen wurden 1902: 2,414,851 dz Heringe, 45,720 T. Schellfische, 24,709 T. Kabeljau, 5889 T. Seezungen, 5372 T. Schollen und Meerbutten, 25,484 T. andre Fische, insgesamt im Werte von 2,7 Mill. Pfd. Sterl. Der Walfischfang an der Küste von Grönland und in der Davisstraße wird von S. aus eifrig betrieben. Lachs, der sich häufig in den Flüssen und Seen findet, wird in Eis gepackt nach London gebracht. Ziemlich reich ist das Land an Mineralien, namentlich an Steinkohlen und Eisen, in dem Landstrich, der sich zwischen Forth und Clyde ausbreitet. Silberhaltiges Blei wird in den Louther Hills gewonnen, etwas Kupfer beim Loch Tay. Reich ist das Land an Bau- und Schiefersteinen; Marmor, Granit und Basalt sind Gegenstand der Ausfuhr. Torf kommt in großen Strecken vor. Salz wird durch Sieden von Seewasser gewonnen. 1902 wurden 34,115,309 Ton. Steinkohlen gefördert, besonders in den Grafschaften Lanarkshire, Fife- und Ayrshire. Die Produktion von Roheisen beläuft sich auf etwa 900,000 Ton. und ist am bedeutendsten in Ayrshire, Renfrew und Dumbarton. Von Blei, Silber und Zink werden nur geringe Mengen gewonnen. Sehr wichtig ist die Industrie, die ihre Hauptsitze in Glasgow, Paisley, Dundee und dem großen Kohlenbecken hat. Die wichtigsten Industriezweige sind Spinnerei und Weberei (1,800,000 Spindeln, 700,000 Zwirnspindeln, 75,000 Webstühle), Eisengießerei und Stahlfabrikation, Maschinenbau, Schiffbau, ferner Fabrikation von Papier, Chemikalien, Glas, Tonwaren und Porzellan, Bier und Branntwein (Weiteres s. Großbritannien, S. 368). Der Schiffbau findet vornehmlich in Glasgow, Port Glasgow und Greenock statt; 1903 wurden 457 Schiffe (davon 67 für das Ausland) von 26,896 Ton. gebaut. Der Handel mit dem Auslande belief sich 1903 in der Einfuhr auf 40,396,280 Pfd. Sterl., in der Ausfuhr britischer Produkte auf 32,301,198 Pfd. Sterl., in der Durchfuhr auf 746,246 Pfd. Sterl. Zur Einfuhr kommen besonders Getreide, Früchte, Speck, Butter, Eier, Leinengarn, Wolle und Wollengarn, Leder, Petroleum, Wein, Spirituosen und Zucker, zur Ausfuhr Garne und Gewebe in Baumwolle und Leinen, Maschinen, Eisen- und Stahlwaren, Chemikalien, Bier und Fische. Als Einfuhrhäfen dienen besonders Glasgow, Leith, Dundee, Grangemouth und Greenock, an der Ausfuhr ist vornehmlich Glasgow (mit 64,2 Proz.) beteiligt, daneben besonders noch Leith, Grangemouth und Kirkcaldy. Die Handelsflotte betrug 1903: 3198 Schiffe (darunter 2192 Dampfer) von 2,352,229 Ton. (71,5 Proz. des Tonnengehalts entfielen auf Glasgow). Der Schiffsverkehr mit dem Auslande und den Kolonien belief sich im Eingang auf 8799 Seeschiffe von 5,663,005 T., im Ausgang auf 9954 Seeschiffe von 6,836,365 T.; der Küstenverkehr im Eingang auf 54,205 Schiffe von 10,015,747 T., im Ausgang auf 53,270 Schiffe von 9,536,372 T.

[Verfassung und Verwaltung.] S. bildet ein selbständiges Königreich, ist aber seit der Unionsakte vom 16. März 1717 mit England vereinigt unter dem Gesamttitel Großbritannien. Die administrative Einleitung in 33 Grafschaften (shires) ist aus der Tabelle S. 18 ersichtlich. In das Oberhaus sendet S. 16 Peers, die für jedes Parlament aus dem gesamten hohen Adel des Landes gewählt werden; außerdem gehören noch 48 schottische Adlige als Peers des Vereinigten Königreichs dem Oberhaus an. In das Unterhaus entsendet S. 72 Abgeordnete (31 von den Städten, 2 von den Universitäten, 39 von den Grafschaften). Die innere Verwaltung wird ausgeübt durch den Local Government Board (unter dem dem Kabinett angehörigen Sekretär für S.), dem die Sorge für die Armen- und Gesundheitspflege und die Aussicht über die Verwaltungsbehörden obliegt, ferner die Lord-Leutnants in den Grafschaften, in denen seit 1889 Grafschaftsräte (County Councils) bestehen. Sie haben keine Aldermen, und ihre Mitglieder werden sämtlich gewählt. Unter den Städten (burghs) unterscheidet man royal oder parlamentary burghs, deren Recht auf Verleihung beruht, und police burghs, die 1862 gebildet wurden. Doch liegt nur in Städten mit mehr als 7000 Einw. die Polizeiverwaltung in den Händen der Municipal Corporation. Endlich sind 1894 noch Kirchspielsräte (Parish Councils) an Stelle der frühern Parochial Boards eingeführt. S. hat seine eignen Gerichtshöfe, von denen in allen bürgerlichen Rechtssachen die Berufung an das Oberhaus geht. Oberstes Gericht ist der High Court of Justice, mit 13 Richtern besetzt, der als Court of Session in Zivilsachen, als High Court of Justiciary in Kriminalsachen entscheidet. Die niedern Gerichte in den Grafschaften werden von den Sheriffs und Friedensrichtern und in den Städten von den Baillies abgehalten, haben jedoch einen beschränkten Wirkungskreis. Die Einnahmen der Lokalverwaltung beliefen sich ohne Anleihen 1903/04 auf 13,652,872 Pfd. Sterl., darunter Steuern 5,790,788 Pfd., Staatszuschuß 2,269,774 Pfd., andre Einnahmen (von Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerken, Straßenbahnen, Renten und Zinsen) 5,592,310 Pfd. Sterl. Von den 13,579,292 Pfd. Sterl. betragenden [20] Ausgaben entfielen auf produktive Unternehmungen 5,367,445 Pfd., Schulwesen 2,654,536 Pfd., Armenpflege 1,452,982 Pfd., Gesundheitspflege 1,129,848 Pfd., Wegebau 1,029,590 Pfd., Wachtdienst 652,299 Pfd. Sterl. Die Schulden der Lokalbehörden beliefen sich auf 59,6 Mill. Pfd. Sterl., darunter 54,8 Mill. Anleihen. Das mit dem von Großbritannien vereinigte Wappen Schottlands (in Gold ein roter Löwe innerhalb eines roten Doppelbords, der mit gegenstelligen roten Lilien unterlegt ist) s. Tafel »Wappen II«. Vgl. außer den ältern Werken von Chalmers, Playfair, Mac Culloch, Kohl, Spohr, Carus u. a.: Ramsay, Physical geology and geography of Great Britain (6. Aufl., Lond. 1894); Rogers, Scotland, social and domestic (das. 1869); Hunnewell, The lands of Scott (Edinb. 1871); Baumgartner, Reisebilder aus S. (2. Aufl., Freib. 1895); A. Geikie, Scenery of Scotland viewed in connection with its physical geology (3. Aufl., Lond. 1901) und Scottish reminiscenses (2. Aufl. 1906); Heddle, Mineralogy of Scotland (Edinb. 1901, 2 Bde.); Dron, Coal-fields of Scotland (Lond. 1902); M. Hardy, Esquisse de la géographie et de la végétation des Highlands d'Écosse (Par. 1906); Lorimer, Handbook of the law of Scotland (6. Aufl., Edinb. 1894); Atkinson, Local government in Scotland (Lond. 1904); Groome, Ordnance gazetteer of Scotland (neue Ausg., Edinb. 1903, 3 Bde.); Braids »County Directory of Scotland« (jährlich); Reisehandbücher: englische von Murray, Penney, Black u. a.; Bädeker, Großbritannien und Irland (4. Aufl., Leipz. 1906). Karten: A. Geikie und Bartholomew, Geological map of Scotland, 1,633,600 (Edinb. 1892); Geikie, New geological map of Scotland, 1:72,960 (das. 1898); Bartholomew, The Royal Scottish Geographical Society's Atlas of Scotland (das. 1895). Weiteres s. Großbritannien und die Textbeilage zum Artikel »Landesaufnahme«.

Geschichte.

Der Teil der Insel Britannien, der nördlich von den Busen des Forth und des Clyde liegt, war den Römern seit dem 1. Jahrh. n. Chr. unter dem Namen Kaledonien bekannt und führte daneben seit früher Zeit den keltischen Namen Alban (lat. Albania). Der Name Scotia (Scotland) war in den ältern Perioden auf Irland beschränkt; vom 10. Jahrh. ab wurde er auch von dem Teile Schottlands gebraucht, der im Süden von dem Firth of Forth, im Norden von dem Moray Firth begrenzt wird; erst seit dem 13. Jahrh. verdrängte er die ältern Bezeichnungen völlig und kam für das ganze heutige S. in Übung. Die ältesten Bewohner Schottlands waren die Pikten (die »Bemalten« oder die »Tätowierten«, irisch Cruithnigh), die früher zu den Kelten gerechnet wurden, nach neuern Untersuchungen aber vielleicht nicht zum indogermanischen Stamme zu zählen sind. Vielleicht haben sie auch die Urbevölkerung Englands und Irlands gebildet, ehe die keltischen Briten und Skoten sich hier und dort niederließen. Als die Römer unter Kaiser Claudius das südliche Britannien eroberten, blieb der Norden, Britannia barbara oder Caledonia, zunächst unabhängig. Erst Agricola machte als römischer Statthalter in Britannien seit 80 n. Chr. wiederholte Feldzüge dahin und schlug die Kaledonier an dem Graupischen Berge. Doch nach seiner Abberufung (85) verzichteten die Römer auf die Eroberung Kaledoniens; zur Deckung der Nordgrenze ihrer Herrschaft in Britannien ließ Kaiser Hadrian 122 zwischen dem Solway Firth im Westen und der Mündung des Tyne im Osten einen mit Kastellen und Wachttürmen versehenen Wall anlegen. Später wurde unter Antoninus Pius noch ein zweiter, nördlicherer Grenzwall zwischen den Busen des Forth und Clyde errichtet; den Hadrianswall hat Kaiser Severus, nachdem er 208–211 mehrere glückliche Feldzüge gegen die Kaledonier unternommen hatte, neu befestigt. Ungeachtet dieser Grenzwehren wurde Britannien seit dem 3. Jahrh. von immer wiederholten Einfällen der Pikten heimgesucht. An diesen beteiligten sich seit der Mitte des 4 Jahrh. auch die irischen Skoten, die sich später im Nordwesten von S. selbst ansiedelten.

Die wilden Kämpfe, welche die im 5. Jahrh. beginnende Eroberung Britanniens durch die Angelsachsen hervorrief, sind in ein fast undurchdringliches Dunkel gehüllt; im 7. Jahrh., da es sich zu lichten beginnt, zerfällt das heutige S. in vier verschiedene Reiche. Der Nordwesten war das Reich der aus Irland eingewanderten Skoten von Dalriada, das im Süden bis an den Firth of Clyde, im Osten bis an den Druim-Alban genannten Gebirgszug reichte. Östlich davon dehnte sich das Reich der Pikten aus, dessen Südgrenze der Forth war. Die südlichen Lande waren durch das Königreich der Briten von Strathclyde, dessen Hauptstadt Alcluyd, das heutige Dumbarton, war (dazu gehören Cumberland und Westmoreland in England und die Grafschaften Dumfries, Ayr, Renfrew, Lanark und Peebles in S.), im Westen und durch das Königreich der Angeln von Bernicia im Osten eingenommen, das sich nördlich bis zum Forth erstreckte. Schon in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. hatte das Christentum durch den heil. Columba auch bei den Pikten Eingang gefunden; sie sowie die Skoten gehören der irisch-christlichen Kirche an, deren Mittelpunkt das Kloster auf der Insel Hy oder Jona war. Im Anfange des 8. Jahrh. aber sagte sich Nectan, König der Pikten, deren Hauptstadt schon damals Scone gewesen zu sein scheint, von der irischen Kirche los und ordnete sich dem römischen Papst unter, worauf er 717 die Columbanische Geistlichkeit aus dem Piktenlande vertrieb. Um 844 bemächtigte sich der Skotenkönig Kenneth Mac Alpin der Herrschaft über das Piktenreich und vereinigte es mit dem seinigen; das vereinigte Reich hieß seit dem Anfang des 10. Jahrh. Königreich Alban; es wurde schon seit dem Beginn des 9. Jahrh. von den Normannen, die sich im Norden, im Westen und auf den Inseln von S. festgesetzt hatten, durch häufige Plünderungs- und Raubzüge heimgesucht. 945 wurde infolge eines Bündnisses des Königs der Angelsachsen, Edmund, mit Malcolm I. von Alban das Reich der Briten von Strathclyde vernichtet, und sein nördlicher Teil ging in der Folge in dem von Alban auf. In der Zeit des angelsächsischen Königs Eadred (946–955) eroberten die Schotten Edinburg, die nördliche Grenzfestung von Bernicia, und der nördliche Teil von Northumbrien bis zum Tweed (Lothian) wurde ihnen vielleicht schon von König Eadgar im 10., jedenfalls von Knut von England im 11. Jahrh. unter englischer Oberhoheit überlassen. Das so vereinigte Gebiet wird seit dem Anfang des 11. Jahrh. Scotia (Schottland) genannt.

Der letzte König aus dem Stamme des Kenneth Mac Alpin war Malcolm II., ihm folgte 1034 sein Tochtersohn Duncan, der 1040 von Macbeth, dem Sohne des Finnlaech, seinem Feldherrn, erschlagen wurde. Obwohl dieser 1050 nach Rom pilgerte, um sich Vergebung für den Mord seines Vorgängers zu holen, wurde er 1054 von Malcolm III. Ceannmor[21] (gest. 1093), dem Sohne Duncans, den Siward, Graf von Northumberland, unterstützte, ins Hochland zurückgeworfen und 15. Aug. 1057 erschlagen. Bei der Eroberung Englands durch die Normannen 1066 nahm Malcolm Partei für den legitimen englischen Thronerben Eadgar Ätheling und gewährte zahlreichen flüchtigen Sachsen ein Asyl. Er wurde dadurch in langwierige Kämpfe mit Wilhelm dem Eroberer und dessen Nachfolger Wilhelm II. verwickelt, und die von ihm gefangenen Engländer übertrugen mancherlei Kultureinflüsse nach S. Von Malcolms Söhnen ist der jüngste, David I. (gest. 1153), der bedeutendste, unter ihm verwandelte sich S. in einen feudalen Staat nach normannischer Art. Sein Enkel und Nachfolger Malcolm IV. (1153–65) vermochte die von David gewonnene Machtstellung nicht völlig zu behaupten. Auf ihn folgte 1165 sein Bruder Wilhelm der Löwe. Dieser geriet mit Heinrich II. von England wegen seiner Ansprüche auf gewisse nordenglische Gebiete in Streit, fiel in England ein, wurde aber 1174 bei Alnwick gefangen genommen und erlangte seine Freiheit erst, nachdem er im Vertrag von Falaise (im Dezember 1174) die Lehnshoheit Englands über ganz S. anerkannt hatte, auf die freilich Richard Löwenherz 1189 wieder verzichtete. Auf Wilhelm folgte 1214 sein Sohn Alexander II., der, begünstigt durch die Verfassungskämpfe unter Johann, 1216 im Bunde mit dem französischen Kronprinzen Ludwig sogar in Südengland eindrang, 1217 aber nach Ludwigs Niederlage bei Lincoln durch den englischen Reichsverweser Pembroke zum Frieden genötigt wurde. Ihm folgte 1249 sein Sohn Alexander III. Dieser besiegte 1263 den König Hakon von Norwegen und erwarb 1266 durch Vertrag von seinem Nachfolger Magnus die bis dahin von den Norwegern behauptete Herrschaft über die Insel Man und die Hebriden gegen eine jährliche Zinszahlung von 100 Mark Silber.

Nach Alexanders III. Tode (1286), und nachdem 1290 auch seine achtjährige Enkelin, die Prinzessin Margarete von Norwegen, gestorben war, traten in S. zahlreiche Kronprätendenten auf, unter den die Abkömmlinge der Töchter des Grafen Huntingdon, Bruders Wilhelms des Löwen, Johann Baliol und Robert Bruce, die nächsten Ansprüche hatten. Eduard I. von England, dem das schottische Parlament das Schiedsrichteramt übertrug, entschied für Baliol, der von ihm die schottische Krone zu Lehen nahm (20. Nov. 1292). Als Eduard aber seine Oberherrschaft energisch geltend machte und Baliol sich mit französischer Hilfe davon befreien wollte, brach Eduard in S. ein und nahm 28. April 1296 Dunbar, worauf Baliol sich ergab und als Gefangener nach England geführt wurde. S. ward nun durch englische Statthalter regiert; ein Aufstand unter Führung des Ritters William Wallace, der am 11. Sept. 1297 die Engländer bei Stirling schlug, 1298 aber bei Falkirk besiegt wurde, endete schließlich 1305 mit dessen Gefangennahme und Hinrichtung. Mit mehr Erfolg trat dem König Eduard 1306 Robert Bruce, der Enkel des frühern Prätendenten, entgegen, der die Ansprüche seines Großvaters wieder aufnahm und als Robert I. den Thron bestieg. Zwar ward er 19. Juni bei Meth ven besiegt; aber schon vor dem Ende des Jahres brach er aufs neue aus den Hochlanden hervor, und 24. Juni 1314 brachte er Eduard II. bei Bannockburn eine entscheidende Niederlage bei. Eduard fiel 1322 wieder in S. ein, ohne jedoch etwas auszurichten, und nun ward ein Waffenstillstand auf 13 Jahre abgeschlossen. Nach Eduards II. Tode 1327 zwang Robert Mortimer, den Regenten Englands, während der Minderjährigkeit Eduards III., im März 1328 allen Ansprüchen auf S. zu entsagen. Um seinen Anhang im Parlament dem durch die Ausdehnung seines Grundbesitzes und die Stärke seines Kriegsgefolges übermächtigen Adel gegenüber zu verstärken, berief er 15 Abgeordnete der größern Städte ins Parlament, die freilich dem Adel und Klerus gegenüber anfangs nur wenig vermochten.

Nach dem Tode Roberts, dem 1329 sein vierjähriger Sohn, David II., folgte, brachen neue Gefahren über S. herein, indem mehrere englische Barone, die durch Robert der ihnen einst von Eduard I. verliehenen Güter in S. beraubt waren, einen Sohn des vormaligen Königs Baliol, Eduard Baliol, als Gegenkönig von S. aufstellten. Vom englischen Hof unterstützt, landete dieser im August 1332 in der Grafschaft Fife, schlug den Reichsverweser, den Grafen Donald von Mar, bei Dupplin-Moor und ließ sich zu Scone krönen. Als er aber Eduard III. von England als seinem Lehnsherrn huldigte und Schloß und Stadt Berwick an England abtrat, stellte sich Andreas Murray, Davids Oheim, an die Spitze des Adels, und es begannen neue Kämpfe mit England. Eduard III. besiegte bei Halidonhill (19. Juli 1333) die Schotten vollständig, David mußte nach Frankreich flüchten uno wurde, nachdem er 1341 zurückgekehrt war, 17. Okt. 1346 bei Nevil's Croß nahe Durham geschlagen und gefangen; aber Baliol vermochte sich trotzdem gegen den für die Unabhängigkeit von S. kämpfenden Adel nicht zu behaupten und legte 1356 die Krone nieder. Darauf gab Eduard 1357 David II. gegen ein Lösegeld von 100,000 Mark Sterl. Freiheit und Krone zurück. Mit dem Tode Davids II. 22. Febr. 1370 erlosch das Haus Bruce in männlicher Linie, worauf die Stände Robert II., einen Schwestersohn Davids, auf den Thron erhoben, der dadurch an das Haus Stuart kam.

Von den Franzosen angespornt, führte Robert II. (gest. 19. April 1390) fast während seiner ganzen Regierung Krieg mit England. Sein Nachfolger war sein Sohn Robert III., der, schwach an Körper und Geist, die Regierung seinem jüngern Bruder, dem spätern Herzog von Albany, überließ. Weil dieser den Kronprinzen, den Herzog von Rothesay, der einen schlechten Lebenswandel führte, gefangen gesetzt und wahrscheinlich in der Gefangenschaft umgebracht hatte (1402), schickte der König 1405 oder 1406 seinen jüngern Sohn, Jakob, der Sicherheit halber nach Frankreich. Allein dieser fiel unterwegs in die Hände der Engländer, und als bald darauf, 4. April 1406, Robert III. starb, übernahm Albany die Regentschaft für den gefangenen Jakob I., tat jedoch nichts für seine Freilassung. Nach seinem Tode 1420 übernahm sein schwacher Sohn Murdac die Regierung, und erst dieser wirkte 1423 die Befreiung des Königs aus. Jakob I. war ein gebildeter und charakterfester Mann, der in den verwilderten Hochlanden die Ordnung herstellte, die Rechtspflege verbesserte, die Verwaltung nach englischem Muster ordnete, viele während der vergangenen Wirren verschleuderte oder usurpierte Krongüter wieder einzog und durch weise Gesetze und Begünstigung der Städte die gewerbliche Tätigkeit zu heben suchte. Gleichwohl räumten ihn Verschworne 20. Febr. 1437 aus dem Wege. Sein Sohn Jakob II. (1437–60) zählte erst sechs Jahre; während seiner Minderjährigkeit und in der ersten Zeit nach deren Ablauf war S. von heftigen Kämpfen zwischen den Leitern der Regierung, Sir Alexander Livingston und William Crichton,[22] und dem übermächtigen Hause Douglas (s. d.) erfüllt, bis 1455 die Macht der Douglas gebrochen wurde. Jakob II. kam 1460 bei der Belagerung des seit der Schlacht von Nevil's Croß in den Händen der Engländer befindlichen Schlosses Roxburgh um. Da sein Sohn Jakob III. (1460–88) erst neun Jahre alt war, gewannen die übermütigen Großen im Lande wieder freies Spiel, und auch nachdem der König großjährig geworden war, dauerten die Kämpfe mit ihnen fort, in die zeitweise auch die Brüder Jakobs, der Graf von Mar und der Herzog von Albany, der sich sogar zum König aufwarf, verwickelt waren; in diesen Kämpfen wurde Jakob 11. Juni 1488 bei Sauchieburn geschlagen und auf der Flucht ermordet. Sein Sohn und Nachfolger Jakob IV. (1488–1513) liebte Glanz und ritterlichen Prunk und gewann den Adel durch Nachgiebigkeit und Freigebigkeit wieder für sich. 1496 begann er Krieg mit England, indem er dem Prätendenten Perkin Warbeck seine Unterstützung angedeihen ließ, schloß aber im Dezember 1497 einen Frieden, der 1499 erneuert wurde, und vermählte sich 1503 mit Heinrichs VII. Tochter Margarete. Trotzdem entzweite er sich nach seines Schwagers Heinrich VIII. Thronbesteigung mit diesem, verband sich mit Frankreich, fiel in Northumberland ein, wurde aber in der Schlacht bei Flodden 9. Sept. 1513 mit der Blüte seines Adels erschlagen. Für seinen zweijährigen Sohn, Jakob V. (1513–42), führte dessen Mutter Margarete die Regentschaft. Sie schloß mit England einen Stillstand und vermählte sich 1514 mit Douglas, Grafen von Angus. Gegen diesen aber beriefen die Großen den Herzog Johann von Albany, Neffen Jakobs III., aus Frankreich, wo er in der Verbannung lebte, und erhoben ihn zum Regenten; Margarete wurde in Stirling belagert und zur Auslieferung des jungen Königs gezwungen. Albany behauptete die Regentschaft bis 1524; dann wurde der König für volljährig erklärt, und seine Mutter und ihr Gemahl haderten um die vorherrschende Stellung. Als Margarete sich 1526 von Angus schied und eine dritte Ehe schloß, blieb Angus allein im Besitz der Gewalt, bis der König sich 1528 von ihm emanzipierte und die Macht auch der jüngern Linie der Douglas, deren Haupt Angus war, völlig brach. Nach seiner Thronbesteigung ließ es Jakob V. seine angelegentlichste Sorge sein, den Adel zu zügeln; gegen die Reformation schritt er unter dem Einfluß des Kardinals Beaton mit Strenge ein. Nach dem Tode seiner ersten Gattin, einer Tochter Franz' I. von Frankreich, vermählte sich Jakob im Juni 1538 mit Maria von Guise. Infolgedessen schloß er sich nun enger an Frankreich an und geriet in Konflikt mit Heinrich VIII. von England. Ein Einfall nach England, den er 1542 unternahm, schlug infolge der schmählichen Flucht seines Heeres bei Solway Moss fehl; Jakob fiel deshalb in Tiefsinn und starb noch in demselben Jahre.

Jakob V. hinterließ das Reich in einem Zustande großer Verwirrung seiner erst wenige Tage alten Tochter Maria Stuart; die Regentschaft führte Jakob Hamilton, Graf von Arran, neben dem der Kardinal Beat on (s. d.) bis zu seiner Ermordung 1546 großen Einfluß auf die Regierung ausübte. Arran ließ sich anfangs von Heinrich VIII. dafür gewinnen, die junge Königin an den Prinzen von Wales zu verheiraten; da aber dies Abkommen in S. sehr unpopulär war, wurde es rückgängig gemacht, und der Reichsverweser trat auf die Seite der England feindlichen Partei. Infolgedessen brach ein Krieg mit England aus, in dem der Regent 1544 bei Ancram-Moor einen Sieg errang. Nach Heinrichs VIII. Tode nahm der englische Reichsverweser Somerset seine Pläne wieder auf und schlug 10. Sept. 1547 die Schotten bei Pinkey, mußte aber bald nach England zurückkehren. Darauf ließ die Königin-Mutter, Maria von Guise, ihre Tochter 1548 nach Frankreich bringen, wo sie mit dem ältesten Sohn Heinrichs II., dem nachmaligen König Franz II., verlobt und 1558 vermählt ward. Nachdem Arran 1554 die Regentschaft niedergelegt hatte, trat die Königin-Mutter an seine Stelle. Diese hatte sich anfangs gegenüber der Reformation, die durch die feurigen Predigten des calvinischen John Knox (s. d.) große Fortschritte in S. gemacht hatte, nachgiebig verhalten, glaubte aber, als 1557 die protestantischen Lords einen förmlichen Bund gegen den alten Glauben schlossen, hinlänglich gesichert zu sein, um mit Energie gegen die Reformprediger einschreiten zu können. Infolgedessen kam es 1559 zu offenem Kampf zwischen dem protestantischen Adel, den Elisabeth von England unterstützte, und dem durch französische Hilfstruppen verstärkten Heer der Regentin. Während dieser Unruhen starb Maria von Guise 10. Juni 1560. Kommissare, welche die Königin und ihr Gemahl zum Zweck gütlicher Verhandlungen nach S. geschickt hatten, schlossen darauf 6. Juli 1560 in Edinburg Frieden. Franz II. und Maria Stuart entsagten dem 1558 angenommenen englischen Königstitel, die französischen Hilfstruppen zogen aus S. ab, die Regierung ward einem Staatsrat übertragen, auf dessen Zusammensetzung die Stände vorwaltenden Einfluß erhielten. Darauf entschied das am 1. Aug. 1560 zusammengetretene Parlament den Sieg der Reformation: die Autorität des Papstes wurde abgeschafft, die Messe verboten, die Klöster aufgehoben, und Knox organisierte nach dem Muster von Genf die schottische Presbyterialkirche. Ein großer Teil der Kirchengüter fiel dem protestantischen Adel anheim.

Der Tod Franz' II. (5. Dez. 1560) führte Maria Stuart im August 1561 nach S. zurück; auf die Leitung der Geschäfte übte ihr Halbbruder Jakob Stuart, den sie zum Grafen von Morray ernannte, den größten Einfluß aus. Maria ließ trotz ihrer katholischen Sympathien der presbyterianischen Kirche die errungene Stellung und suchte auch ihre Beziehungen zu Elisabeth, obwohl sie den Vertrag von Edinburg nicht ratifiziert hatte, freundlich zu gestalten, indem sie Titel und Wappen einer Königin von England ablegte. Aber nachdem sie sich 1565 mit dem katholischen Lord Heinrich Darnley (s. d.) vermählt hatte, brachen bald neue Unruhen aus. Morray und andre Führer der Protestanten, die diese Verbindung bekämpft hatten, empörten sich, wurden aber besiegt und mußten nach England flüchten. Maria Stuart betrieb jetzt offen die Wiedereinführung des Katholizismus. Nach der Ermordung ihres Günstlings Riccio durch ihren Gemahl (9. März 1566) kehrten die Flüchtlinge nach S. zurück und versöhnten sich mit der Königin. Allein die Ermordung Darnleys und die Vermählung Marias mit dem Mörder Bothwell (15. Mai 1567) führten zu einer Erhebung fast des gesamten Adels gegen die Königin, die im Juni 1567 in Carberry, da ihre Truppen sich auflösten, gefangen genommen und nach dem Schloß Lochleven gebracht wurde, wo man sie 24. Juli zur Abdankung nötigte. Nun ward ihr einjähriger Sohn Jakob VI. auf den Thron erhoben, für den Morray die Regentschaft führte. Zwar gelang es Maria, aus der Hast zu entkommen und ein ansehnliches Heer zusammenzubringen; aber dieses wurde 13. Mai 1568 bei Langside geschlagen, und Maria[23] flüchtete nun zu Elisabeth von England, die sie gefangen setzen ließ. Die Ermordung Morrays, 1570 durch einen Hamilton aus Privatrache verübt, rief neue innere Wirren hervor, in die Elisabeth wiederholt mit Übermacht eingriff. 1578 trat der erst zwölfjährige König die Regierung selbst an, indem ihm ein Staatsrat von zwölf Mitgliedern zur Seite gestellt ward. Dieser schloß 1586 ein Bündnis mit Elisabeth, durch das ihm ein englisches Jahrgeld zugesichert wurde; die Vorstellungen, die er gegen die Vollstreckung des Todesurteils gegen seine Mutter erhob, blieben unberücksichtigt. Die alte, auf dem Zusammenwirken der drei Stände des Parlaments mit dem König beruhende Verfassung des Reiches war schon 1584 bestätigt worden; zugleich war aber die oberste Autorität des Königs in kirchlichen Dingen anerkannt und seine Macht auch im übrigen bedeutend verstärkt worden. 1597–1600 gelang Jakob die Wiedereinführung von Bischöfen in die schottische Kirche, die Sitz und Stimme im Parlament hatten.

Durch den Tod der Königin Elisabeth (1603) ward Jakob auch König von England und S. mit diesem Reiche durch Personalunion vereinigt. S. behielt indessen seine eigne Verfassung und Gesetzgebung, seine Gerichtshöfe und sein Parlament blieben unabhängig von den englischen; auch die Verwaltung blieb in schottischen Händen. Wenn S. aber auch dem Namen nach ein unabhängiges Königreich blieb, wurden fortan doch seine Geschicke der Hauptsache nach in England entschieden. Ein Vorschlag des Königs (1604), beide Reiche ganz miteinander zu vereinigen, scheiterte an dem Widerstand des englischen Parlaments. Jakobs Nachfolger Karl I., der sich 1633 (acht Jahre nach seiner Thronbesteigung) in Edinburg krönen ließ, zwang 1635, beraten von William Laud, Erzbischof von Canterbury, den Schotten ein neues kirchliches Gesetzbuch auf, das die Macht des Königs und der Bischöfe erweiterte, und beschloß 1637 den bisherigen schmucklosen Gottesdienst durch eine neue katholisierende Liturgie zu verändern. Dies rief aber in Edinburg einen Tumult hervor, der rasch zu einer Revolution erwuchs. Inmitten einer ungeheuren Aufregung wurde 1638 das Gelübde des Glaubensbekenntnisses von 1580, des sogen. Covenant (s. d.), erneuert, und dieser verbreitete sich rasch und unaufhaltsam über das ganze Land. Die Covenanters rückten 20. Aug. 1640 unter der Anführung Leslies über die englische Grenze und erlangten, unterstützt vom englischen Parlament, von Karl 1641 die Zurücknahme aller kirchlichen Neuerungen, die Abschaffung der Bischöfe und eine bedeutende Erweiterung der Macht ihres Parlaments. Allein nach dem Ausbruch der Revolution in England schlossen sie 1643 ein Bündnis mit dem englischen Parlament und überschritten 19. Jan. 1644 abermals die Grenze. Ihr Heer trug 1644 bei Marston-Moor zu der Niederlage der königlichen Truppen bei, und Montrose, der in den Hochlanden die royalistische Sache aufrecht zu erhalten strebte, wurde von Leslie im September 1645 bei Philiphaugh geschlagen. Nachdem die Schlacht bei Naseby 14. Juni 1645 den Sieg der englischen Revolution entschieden hatte, floh Karl im Mai 1646 ins Lager der Schotten, die ihn, da er die Annahme des Covenant verweigerte, für 400,000 Pfd. Sterl. an seine englischen Untertanen auslieferten.

Doch nicht lange währte die Eintracht zwischen S. und dem englischen Parlament. In S. wollte man wohl Beschränkung, aber nicht Vernichtung der königlichen Gewalt und verabscheute insbes. die Lehre der Independenten. Das schottische Parlament trat deshalb mit dem gefangenen König in Unterhandlung und schickte, nachdem er weitgehende Zugeständnisse gemacht hatte, den Herzog von Hamilton mit einem Heer nach England; doch ward dieses von Cromwell im August 1648 bei Preston geschlagen. Nach Karls I. Hinrichtung wurde, wie in dem katholischen Irland, auch in dem presbyterianischen S. Karl II. als König anerkannt und 1. Jan. 1651 zu Scone gekrönt. Allein Cromwell schlug erst Leslie 3. Sept. 1650 bei Dunbar, dann Karl II. selbst am gleichen Tage des folgenden Jahres zu Worcester, worauf Monck S. gänzlich unterwarf. S. wurde nun mit England zu einer Republik vereinigt und erhielt erst nach der Restauration des Königtums seine frühere Verfassung zurück. Der König Karl II. erneuerte den Versuch seines Vaters, die bischöfliche Verfassung in S. einzuführen, und führte ihn, da die Schotten durch die achtjährige englische Herrschaft gebrochen waren, erfolgreich durch. 1679 ermordeten einige fanatische Covenanters den Primas, Erzbischof Sharp von St. Andrews, ergriffen die Waffen gegen die Truppen des Königs, errangen einige Vorteile und wurden erst überwältigt, als der Herzog von Monmouth sie mit englischen Truppen an der Bothwellbrücke zersprengt hatte. Gegen die Gefangenen ließ der in England verhaßte und als Lord-Oberkommissar nach S. geschickte Jakob, Herzog von York, die grausamste Strenge walten. Als er 1685 den Thron bestieg, verweigerte er den schottischen Krönungseid als seinem Gewissen entgegen, erklärte alle Gesetze gegen die Katholiken für nichtig, erhob diese zu Staatsämtern und Ehrenstellen, führte die Jesuiten in S. ein und entfremdete sich dadurch die schottischen Episkopalisten ebensosehr wie die Covenanters. Unter diesen Umständen ward die englische Revolution in S. mit Freuden begrüßt; das Parlament erklärte 1689 die Krone Jakobs II. für verwirkt und übertrug sie Wilhelm III. und Maria. Freilich gab es hier, in der Heimat der Stuarts, immer noch eine ansehnliche Partei, welche die Fahne der entthronten Dynastie hoch hielt. Ihr Haupt war Lord Dundee, der Wilhelms Truppen bei Killicranke schlug (27. Juli 1689). Nach seinem Tode zerfiel aber die Partei in sich selbst, und nur im Hochland währte der Kampf fort. Endlich wurden die Unruhen der jakobitischen Clans 1692 durch rücksichtslose Härte unterdrückt. Nach der Thronbesteigung der Königin Anna (1702) gelang es der englischen Regierung, das schottische Parlament in seiner Mehrheit für eine Union der beiden Königreiche zu gewinnen. 1706 wurde eine Kommission ernannt, die vom 27. April bis 2. Aug. den Entwurf zu einer Unionsakte bearbeitete. Nachdem diese 27. Jan. 1707 vom schottischen sowie 16. März vom englischen Parlament genehmigt worden war, trat die Union in Kraft. Die beiden vereinigten Reiche hießen nun Großbritannien (s. d.). In dem einen Parlament für das ganze Reich sollten 16 schottische Peers im Oberhaus, 45 Deputierte der Grafschaften, Städte und Flecken im Unterhaus sitzen. Kirchenverfassung und Privatrecht blieben in S. unverändert. Die schottische Geschichte fällt seitdem mit der von Großbritannien zusammen. Die 1716 und 1746 erneuerten Versuche der Jakobiten in S., die Stuarts wieder auf den Thron zu bringen, wurden mit rücksichtsloser Strenge unterdrückt und blieben vergeblich.

Vgl. zur Geschichte: Buchanan, Rerum scoticarum historiae libri XII (1620, hrsg. von Burmann, Leiden 1712); die Gesamtdarstellungen von Hume (Lond. 1657), Maitland (das. 1757, 2 Bde.), Guthrie (das. 1770–77, 10 Bde.), Dalrymple (Edinburg[24] 1776–79, 2 Bde.), Heron (das. 1794–99, 6 Bde.), Lindau (Dresd. 1827, 4 Bde.), Walter Scott (s. d.), J. H. Burton (s. d.), J. Mackenzie (Edinb. 1867), Mackintosh (das. 1890), P. H. Brown (Cambridge 1899 ff., 3 Bde.), A. Lang (Lond. 1900 bis 1907, 4 Bde.). Einzelne Perioden behandeln: Munro, Prehistoric Scotland (Lond. 1899); Skene, Celtic Scotland (Edinb. 1876–80, 3 Bde.); Leslie, The early races of Scotland (das. 1866, 2 Bde.); Anderson, Scotland in pagan times (das. 1883 bis 1886, 2 Bde.) und in early christian times (1881, 2 Bde.); Robertson, Scotland under her early kings (das. 1862, 2 Bde.); Wyskoff, Feudal relations between the kings of England and Scotland under the early Plantagenets (Chicago 1897); Bain, The Edwards in Scotland 1296–1377 (Edinburg 1901); Pinkerton, Inquiry to the history of Scotland preceding the year 1056 (2 Aufl., das. 1814, 2 Bde.) und History of Scotland from the accession of the house of Stuart to that of Mary (Lond. 1797, 2 Bde.); Tytler, History of Scotland from the accession of Alexander II. to the union of the crowns (Edinb. 1829–43, 9 Bde.; neue Ausg. 1869, 2 Bde.); Robertson, History of Scotland during the reigns of Queen Mary and of James VI. (Lond. 1758 u. öfter, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1829, 6 Bde.); Brown, Scotland before 1700 (Edinb. 1893); Cook, History of the Reformation in Scotland (2. Aufl., das. 1819, 3 Bde.); Chambers, Domestic annals of Scotland from the Reformation to the Revolution (das. 1859–60, 3 Bde.); Laing, History of Scotland from the union of the crowns to the union of the kingdoms (Lond. 1800, 2 Bde.; neue Ausg. 1819, 4 Bde.); Burns, Scottish war of in dependence (Glasg. 1874, 2 Bde.); Mackintosh, History of civilisation in Scotland (2. Aufl., Lond. 1892–1897, 4 Bde.); Bellesheim, Geschichte der katholischen Kirche in S. (Mainz 1883, 2 Bde.); Rogers, Social life in Scotland (Edinb. 1884–86, 3 Bde.); Graham, The social life in Scotland in the XVIII. century (das. 1899, 2 Bde.); Mac Gibbon und Roß, Castellated and domestic architecture of Scotland (Lond. 1886–92, 5 Bde.) und Ecclesiastical architecture of Scotland (das. 1896–97, 3 Bde.); Maclean, The literature of the Highlands (das. 1904); Mackenzie, Short history of Scottish highlands and Isles (das. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 16-25.
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