Artikel in der Wikipedia: Kredit
Faksimile

[1018⇒] Kredīt (lat., »das Geglaubte«), Glaubwürdigkeit; Ansehen; das Vertrauen, daß eine Person von ihr eingegangene vermögensrechtliche Verbindlichkeiten erfüllen könne und werde, beruht auf der persönlichen Eigenschaft des Schuldners (Personal-K.) oder auf einem von ihm gewährten besondern Unterpfand (Real-K.), welches ein unbewegliches Vermögensobjekt (Hypothekar- oder Grund-K.) oder ein bewegliches Pfand (Lombard-K.) sein kann. Die Grundlage des kaufmännischen oder Handels-K., welcher zweckmäßig organisiert (Giroverkehr, Clearinghouse), den Austausch der wirtschaftlichen Güter ohne direkte Mitwirkung des baren Geldes vermittelt (Kreditwirtschaft), ist der Wechsel (s.d.). – Vgl. Knies (2. Aufl. 1885). [⇐1018]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 1018.
Lizenz: Gemeinfrei
Verweise:

Crēdit und Dēbet (lat.), Haben und Soll, s. Debet.

Kredītor (lat.), Gläubiger; Gegensatz: Debitor.

Kreditpapiere, s.v.w. Wertpapiere, Schuldscheine.

Mobiliārkredit, s.v.w. Grundkredit (s. Kredit).

Crédit foncier (frz., spr. kredih fongßĭeh), Bodenkredit, Bodenkreditbank (s. Banken).

Bodenkreditanstalten, Bodenkreditbanken, Bodenkulturrentenbanken, s. Banken.

Kreditgenossenschaften, s.v.w. Kreditvereine.

Kreditbillett, kaufmännischer Schuldschein.

Kreditkrisen, s.v.w. Handelskrisen (s.d.).

Personālkredit, s. Kredit.

Kreditwirtschaft, s. Kredit.

Grundkredit, s. Kredit.

Realkredit, s. Kredit.

Kredithypothek, s.v.w. Kautionshypothek.

Faksimile
Faksimile

[614⇒] Kredīt (lat. creditum, das Geglaubte, Anvertraute, ital. crédito, franz. crédit) ist die Befugnis zur Verwendung fremder Güter, eingeräumt auf Grund des Vertrauens, daß der Kreditnehmer die dadurch entstandenen Verbindlichkeiten seiner Zeit erfüllen werde. Dies Vertrauen kann sowohl auf dem Zutrauen zur Person und ihrer Zahlungsfähigkeit als auch auf andern Umständen (Bürgschaftsleistung, Rechte, Staatshilfe etc.) begründet sein. Die Zeit, auf die kreditiert wird, kann eine bestimmt bemessene, kürzere oder längere sein (kurzfristiger, langfristiger K.). Sie ist unbestimmt bei durch den Gläubiger nicht kündbaren Anlehen, bei denen der Schuldner (Staat) an eine bestimmte Tilgungsart sich nicht gebunden hat, dann bei dem durch den Gläubiger stets kündbaren K. (stets fällige Depositen, einlösbare Banknoten). Je nach der Person des Schuldners oder auch der Bedeutung des Kredits unterscheidet man zwischen öffentlichem und Privatkredit; ersterer ist der K. der Personen mit öffentlich-rechtlicher Stellung (Staat, Gemeinde) oder auch der durch öffentliche Kreditanstalten vermittelte K. Der K. kann die Form von Darlehen oder von Stundungen des Kaufpreises annehmen. Auch Pacht, Miete, Gebrauchsleihe werden öfters als Kreditgeschäfte bezeichnet. Der K. kann entweder als Entgelt (verzinslicher K.) oder auch ohne solches (unverzinslicher, z. B. bei Ausgabe von Banknoten) gewährt werden. Der verzinsliche Darlehnskredit schafft dem Kreditgeber eine privatwirtschaftliche Kapitalanlage. Man kann vom Standpunkte des Kreditgebers aus nach dem von ihm beabsichtigten Zweck Anlage- und Umlaufskredit unterscheiden, je nachdem der K. auf längere Zeit gegeben wird und Grundlage länger währender Rentenbezüge ist, oder nur auf kürzere Zeit zum Zweck der Erleichterung des Güterumsatzes gewährt wird. Der K. heißt Konsumtivkredit, wenn für Zwecke des Konsums, Produktivkredit, wenn für Zwecke der Produktion geliehen wird. Zwischen beiden gibt es allerdings keine scharfe Grenze (Leihen für Zwecke der technischen Ausbildung, für Zwecke der Lohnzahlung oder des eignen Unterhalts). Auf niedern Kulturstufen mit unentwickeltem Verkehr und wenig ausgedehnter Arbeitsteilung kommt fast ausschließlich der Konsumtivkredit vor, auf höherer Stufe tritt der Produktivkredit mehr in den Vordergrund. Betrachtet man die Grundlagen des Kredits, so erscheinen als solche entweder nur die guten wirtschaftlichen und moralischen Eigenschaften des Kreditnehmers, dessen Fleiß, Geschicklichkeit, Redlichkeit etc., oder noch andre Umstände, wie Bürgschaftsleistung, Einräumung von Rechten, insbes. dinglichen N echten (Hypothek, Faustpfand), äußerer Zwang rein sozialer (gesellschaftliche Achtung etc.) oder staatlicher Natur (Rechtspflege, Kreditgesetze, Art der Exekutive). Steht dem Gläubiger nur ein einfaches Forderungsrecht zu, indem der gewährte K. lediglich auf seinem Vertrauen zur Person des Schuldners und ihrer allgemeinen Vermögenslage beruht, so heißt der K. Personalkredit. Dieser kann gewährt werden, ohne daß eine schriftliche Auszeichnung stattfindet (unverbriefter K.), oder es erfolgt eine solche und zwar entweder durch den Kreditgeber (Buchkredit), oder durch den Kreditnehmer (mittels einfachen Handscheins [Chirographarkredit], oder in besonders verbindlicher Form [Wechselkredit]). Der K. ist dagegen Realkredit, wenn die Sicherheit des Gläubigers durch ein dingliches Recht an einer Sache noch besonders derart geschützt wird, daß dessen Ansprüche unberührt durch Konkurs und persönliche Forderungen sowie mehr oder weniger unabhängig von persönlichen Verhältnissen des Schuldners überhaupt bleiben. Die Sicherheit für den Gläubiger hängt dann vorzüglich von der Art des Gegenstandes (Verderblichkeit, Preisschwankungen) und von der Beleihungsgrenze ab, d. h. von dem Prozent des taxierten Wertes, bis zu dem das Pfand beliehen wird. Ist der Gegenstand, an dem ein Pfandrecht eingeräumt wird, ein Immobil (Haus, Grundstück), so heißt der K. Hypothekarkredit oder Immobiliarkredit. Auch wird als Immobiliarkredit oder Bodenkredit schlechthin der zur Förderung der Bodenwirtschaft, bez. zur Beschaffung von Anlage- und Meliorationskapital genommene K. bezeichnet. Dem Hypothekarkredit, bei dem das Pfand im Besitz des Schuldners bleibt, steht der Faustpfandkredit gegenüber, bei dem der verpfändete Gegenstand beweglich ist und in den Gewahrsam des Gläubigers übergeht. Eine Mittelstellung zwischen beiden nimmt der auf Lagerscheine (s. d.) gewährte K. ein, bei dem das bewegliche Pfand der Verfügung des Eigentümers entzogen ist. Der Faustpfandkredit (auf Waren, Effekten, Edelmetalle; vgl. Lombard) ist Mobiliarkredit. Letzterer dient vorzüglich zur Beschaffung von Betriebskapital, vornehmlich bei Handelsgeschäften. Bei den meisten Kreditierungen, insbes. des Geschäfts- und Handelsverkehrs (Handelskredit), steht die Person und ihre wirtschaftliche Lage im Vordergrund, während die übrigen Stützmittel des Kredits nicht in Anwendung kommen.

Kreditgewährungen kommen auf jeder gesellschaftlichen Entwickelungsstufe vor. Dies beruht darauf, daß oft Leistung und Gegenleistung überhaupt nicht Zug um Zug erfolgen können (längere Produktions- oder Genußdauer, Versendungen auf größere Entfernungen etc.). Seine volle Wirksamkeit entfaltet der K. freilich erst bei fortgeschrittenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Seine volkswirtschaftliche Bedeutung liegt darin, daß er Güter und Kapitalien in die Hände von Personen zu übertragen gestattet, die sie nutzbringender verwenden können als die bisherigen Eigentümer, ferner, daß er die Möglichkeit eröffnet, Defizits und Überschüsse in Raum und Zeit zu begleichen, Kräfte, Kapitalien und Befriedigungsmittel in angemessener Weise zeitlich zu verteilen und damit einen planvollen Zusammenhang aller wirtschaftlichen Maßregeln zu erzielen. Er ist eine wesentliche Bedingung eines geordneten, ununterbrochenen Tauschverkehrs und fördert eine bessere Ausnutzung vorhandener Kräfte und Mittel, indem er Konzentrierungen kleiner Kapitalteile und die Bildung großer, an den Produktionskosten sparender Unternehmungen ermöglicht. Während er zum Sparen anregt und die Bildung arbeitsfreien [⇐614] [615⇒] Einkommens erleichtert, erweitert er den Spielraum der Spekulation, mindert die Schwierigkeiten, Form und Umfang der Unternehmungen dem jeweiligen Bedarf anzupassen, und gestattet erhebliche Ersparungen an Arbeit (z. B. bei Abrechnungen und beim Giroverkehr) und Kapital (Münzwesen). Infolge dieser wirtschaftlich günstigen Wirkungen des Kredits bildet sich mit Entwickelung der wirtschaftlichen Kultur auch die sogen. Kreditwirtschaft aus, d. h. der Zustand der Volkswirtschaft, bei dem verhältnismäßig viel Kreditierungen vorkommen und insbes. der Warenumsatz häufig ohne direkte Vermittelung des Metallgeldes durch Abrechnung und Überweisung etc. erfolgt.

So vorteilhaft der richtig gebrauchte K. für die Volkswirtschaft ist, so naheliegend sind die Gefahren des Mißbrauches. Er verstärkt die Macht des wirtschaftlich Starken, den er in die Lage setzt, neben dem eignen auch über fremdes Kapital zu verfügen und in noch höherm Grad auf den wirtschaftlich Schwachen zu drücken; er verleitet zu unüberlegten Ausgaben, zu zweifelhaften Unternehmungen, er gibt Gelegenheit zu schwindelhaften Gründungen und betrügerischen Manipulationen, zu Ausbeutung und Wucher. Der K. kann demnach die Wirtschaftlichkeit von Gläubiger und Schuldner untergraben; zum Teil ist es schwer, wirtschaftlichen Kreditbedarf und Kreditwürdigkeit genau zu bemessen, teils auch stehen menschliche Schwäche, Mangel an Personal- und Sachkenntnis, Eigennutz und Böswilligkeit einer gedeihlichen Entwickelung der Kreditverhältnisse im Wege. Zunächst wirken diese Ursachen schädlich für die Beteiligten. Die weitere Wirkung ist aber die, daß nicht allein, wenn ungesunde Kreditierungen in größerer Zahl vorkommen, das allgemeine Vertrauen erschüttert wird, sondern, daß auch Kapital und Arbeitskräfte brachgelegt und bereits vorhandene Kapitalien und geschaffene wirtschaftliche Anstalten vernichtet werden. Alsdann führt der K., statt zu planmäßiger Verknüpfung wirtschaftlicher Erscheinungen in Raum und Zeit, zu Stockung und Unordnung in Gewerbe und Haushalt (so insbes. bei der ungesunden Borgwirtschaft im kleinen Verkehr) und nicht selten zu bedenklichen Erschütterungen der ganzen Volkswirtschaft, zu Krach und Handelskrisen (s. d.).

Mittel zur Beseitigung dieser Übelstände und zur Minderung ihrer Wirkung sind eine gedeihliche Organisation des Kredits, Anstalten, welche die Prüfung der Kreditwürdigkeit erleichtern, die Barzahlung fördern und gegen drohende Verluste sichern, wie die Schutzgemeinschaften (s. d.), die Auskunftsbureaus (s. Auskunft), die unter dem Namen Kreditreform neuerdings gebildeten Vereine (vgl. Kreditreformvereine), die es sich zur Aufgabe gestellt haben, auf dem Wege des Mahnverfahrens Außenstände von schlechten Schuldnern einzuziehen und Auskunft über die Kreditwürdigkeit an Mitglieder zu erteilen, die Gewährung von Rabatt bei Barzahlung (vgl. Rabattsparanstalt) etc., sodann eine gute Ordnung des Kreditrechts, das einerseits den Gläubiger durch schleunige Erledigung der Schuldklagen, schnelle Durchführung von Zwangsvollstreckungen etc. sichert, anderseits den Schuldner gegen Ausbeutung durch den Gläubiger schützt (vgl. Wucher). Allerdings werden alle Kreditreformbestrebungen nur geringen Erfolg haben, wenn nicht eine tüchtige Erziehung zu sittlich-wirtschaftlicher Kraft mit ihnen Hand in Hand geht. Über den gewerblichen K. s. die Artikel »Crédit mobilier« und »Genossenschaften«, S. 573, über den landwirtschaftlichen K. den folgenden Artikel. Vgl. Nebenius, Der öffentliche K. (Karlsr. 1820, 2. Aufl. 1829); Knies, Geld und K. (Berl. 1876–79, 2 Bde.); Lexis, Artikel K. im »Handwörterbuch der Staatswissenschaft«, Bd. 5 (2. Aufl., Jena 1900); v. Komorzynski, Die nationalökonomische Lehre vom K. (Innsbr. 1903).

In der Finanzverwaltung bezeichnet man mit K. die dem Finanzministerium gesetzlich gegebene Vollmacht, für bestimmte Verwaltungsmaßregeln, deren Kosten nur annähernd veranschlagt werden konnten, Summen bis zu einer vom Budget bestimmten Höhe aus den Einnahmen zu bewilligen. [⇐615]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 614-615.
Lizenz: Gemeinfrei
Verweise:

Offener Kredit, Offener Wechsel, soviel wie Blankokredit, Blankowechsel (s. d.).

Crēdit (lat., Mehrzahl credunt), s. Debet.

Kredittaxe (Sicherheitstaxe), s. Güterabschätzung.

Landeskreditkassen, s. Kredit, landwirtschaftlicher, S. 616, und Landschaften.

Kreditgenossenschaften, s. Genossenschaften, S. 573.

Landwirtschaftlicher Kredit, s. Kredit, landwirtschaftlicher.

Kredithypothek, auch Kautionshypothek genannt, s. Hypothek, S. 716.

Kreditwesen (Debitwesen), soviel wie Konkurs.

Bodenkreditbanken, soviel wie Hypothekenbanken (s. Banken, S. 340).

Grundkreditbanken, soviel wie Hypothekenbanken (s. Banken, S. 340).

Landwirtschaftliche Kreditvereine, s. Landschaften.

Kreditmasse, soviel wie Konkursmasse; s. Konkurs.

Steuerkredit, s. Steuern, S. 16, vgl. auch Zölle.

Landwirtschaftliche Grundkreditanstalten, s. Kredit, landwirtschaftlicher, S. 616.

Konsumtionskredit (Konsumtivkredit), s. Kredit.

Kreditorenverband, s. Kreditreformvereine.

Österreichische Bodenkreditanstalt, s. Banken, S. 346.

Kreditverleumdung, s. Kreditgefährdung.

Credĭtor (lat.), der Gläubiger.

Kreditkrisen, s. Handelskrisen, S. 733.

Staatskreditzettel, s. Schatzscheine.

Kreditwirtschaft, s. Kredit, S. 615.

Mobĭlĭarkredit, s. Kredit.

Immobilĭarkredit, s. Kredit.

Personalkredit, s. Kredit, S. 614.

Realkredit (lat.), s. Kredit.

Krediterkundigung, s. Auskunft.

Produktivkredit, s. Kredit.

Zollkredit, s. Zölle, S. 980.

Kreditbanken, s. Banken, S. 340.

Kreditgeld, s. Zeichengeld.

Kreditlisten, s. Banken, S. 339.

Credīt, s. Kredit.

Faksimile
Faksimile
Faksimile
Faksimile
Faksimile

[509⇒] Credit, das Vertrauen auf den guten Willen u. die Fähigkeit eines Anderen, die Verbindlichkeiten, welche er durch Abschluß eines gegenwärtigen Geschäftes für die Zukunft übernommen hat, seiner Zeit zu erfüllen. Jedes Geschäft beruht auf einem Austausch von Leistungen. Mögen diese nun in [⇐509] [510⇒] Waare, Geld od. Arbeit (Diensten) bestehen; immer steht der Leistung des Einen, welcher die Waare, das Geld od. die Arbeitskraft besitzt u. sie zur Nutzung einem Anderen überläßt, die Leistung dieses Anderen gegenüber. Gibt nun der eine Theil (Verkäufer) ein Besitzthum in die Hände eines. Anderen u. empfängt von diesem (Käufer) statt des Äquivalentes selbst nur das Versprechen, daß er zu einer gewissen Zeit für die Gegenleistung sorgen werde, so ist der verkaufende Theil Creditgeber, der kaufende Creditnehmer. A) Privatcredit. Im kaufmännischen Verkehr besteht die Leistung des Creditgebers gewöhnlich in Waaren, die Gegenleistung in Geld, welches der Creditnehmer durch Verwerthung der Waare mit Gewinn angesammelt hat. Der C., welchen der Verkäufer dabei gewährt, ist in den meisten Fällen ein persönlicher, Personalcredit, d.h. er beruhtlediglich auf dem Glauben an die Absicht des Käufers, zu bestimmter Zeit Zahlung zu leisten, u. an die Fähigkeit desselben, daß er das ihm anvertraute Gut productiv verwerthen, also durch weiteren Umtausch desselben ein Capital, einen Überschuß über die bedungene Kaufsumme, gewinnen werde. Anders ist es, wenn Geld gegen Geld getauscht wird, so daß der Creditnehmer die Verpflichtung übernimmt, das ihm anvertraute Capital zu einer gewissen Zeit mit Vergütung für die productive Nutzung desselben (Zins) zurückzuzahlen. Alsdann fordert der Creditgeber fast immer größere Sicherheit als die des Personalcredits, denn einmal läuft baares Geld in der Hand eines Dritten größere Gefahr unproductiv verwendet zu werden, als eine Waare; anderntheils hat es vor der Waare darin einen Vorzug, daß es gegen jede Waare jederzeit getauscht werden kann. Dieser Vorzug muß durch die größere Sicherheit aufgewogen werden; die Sicherheit kann nun vermehrt werden dadurch, daß der Creditnehmer einen Schuldschein ausstellt u. auf diese Weise dem Gläubiger die Verfolgung seiner Ansprüche vor Gericht erleichtert; od. daß er Bürgen beibringt, die mit ihrem Personalcredit für die Zahlung haften. Wirkliche Sicherheit erreicht indeß der Creditgeber erst dadurch, daß ihm der Schuldner ein Gut von entsprechendem Werthe verpfändet. In diesem Falle gewährt er einen Realcredit. Der Realcredit wird entweder auf Mobiliarvermögen als Waaren (Mobiliarcredit, Crédit mobilier, Lombard) u. Werthpapiere (deren Werth freilich auch wieder auf dem C. dritter Personen beruhen kann), od. auf Immobiliarvermögen (Bodencredit, Crédit foncier, Hypothek) gewährt. Indem der C. auch demjenigen, welcher kein disponibles Vermögen, dagegen Talent u. Arbeitskraft besitzt, die Möglichkeit gewährt, durch Production ein Capital anzusammeln, während sich zugleich das Capital des Creditgebers vermehrt, ist er im Güterleben ein wesentlicher Factor zur Vermehrung der Production u. des nationalen Reichthums. Die Größe des C., welchen der Einzelne genießt, u. die Leichtigkeit, mit welcher von Seiten der Capitalisten C. gewährt wird, ist von mancherlei, theils persönlichen, theils öffentlichen Verhältnissen abhängig. Der Preis (Zins), welcher für den Genuß des C. gewährt wird, ist daher auch nicht unter allen Umständen derselbe, sondern richtet sich nach der Größe der Sicherheit, mit welcher der Creditgeber auf die Gegenleistung rechnen kann. Der moralische Charakter des Schuldners, dessen geschäftliche Tüchtigkeit, die größere od. geringere Möglichkeit, sein Besitzthum in Geld umzuwandeln, werden dabei hinsichtlich der Person in Anschlag gebracht; dann aber kommen die öffentlichen Zustände in Betracht, zunächst die Sicherheit der Rechtszustände, die Größe des Schutzes, welche die Gesetze dem Gläubiger gewähren, die Festigkeit der bestehenden Staatsregierung, kriegerische Eventualitäten, die allgemeinen Handelsverhältnisse, kurz alle Umstände, welche für einzelne Handelszweige od. den Gesammtverkehr Stockungen herbeiführen u. für den Gläubiger die Gefahr vermehren können, einen Theil seines Capitals od. das ganze zu verlieren. Der natürlichen Entwickelung des C. nach den Gesetzen des Angebots u. der Nachfrage gegenüber stehen die sogenannten Wuchergesetze, welche den Creditgeber auf ein Zinsmaximum beschränken; diese Beschränkung hemmt zugleich den Unternehmungsgeist derjenigen Producenten, welche ohne Gefahr einen höheren Zins als den landesüblichen zu gewähren im Stande sein würden, nun aber vergebens C. suchen, da die Capitalisten entweder größere Sicherheit verlangen od. auch durch Geldoperationen anderer Art ihr Capital besser verwerthen können. Die Unzweckmäßigkeit der Beschränkung des Zinsfußes im kaufmännischen Verkehr, wo Capitalien in kürzeren Zeiträumen umgesetzt werden, führte zu der Gestattung von Ausnahmen. Es werden nämlich durch den C. die Creditpapiere geschaffen, Scheine, welche ein Schuldbekenntniß enthalten u. von dem ersten Besitzer an andere übertragen werden können; derjenige, welcher statt baaren Geldes ein Creditpapier annimmt, bringt von dem Betrage der Summe die Zinsen bis zu dem Tage in Abzug, an welchem die Zahlung fällig ist, d.h. das Papier in Geld verwandelt werden kann. Dieser Abzug heißt Disconto u. ist nicht dem landesüblichen Zinsfuß unterworfen, sondern seine Höhe geht aus der Natur der Handelsverhältnisse hervor; er steigt, wenn der C. im Allgemeinen durch mißliche Umstände bedroht ist, u. fällt, wenn die Gefahr nachläßt, denn im ersten Falle zieht sich das Capital vom Markte zurück, weil die Furcht vor Verlust vorherrscht, im zweiten drängt es sich wieder auf den Markt, weil die Hoffnung auf Gewinn dazu anreizt. Bei fortdauernder Steigerung des Disconto tritt endlich eine völlige Creditkrisis ein, d.h. es setzt sich kein Capitalinhaber mehr der Gefahr aus, durch Discontiren um sein Capital zu kommen, u. die Creditpapiere des Landes od. Handelsplatzes, über welchen Krisis hereingebrochen ist, verlieren ihre Fähigkeit statt des baaren Geldes als Umlaufsmittel zu dienen. Die gewöhnlichste Form, in welcher Creditpapiere umlaufen, ist die des Wechsels (s.d.) u. des Privat- u. Staatspapiergeldes, welches au porteur lautend, unverzinslich u. jeder Zeit einlösbar nach dem Nennwerthe in Zahlung genommen wird, so lange die Einlösbarkeit nicht angezweifelt ist, od. wirklich für längere od. kürzere Zeit der Schuldner (Staat od. Bank) die Einlösung desselben verweigert (vgl. Papiergeld). Andere Creditpapiere, welche aber nicht im kaufmännischen Verkehr circuliren, sondern nur an der Börse (s.d.) umgesetzt werden, sind die Staatspapiere (s.d.), Pfandbriefe u. Actien (s.d.) ...

B) Öffenlicher od. Staatscredit. Ähnlich wie mit dem Privatcredit verhältes sich mit dem öffentlichen od. Staatscredit. Ist ein Staat genöthigt, Schulden zu machen, umgegenwärtige Ausgaben [⇐510][511⇒] dadurch, daß er zukünftige Einnahmen vorweg nimmt, zu decken, so geschieht dies in neuerer Zeit gewöhnlich auf dem Wege der Anleihe (s. Staatsanleihen). Der Procentsatz richtet sich dabei lediglich nach der Größe des Vertrauens, welches die Creditgeber auf den guten Willen u. die Fähigkeit des Staates setzen, die von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Man hat dabei aber wohl zu unterscheiden, ob die Anleihen zu productiven Unternehmungen, als Eisenbahnen, Kanalbauten, Telegraphenlinien u. dergl., contrahirt werden; od. ob sie zur Deckung von Kriegsbedürfnissen dienen, also der Productivität entbehren. Nur im letzteren Falle ist der Staat als Staat Creditnehmer, im ersteren beansprucht er einen Privatcredit, wie jede Handelsgesellschaft, u. gewährt wie diese für das Capital die Garantie in der productiven Anlage desselben. Von allen Grundlagen, auf denen der Privatcredit basirt ist, fehlt dem Staatscredit eine sehr wesentliche, nämlich die Möglichkeit, Zwangsmittel gegen den übelwollenden Schuldner anzuwenden. Es fällt also das Vertrauen auf den guten Willen des Schuldners bei dem Staate um so viel schwerer ins Gewicht, als jener Rückhalt fehlt, u. der Staat, welcher einmal dies Vertrauen getäuscht hat, wird große Anstrengungen machen müssen, um den verlorenen C. wieder aufzurichten. In zweiter Linie steht das Vertrauen auf die Fähigkeit des Staates, seinen Verpflichtungen nachzukommen; dies richtet sich nach der Verwaltung des Staatshaushaltes, nach der Steuerfähigkeit seiner Angehörigen, nach der Festigkeit seiner politischen Einrichtungen u. nach der Möglichkeit, über die Finanzlage desselben zuverlässige Auskunft zu erhalten. Aus diesem Grunde ist im Allgemeinen der C. jener Staaten höher, deren Regierungen von der öffentlichen Meinung, von der Presse u. der Volksvertretung controlirt werden. Der C. der einzelnen Staaten ist ein sehr verschiedener, u. auch zu verschiedenen Zeiten hat ein u. derselbe Staat, je nach seiner politischen u. finanziellen Lage, für Anleihen sehr verschiedene Procente zugestehen müssen. Zwar pflegt man die Höhe dieser Procente dadurch zu vertuschen, daß man nominell nur einen geringen Zinsfuß zugesteht, aber indem der Staat für seine Schuldverschreibungen von 100 Wertheinheiten eine oft viel niedrigere Summe von den Übernehmern der Anleihe empfängt, zahlt er factisch einen höheren Zins. So mußte die französische Regierung 1816 für ihre Anleihe 83/4 Procent gewähren, indem sie für 100 Frcs. 5 Proc. Rente nur 57,40 empfing. Im Jahre 1821 hatte sich ihr C. so gehoben, daß sie nur noch 5,81 Proc. zu geben brauchte, ja 1830, vor der Julirevolution, konnte sie die 4 Proc. Rente zu 102,70 machen, gab also nur 3,92 Proc. Der Curs der Staatspapiere gewährt den Maßstab für den C. des Staates u. für die Höhe der Procente, die er im Fall einer neuen Anleihe zugestehen muß. Man sollte nun glauben, daß mit dem Wachsthum der Schuldenlast sich auch der C. des Staates vermindern müsse, weil die Möglichkeit der Rückzahlung eine geringere wird; dies ist indeß keineswegs der Fall, es fragt sich vielmehr lediglich, ob die Angehörigen des Staates, vermöge ihres Wohlstandes fähig sind, die durch neue Anleihen bedingte Vermehrung der Steuern zu ertragen. Noch unterscheidet sich der Staatscredit vom Privatcredit dadurch, daß er in der Regel auf eine geraume, ja auf ewige Zeit gewährt wird, auch von dem Creditgeber nicht einseitig zurückgezogen werden kann u. nur zum geringsten Theil zurückgezogen wird, wenn der Staat bei den sogenannten Conversionen seinen Gläubigern das Recht der Rückforderung zugesteht. Der Staat bietet dem Capitalisten, welcher ihm Gelder leiht, eine sichere Rente u. überhebt ihn der Mühe für die Placirung seiner Capitale zu sorgen; während beim Privatcredit der Gläubiger leicht in den Fall kommt, für eine neue Verwendung seiner Baarmittel sich zu bemühen, wenn der Schuldner dieselben zurückzahlt. Die Capitalanlage in Staatspapieren ist daher in vielen Fällen wünschenswerther, abgesehen davon, daß eine Verwandlung derselben in baares Geld leicht durch den Verkauf an der Börse realisirt werden kann. Daher concurrirt der Staatscredit stets mit dem Privatcredit u. zwar in einer für diesen u. damit für das wirthschaftliche Gedeihen des Volkes nachtheiligen Weise; denn indem den Privaten das Capital entzogen wird, welches der Staat in Anspruch nimmt, wird der Unternehmungsgeist beschränkt, die Productivität gehemmt u. damit der Aufschwung des nationalen Wohlstandes niedergehalten. Es ist dabei ziemlich gleichbedeutend, ob der Staat im Inlande od. im Auslande C. sucht, denn durch den internationalen Verkehr findet rasch eine Ausgleichung statt, wenn auch für den Augenblick der Privatindustrie des Inlandes keine Capitalien entzogen werden.

C) Geschichte. Im frühesten Alterthume u. überhaupt da, wo nur Tauschhandel bestand, kommt der C. nicht vor. Erst mit der Entstehung u. Anhäufung des Capitals in einzelnen Händen u. mit der Festsetzung gesetzlicher Bestimmungen für den Handel in einzelnen Staaten, anderntheils mit der Ausbreitung des Handels u. der Ordnung der internationalen Verhältnisse bildete u. erweiterte sich auch das Creditwesen. In Griechenland war z.B. der C. gering, doch besaßen ihn große Handelshäuser in allen griechischen Staaten u. konnten Geld auf ihre Namen aufnehmen; dagegen waren wieder einzelne Staaten u. Städte, wie z.B. die Bewohner der Stadt Phaselis in Pamphylien, als unzuverlässig verrufen u. bekamen keinen C. Fehlendes Vertrauen ersetzte in Athen die Bürgschaft, die gesetzlich auf 1 Jahr gültig war. Dem C. waren in Athen die Schuldgesetze nicht förderlich, deren Strenge gegen den Creditnehmer sich auf die Meinung gründete, daß der Handel von den Creditgebern ausgehe, ohne welche kein Fahrzeug, kein Schiffer, kein Reisender abgehen könne, nicht aber von dem Borgenden. Bei den Römern spielte der C. im Handelsverkehr eine sehr untergeordnete Rolle u. hatte fast lediglich locale Bedeutung. Strenge Schuldgesetze hinderten das Creditnehmen, u. das Ausleihen von Geldern gegen Zins galt für ein so verächtliches Geschäft, daß der Diebstahl dagegen weniger sträflich geachtet wurde. Auch das Mittelalter kannte einen nur localen C., welcher theils persönlicher Natur, theils gegen Bürgschaft od. Faustpfand gewährt wurde. Erst als gegen Ende des Mittelalters die Schifffahrt der seemächtigen Republiken Italiens, der Niederländer u. der deutschen Hansa den Handel zur Blüthe brachten, indem der Waarenaustausch auch entfernter Länder dadurch erleichtert wurde, stellte sich allmälig die Nothwendigkeit des Creditgebens ein. Der Schutz, den die Städte genossen, die strengere Handhabung der Landesgesetze u. humanere [⇐511] [512⇒] Grundsätze in Bezug auf das Schuldenwesen förderten die Erweiterung des kaufmännischen C-s. Als das Metallgeld nicht mehr zur Vermittelung der Geschäfte ausreichte, auch wegen der Übelstände, welche durch den Mißbrauch des Münzrechtes von Zeit zu Zeit entstanden, namentlich im internationalen Verkehr als Umlaufsmittel keinen ausreichenden Dienst thun wollte, wurden die Creditpapiere u. zwar zunächst der Wechsel als Stellvertreter des Geldes erfunden. Zugleich bildete sich eine eigene Klasse von Geschäftsleuten aus, welche sich lediglich damit befaßten, gegen eine bestimmte Vergütung demjenigen C. zu gewähren, der desselben zum Betriebe seines Geschäftes bedürftig war u. in seiner Person od. durch Faustpfänder die nöthigen Garantien bot. Als die Capitale der einzelnen Creditgeber nicht mehr zur Befriedigung des Bedürfnisses ausreichten, traten mehrere derselben zur gemeinsamen Tragung des Risicos zusammen, u. es entstanden auf solche Weise die Lombardbanken zu Unterstützung des Mobiliarcredits u. die Hypothekenbanken zur Unterstützung des Bodencredits. Mit dem Bankwesen entwickelte u. erweiterte sich auch der C. (s. Bank.). Das umlaufende Capital vermehrte sich durch die Schöpfung neuer Creditpapiere, der Banknoten u. des Staatspapiergeldes. Der Staat, wenn er auch schon gegen Ende des Mittelalters als Creditnehmer erscheint (die älteste Rente Frankreichs wurde 1375 von Karl V. gegründet), benutzte erst im 17. u. 18. Jahrh. seinen C. in ausgedehnterer Weise, um Schulden zu contrahiren. Bei den alten Völkern half sich der Staat in finanziellen Verlegenheiten durch Gewaltmaßregeln, indem er in Feindes Land od. auch die eigenen Angehörigen brandschatzte. Diesen Brauch kannte auch das frühe Mittelalter, später erscheinen die Fürsten oft als persönliche Schuldner von Creditgebern, ohne daß diese einen Regreß an den Staat selbst hatten. Die modernen Staaten fanden ein Auskunftsmittel darin, daß sie bei gegenwärtigem Geldbedürfniß Anweisungen auf zukünftige Einnahmen (Schatzscheine, Tresorscheine, Exequer bills, Bons du trésor) ausstellten, welche, sobald der Betrag fällig geworden war, mit Zinsvergütung angenommen wurden. Später wurde das unverzinsliche Papiergeld creirt. Der Aufschwung, welchen die Industrie in Folge der großartigen Erfindungen des 19. Jahrh. nahm, erheischte abermals eine Erweiterung des C-s, denn nur durch diesen wurde dem Talente die Möglichkeitgewährt, bei mangelndem Capitale Entdeckungen auf dem Gebiete der Technik zu nutzen u. seine Arbeitskraft productiv zu machen. Der Capitalist aber gewann, indem er der industriellen Thätigkeit seine disponiblen Fonds zuwandte, einen höheren Zins als bei der Veranlagung derselben in Hypotheken od. Staatspapieren. Je leichter indeß das Capital den industriellen Unternehmungen zuströmte, um so größer mußte der Anreiz zur Speculation werden, bis endlich die Production an verschiedenen Stellen u. in verschiedenen Industriezweigen eine Höhe erreichte, die dem Bedürfniß der Consumenten nicht mehr entsprach. Zugleich wurden von den Creditnehmern immer größere Summen an gewagte Speculationen gesetzt, welche beim Fehlschlagen den Creditgeber um sein Capital brachten. So führte die allzugroße Ausdehnung des persönlichen C-s im Laufe der Zeit mehrere Male zu zahlreichen Bankerotten, indem bei der engen Verbindung, welche der Wechsel zwischen den einzelnen Handeltreibenden begründet, der Sturz eines Speculanten eine ganze Reihe anderer nach sich zog. Dieser Ausartung des Handels in schwindelhafte Speculationsgeschäfte, welche in keinem Verhältnisse zu dem Capitale stehen, auf welches der C. schließlich basirt ist, wurde in neuester Zeit namentlich in Amerika durch die sich ungemein rasch vermehrenden Creditanstalten ein großer Vorschub geleistet. Schon 1838 brach deshalb in den Vereinigten Staaten eine förmliche Creditkrisis aus, deren Wirkungen auch in Europa an den größeren Exportplätzen verspürt wurden. Das allmälige Verschwinden des C-s kündigte sich auf der Börse durch Erhöhung des Disconto an, diese Erhöhung selbst war wieder eine Folge der Verminderung des Capitals auf dem Geldmarkte u. der dadurch gesteigerten Nachfrage nach baarem Gelde. Solche drohenden Anzeichen treten mitunter früh genug ein, um den Unternehmungsgeist zurückzuschrecken, so daß der C. sich nach einiger Zeit wieder erholen kann, wenn die Furcht vor Verlusten in größerem Umfange verschwunden ist; ist dies nicht der Fall, so endigt der Zustand mit völliger Creditlosigkeit, wie dies 1857 zuerst abermals in den Haupthandelsplätzen Amerikas, dann als Folge davon auch in Hamburg u. Kopenhagen der Fall war, nachdem Schottland u. England nur mit großen Anstrengungen den C. aufrecht erhalten hatten. Als die Erschütterung vorüber war, welche gewaltsam in die Vermögensverhältnisse der Creditgeber eingriff u. die unsoliden Glieder aus der Kette des Weltverkehrs ausschied, die Creditnehmer aber zu der Vorsicht mahnte, ihrem C. keine größeren Dimensionen zu geben, als es ihr Geschäftsfond gestattete, kehrte der C. nach u. nach u. verhältnißmäßig sehr rasch wieder zurück. Der Disconto, welcher Mitte December 1857 an den wichtigsten europäischen Börsen auf 9–10 Procent gestiegen war, sank daher bis Mitte Januar 1858 aus die normale Höhe von 4–3 Procent herab Die Staatsregierungen haben zu wiederholten Malen bei dem Ausbruche von Creditkrisen, namentlich wenn sie die Existenz der größeren u. privilegirten Creditanstalten bedrohten, zu exceptionellen Maßregeln ihre Zuflucht genommen. Dahin gehören die General- u. Specialmoratorien, welche die Zahlungsverbindlichkeit des ganzen Handelsstandes od. einzelner Handelshäuser für einen bestimmten Zeitraum suspendiren, die Aufhebung einzelner gesetzlicher Bestimmungen zu Gunsten der Schuldner, die Ausdehnung der Befugnisse von Banken zur Notenausgabe, die Vermehrung des Staatspapiergeldes u. desgl. Noch im Jahre 1857 ging die Stadt Lübeck so weit, den §. 29 der deutschen Wechselordnung einseitig außer Kraft zu setzen. Alle diese Operationen haben sich theils als unzulänglich erwiesen, theils verletzen sie die Interessen der Einen um den Vortheil der Anderen zu wahren, ja sie machen den Schutzder Gesetze, auf welchen der C zum Theil basirt ist, illusorisch u. geben Veranlassung zu einer leichteren Wiederkehr der Calamität, indem sie die Furcht vor den Folgen leichtsinniger Speculation vermindern. Einen Entschuldigungsgrund finden derartige Maßregeln, wenn die Erschütterung des C-s nicht dem Handelsstande selbst, sondern äußeren Umständen, wie Krieg, Mißwachs u. dergl. zur Last fällt; aber sie verletzen das [⇐512][513⇒] Rechtsbewußtsein aufs Empfindlichste, wenn sie die Folgen der Überspeculation u. des Hazardspieles an der Börse abwenden sollen. Zwar wird auch mancher vorsichtige Geschäftsmann ohne Schuld in das allgemeine Verderben hineingezogen, aber es ist jedenfalls besser ihn fallen zu lassen, als die Gesetze anzutasten, damit in Zukunft dem C. die solide Grundlage erhalten bleibe. Auch finden sich noch andere Hülfsmittel, um die unverschuldet von der Krisis bedrohten Handlungshäuser zu stützen, wie dies 1857 in Hamburg durch die österreichische Anleihe u. die Herbeiziehung fremder Capitalien ermöglicht werden konnte. Vgl. Nebenius, Der öffentliche C. etc., 2. Aufl., Karlsr. 1829; Desforges, Nouveau mode de crédit public et privé etc., Antw. 1929; Szeeheni, Über den C., aus dem Ungarischen, Lpz. 1830; Dessewffy, Zergliederung des Werkes: Über den C., aus dem Ungarischen, Kaschau 1831; Ziehl, Unsere Creditverhältnisse u. die Creirung neuer Circulationsmittel, Aachen 1850; Bülow-Cummerow, Über die gegenwärtige allgemeine Creditlosigkeit u. über die Mittel sie gründlich zu beseitigen, ebd. 1850; Einige Worte an Herrn Bülow-Cummerow über seine neueste Broschüre, ebd. 1850; Cieskowski, Du crédit et de la circulation, 2. Ausg. Par. 1847; Horn, Das Creditwesen in Frankreich, 2. A. Lpz. 1857; Bodmer, Die Wirkungen der Creditpapiere, ebd. 1853. [⇐513]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 509-513.
Lizenz: Gemeinfrei
Verweise:

Credĭt (lat.), Bezeichnung für die Seite eines Conto, auf welchem das Guthaben des Contoinhabers steht.

Creditiren (v. lat.), 1) Einem Credit geben; 2) einen Posten gutschreiben.

Landschaftliche Creditinstitute, so v.w. Creditvereine, s. Creditanstalt 2).

In fraudem creditōrum (lat.), zum Schaden der Gläubiger.

Credĭtor (lat.), Gläubiger, s.d. und Concurs.

Staatscredit, s.u. Credit B) u. Anleihen.

Steuercreditkassenschein, s.u. Steuerschein.

Creditverein, s. Creditanstalt 2).

Zollcredit, s.u. Zoll S. 669.

Realcredit, s. u. Credit A).

Concreditiren (v. lat.), mit anvertrauen. Daher Concreditoren, Mitgläubiger.

Creditverein, ist auch so v.w. Vorschußverein.

Creditmasse, so v.w. Concursmasse.

Faksimile

[232⇒] Credit, im Verkehre das Vertrauen auf die Rechtlichkeit eines Andern. Oeffentlicher C. oder Staats-C., das Vertrauen auf den Willen u. die Fähigkeit eines Staats, die eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen. C.anstalten, Anstalten, welche Geld gegen verschiedene Sicherheit ausleihen; C.verein, Verein von Grundbesitzern zu einer Corporation, welche als Gesammtheit Darlehen aufnimmt, für Capital und Zins haftet, und so für den einzelnen die Capitalaufnahme vermittelt. [⇐232]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 232.
Lizenz: Gemeinfrei
Verweise:

Creditiren, jemand Waaren oder Geld anvertrauen.

Concreditiren, lat., mitanvertrauen; Concreditor, Mitgläubiger.

Creditor, der Gläubiger.

Siehe auch:
Faksimile
Faksimile

[483⇒] Credit heißt im Geschäftsleben der Glaube und das Zutrauen zu Jemand, daß er seine Verbindlichkeiten pünktlich erfüllen, z.B. ihm anvertraute Waaren zu festgesetzter Zeit bezahlen werde, und von Dem, welcher sich eines solchen Zutrauens erfreut, sagt man: er hat Credit. Dieser gründet sich theils auf die Voraussetzung, daß der Schuldner den guten Willen habe, seinen Verpflichtungen nachzukommen, theils auf den Glauben, daß er auch die Fähigkeit dazu besitze, und endlich auf die Gewißheit, daß er nöthigenfalls zur Erfüllung seiner Versprechungen mit Erfolg und Schnelligkeit gerichtlich gezwungen werden könne. Ohne Credit würde der Handel in seiner jetzigen Ausdehnung gar nicht bestehen können; denn wollte ein Kaufmann nur für den Betrag seines baaren Vermögens Geschäfte machen, so würde er sich selbst bei ansehnlichen Mitteln in seinen Unternehmungen sehr beschränken müssen. Hätte er z.B. 100,000 Thlr. und müßte diese, um amerik. und ostind. Waaren dafür einzukaufen, nach Amerika und Ostindien transportiren, bevor er die Waaren erhalten könnte, so würde das nicht nur sehr umständlich, sondern auch sehr kostspielig und langwierig sein. Er würde sein Capital vielleicht zwei Jahre nicht weiter benutzen können, müßte natürlich die Zinsen sammt den größern Kosten auf die Waaren schlagen und außerdem einen ansehnlichen Gewinn davon nehmen, weil er in zwei Jahren sein Capital nur einmal umzusetzen vermöchte. Anstatt daher, wie jetzt, mit vielleicht drei und vier vom Hundert Gewinn zufrieden, würde er viermal so viel nehmen und also mit Kosten und Zinsen vielleicht um die Hälfte und noch mehr theurer verkaufen müssen, als jetzt, wo man ihm die Waaren auf ein halbes und ganzes Jahr anvertraut oder creditirt, und er also schon viel Geld daraus gelöst haben kann, wenn er sie bezahlen muß. Doch nicht blos der Kaufmann, auch der Landmann und der Gewerbtreibende überhaupt bedarf häufig des Credits, indem Beide mancherlei Auslagen zu machen haben, die sie nicht sofort wiederbekommen und zum Betrieb ihres Gewerbes vielerlei Material und Werkzeuge anschaffen müssen. Wie für den Privatmann, ist auch für den Staat der Credit von sehr hoher Bedeutung, und die Sorge, ihn zu erhalten und zu bewahren, gehört zu den heiligsten Pflichten der Regierung. Wenn sie keinen Credit hat, so wird sie in vielen Fällen die Geldsummen, deren sie zur Erreichung wichtiger Zwecke dringend bedarf, [⇐483][484⇒] nicht herbeischaffen können und die heilsamsten und nützlichsten Unternehmungen wieder aufgeben müssen. Einem plötzlich im Lande entstandenen Mangel an baarem Gelde läßt sich z.B. oft nicht anders abhelfen, seinen nachtheiligen Folgen für den Verkehr nicht anders vorbeugen, als durch Einführung von sogenanntem Papiergelde oder Erhebung einer Anleihe (s.d.), was aber nur dann und nur in dem Maße geschehen kann, als der Staat Credit besitzt.

Im Allgemeinen sind ein wohlgeordneter Rechtszustand, besonders eine tüchtige Proceß-, Concurs- und Hypothekenordnung, Lebhaftigkeit des Verkehrs und günstige Lage des Landes für Handel und Industrie, Intelligenz, Arbeitsamkeit und Sparsamkeit der Bewohner, eine aufgeklärte, die Interessen des Volks mit Liebe umfassende Verwaltung, gleiche Vertheilung der Abgaben und zweckmäßige Erhebung derselben, Redlichkeit, Offenheit und Sparsamkeit im Staatshaushalte die besten Beförderungsmittel des Credits. Doch ist man demselben häufig noch durch besondere Einrichtungen zu Hülfe gekommen, hat zur Belebung desselben mehr oder weniger zweckmäßige Vorschläge gemacht, und in Bezug darauf sind die Wechsel-, die Bank- und die Versicherungsanstalten (s.d.) von Belang. Man nennt daher Creditsystem jede Einrichtung, welche von einer Gemeinheit oder mehren Gemeinheiten oder von Regierungen zur Beförderung des Credits getroffen wird. Es werden darüber bestimmte Grundsätze öffentlich bekannt gemacht, und in der Regel tritt die ganze Gemeinheit mit ihrem sämmtlichen Vermögen als Schuldnerin ein, wodurch jeder einzelne Gläubiger seine Foderung mehr als nöthig gedeckt sieht und zugleich aus dem moralischen Charakter der Gemeinheit die Überzeugung herleitet, daß sie die übernommene Gesammtverbindlichkeit treu erfüllen werde. Der höchste Grad der Sicherheit wird dann erreicht, wenn der volle Werth der Schuld durch Hypothekenscheine, Pfandbriefe u.s.w. in die Gewalt des Gläubigers mit dem Rechte gegeben wird, sich davon nöthigenfalls bezahlt zu machen. Ein solches Creditsystem wurde 1770 von dem schles. Adel unter dem Namen der schles. Landschafts-Creditbank und in der Kur- und Neumark seit 1777 unter der Benennung kur- und neumärkisches ritterschaftliches Creditwerk mit kön. Genehmigung errichtet und auch mit gutem Erfolge in andern Ländern nachgeahmt. Die gesammte Landschaft läßt bei solchen Vereinen, wenn Jemand Geld borgen will, von ihren Abgeordneten dessen Güter abschätzen, worauf sie dann gestempelte Pfandbriefe bis auf eine gewisse Höhe des Güterwerths ausfertigen läßt, dagegen das Geld aufnimmt und Schuldnerin des Darleihers wird, welcher mit dem eigentlichen Schuldner nichts zu thun hat. Die Landschaft erhebt die Zinsen und läßt sie an den Inhaber der Pfandbriefe, welche wie Staatspapiere auf den Inhaber lauten, auszahlen und besorgt auch durch ihre Bevollmächtigten die Wiedereinlösung der Pfandbriefe. Auf ähnliche Weise können sich auch Creditvereine unter Kaufleuten, Gewerbtreibenden und andern Classen der Staatsbürger bilden, wenn ihnen solches die Regierung gestattet. Sie leisten dann wechselseitig mit ihrem beweglichen und unbeweglichen Vermögen Sicherheit und setzen auf Grund derselben einen angemessenen Werth in Papieren in Umlauf, welche vor den Staatspapieren noch den Vorzug haben, daß sie weniger von den politischen Conjuncturen abhängig sind. – Creditbriefe sind Schreiben, welche an ein Handelshaus oder eine Person den Auftrag enthalten, Jemandem auf Rechnung des Ausstellers Geld auszuzahlen. Ist die Summe nicht bestimmt, sondern dem Belieben des Inhabers überlassen, so nennt man sie offene. Sie sind besonders für weite Reisen sehr bequem und zweckmäßig, indem sie den lästigen und oft gefährlichen Transport des Geldes entbehrlich machen. Für Ausstellung desselben wird gewöhnlich dem Aussteller neben der Summe, auf welche sie lauten, noch ein gewisses Procent vergütet, welches nach den Ländern verschieden ist, wohin sie lauten. [⇐484]

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 483-484.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile

[1353⇒] Der Credīt, des -s, plur. car. aus dem Franz. Credit, und Ital. Credito, und dieß von dem Lat. credere, glauben. 1) Die Überredung anderer von unserer Glaubwürdigkeit, im gemeinen Leben. Seine Erzählungen finden bey mir keinen Credit, keinen Glauben. Ingleichen, die Überredung anderer von der echten Beschaffenheit einer Sache. Den Credit einer Waare zu erhalten suchen. 2) Besonders, die Überredung anderer von unserm Vermögen, das zu bezahlen, was wir schuldig sind. Der Mann hat guten Credit, man hat von seinem Vermögenszustande einen guten Begriff. Sein Credit hat sich verloren, ist gefallen. Seinen Credit erhalten. 3) In noch engerer Bedeutung, der Borg, oder die Handlung, da man in dieser Überredung einem andern sein Gut anvertrauet. Jemanden Credit geben, ihm Waaren borgen. Waaren auf Credit nehmen, geben. Er hat, oder findet überall Credit, jedermann borgt ihm gern. 4) Ansehen, Macht, überhaupt. Bey Hofe in großem Credit stehen. S. auch das folgende. [⇐1353]

Quelle: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1353-1354.
Lizenz: Gemeinfrei

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gustav Adolfs Page

Gustav Adolfs Page

Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.

42 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon