Sachsen [2]

[655] Sachsen, Königreich, zum Deutschen Bunde gehörig, an die preußischen Provinzen Sachsen u. Schlesien, an Böhmen, Baiern, Reuß, Sachsen-Weimar u. Sachsen-Altenburg grenzend, hat mit den Schönburgischen Herrschaften 2717/8 QM. Es ist größtentheils gebirgig; an der lausitzisch-böhmischen Grenze zieht sich der Wohlische Kamm hin u. von da zur Elbe das Elbsandsteingebirge, um die sogenannte Sächsische Schweiz (s.d.) zu bilden, von der Elbe aber südwestlich nach dem baierischen Fichtelgebirge hin das gleich jenem nach Süden zu steil abfallende Erzgebirge (s.d.), dessen höchster Punkt in S., der Fichtelberg bei Oberwiesenthal, 3720 Fuß hoch ansteigt. Als Vorberge ziehen sich mäßige Höhen nördlich bis nach Glauchau u. Strehla, unter welchen sich bes. der Colmberg u. Rochlitzer Berg auszeichnen. Flüsse: S-s Hauptstrom ist die aus Böhmen kommende schiffbare Elbe (s.d.), deren bedeutendste Nebenflüsse links u. zwar innerhalb des Landes sind: Gottleube, Müglitz, Weiseritz, Triebsche, Jahna u. Döllnitz, außerhalb des Landes mündend die Freiberger Mulde (mit der Gimlitz, Bobritzsch, Striegis, Zschopau u. Flöhe), die Zwickauer Mulde (mit dem Schwarzwasser u. der Chemnitz), u. die in die Saale mündende Elster (mit der Trieb, Gölzsch, Pleiße, Wyhra u. Parde); rechts aber die Sebnitz, Wesenitz u. außerhalb des Landes die Röder u. Pulsnitz durch die Schwarze Elster, u. die Spree (s.d.) nebst dem Löbauer Wasser. Die Neisse dagegen fließt der Oder zu. Seen[655] gibt es nicht, wohl aber viele Mineralwässer, von welchen die Bäder Elster, Berggießhübel, Hohenstein, Radeberg, Marienborn, Schandau, Tharandt, Wiesenbad u. Wolkenstein die besuchtesten sind. Das Klima der obern Gegenden des Erzgebirges ist zum Theil ziemlich rauh, am rauhesten in der Nähe des Fichtelberges (Sächsisch Sibirien, s.d.), die niedern Gegenden aber mild u. gesund. Das Mineralreich S-s bietet an Metallen Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Zinn, Wismuth, Kobalt, Arsenik u. Mangan, ferner Steinkohlen, Braunkohlen, Torf, Schmirgel, Farbenerden, Töpferthon, Porzellanerde, an Edelsteinen aber Achat, Amethyst, Granat, Hyacinth, Opal, Topas etc. Vom Pflanzenreich finden sich die gewöhnlichen Zuchtpflanzen, während Wald fast 1/4 des ganzen Landes bedeckt, ohne jedoch trotz der guten Forstcultur (hinsichtlich deren ist S. in 15 Forstbezirke getheilt) hinreichenden Holzbedarf zu gewähren, da das Hütten- u. Fabrikwesen so viel verzehrt. Der Ackerbau wurde seit 1848 durch zahlreiche (jetzt 156) Landwirthschaftliche Vereine gefördert, welche unter 5 Kreisvereinen stehen, deren oberste Spitze der Landesculturrath in Dresden ist; er erzeugt alle Arten von Getreide, wenn auch nicht hinreichend für das ganze Land, ferner Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen, Wicken), Kartoffeln (bes. im Gebirge), Rüben, Kraut, Kohl, Möhren, Karden, Flachs, Raps u. Rübsen, von Futterkräutern bes. Rothen Klee, auch etwas Tabak; der Obstbau ist bedeutend u. Weinbau wird auf dem niedern Elbgebirge getrieben (bes. bei Meißen u. Dresden). Auch die Viehzucht ist bedeutend; Pferde über 84,000 Stück (Landgestüt zu Moritzburg), Rindvieh 555,000 Stück, Schafe gegen 600,000 (worunter viele Merinos spanischer Abstammung, deren Zucht in S. zuerst regelmäßig getrieben u. von hier aus ins Ausland weit verbreitet wurde), Schweine 121,000, Ziegen 65,000, Esel 500 u. Hausgeflügel; erheblich ist auch die Bienenzucht u. die Fischerei in Deichen u. Flüssen, wobei auch der Perlenfischerei in der Elster zu gedetiken ist. An Wild gibt es Hirsche, Rehe, Füchse, viel Hafen (bes. bei Leipzig) u. Rebhühner, auch einiges Schwarzwildpret, viel Sing- u. mancherlei Raubvögel. Sehr wichtig ist der Bergbau, welcher ungefähr 12,600 Berg- u. Hüttenarbeiter beschäftigt u. jährlich über 2 Mill. Thlr. Ausbente gibt; für ihn bestehen 4 Bergämter, welche dem Freiberger Oberbergamt (u. dem dasigen Oberberghauptmann) untergeordnet sind; man gewinnt jährlich über 36,000 Pfd. Silber, 25,000 Ctnr. Blei, 2200 Ctnr. Zinn, 300 Ctnr. Kupfer, über 115,000 Ctnr. Eisen, 14,000 Ctnr. Arsenik (incl. Kies), 4800 Ctnr. Kobalt, 1300 Ctnr. Braunstein u. 70 Ctnr. Wismuth. Auf Silber wird bes. bei Freiberg, auf Zinn bei Altenberg u. auf Kobalt bei Schneeberg gebaut. Zum Hüttenwesen gehören das Amalgamirwerk bei Freiberg, mehre Silberhütten, 1 Kupfersaigerhütte, 22 Eisenhüttenwerke (das größte zu Kainsdorf), viele Eisenhämmer u. Drahtwerke, 7 Zinnschmelzhütten, 1 Zinnhammer, viele Zinnpochmühlen, 1 Wismuthhütte, 1 Messingwerk, 2 Blaufarbenwerke u. mehre Arsenik-, Vitriol-, Alaun- u. Schwefelwerke. Nicht minder wichtig ist S-s Steinkohlenbau (bes. bei Zwickau, Würschnitz u. Dresden), welcher gegenwärtig über 24 Mill. Ctnr. Kohlen liefert u. über 6000 Arbeiter beschäftigt. Braunkohlen liefert bes. die Zittauer Pflege u. der Leipziger Kreis, Torf bes. das Erzgebirge. Die wichtigsten Sandsteinbrüche sind bei Pirna, Porphyrbrüche bei Rochlitz, Serpentinsteinbrüche bei Zöblitz, Marmorbrüche bei Wildenfels u. Crottendorf, Kalk- u. Dachschieferbrüche zahlreich, letztere bes. bei Lößnitz. Die übrige Industrie, welche überhaupt auf einem sehr hohen Standpunkt steht, liefert Streichgarn (Wolle) in 172 Spinnfabriken u. verarbeitet dasselbe außer dem ausgeführten zu Tuch in Werdau, Kirchberg, Lengenfeld, Öderan, Roßwein, Döbeln, Leisnig, Oschatz, Großenhain, Bischofswerda, Bautzen, Kamenz u. Bernstadt, zusammen auf etwa 3000 Webstühlen; Kammgarn wird in 39 Fabriken bereitet u. auf etwa 10,000 Stühlen zu wollenen Zeugen, bes. Thibets, Merinos, Wollenmusselinen, Flanell, Buckskins, Teppichen etc. verarbeitet bes. in Reichenbach, Merane, Glauchau, Zschopau, Hainichen, Waldheim, Krimmitschau u. Chemnitz; wollene Strümpfe u. Fes (Mützen) für die Türkei liefert bes. Bautzen. Baumwollenspinnereien zählt man 132; Kattune u. andere Baumwollenwaaren liefert auf 18,000 Stühlen das ganze Erzgebirge u. Voigtland, sowie die südliche Lausitz, dergl. Strümpfe auf 20,000 Stühlen bes. die Chemnitzer Gegend nebst den Schönburgischen Herrschaften, u. Leinwand u. Damast die südliche Lausitz; Seidenstoffe fabriciren Annaberg u. Frankenberg u. Plüsch Lausigk; Posamentirwaaren liefert Annaberg, Buchholz, Schlettau, Thum u. Umgegend, seidene Bänder bes. Radeberg, leinene u. baumwollene dagegen Pulsnitz u. Großröhrsdorf; Spitzen, Blonden u. genähte Waaren das Obererzgebirge u. Voigtland, deren Fertigung der Staat durch Klöppel- u. Nähschulen zu fördern sucht. Die wichtigsten Färbereien u. Appreturanstalten haben Chemnitz, Frankenberg, Glauchau u. Merane (gebleicht wird meist mit Chlor u. die Rasenbleiche ist nur noch für Linnen üblich). Papier liefern 66 Fabriken, incl. 6 Maschinenfabriken, jedoch lange nicht den nöthigen Bedarf; Strohflechtwaaren die Gegend zwischen Dresden, Pirna u. Altenberg; musikalische Blas- u. Streichinstrumente Markneukirchen u. Klingenthal nebst Umgegend, Pianofortes bes. Leipzig u. Dresden, Spiel- u. andere Holzwaaren das Erzgebirge, Wanduhren Karlsfeld u. Glashütte, Porzellan Meißen u. Zwickau, Glas (auch Spiegelglas) in 4 Hütten, Steingut Hubertsburg, Siebenlehn, Nossen, Pirna, Riesa, Colditz u. Königsbrück, Töpfe bes. Waldenburg, Kohren, Kamenz, Königsbrück u. Pulsnitz, Serpentinwaaren Zöblitz, Schießpulver in 5 Fabriken; ferner bereitet man Ruß, Pech, chemische Präparate, Farben, Argentan, Gold- u. Silberwaaren, Eisengußwaaren, chirurgische u. mathematische Instrumente u. Cigarren, letztere bes. in der Leipziger Gegend. Zahlreich u. wichtig sind die Maschinenbauanstalten (namentlich die Hartmannsche in Chemnitz, welche auch treffliche Locomotiven liefert) u. die Bierbrauereien, wogegen die Branntweinbrennerei sehr abgenommen hat. Der Handel, wegen dessen S. seit 1834 dem Deutschen Zollverein beigetreten ist, wird theils auf der Elbe (meist Transitohandel), theils zu Lande betrieben. Ausfuhr: Wolle, wollene u. baumwollene Garne u. Waaren (s. oben), Leinwand, Bänder, Spitzen, von Mineralien bes. Steinkohlen, Pirnasche Sandsteine (bis nach Hamburg), Farben, Serpentin- u. Holzwaaren, musikalische Instrumente, Eisen- u. Blechwaaren, Porzellan,[656] Schiffsbauholz, Wein, Leipziger Lerchen etc. Einfuhr: Getreide u. Salz, Baumwolle, Material- u. Luxuswaaren etc. Die Haupthandelsstadt ist Leipzig mit seinen berühmten 3 Messen; auch der deutsche Buchhandel hat in Leipzig seinen Hauptsitz u. seit 1834 seine Börse (vgl. Leipzig u. Buchhandel). Zur Förderung des Handels u. Verkehrs dienen außer der Leipziger Börse mehre Banken, als die 1839 mit einem Actiencapital von 11/2 Mill. Thlrn. begründete Leipziger Bank, die 1848 errichtete Chemnitzer Stadtbank, die 1844 errichtete Oberlausitzer Hypotheken-, Spar- u. Leihbank zu Bautzen u. der gleichzeitig begründete erbländische ritterschaftliche Creditverein zu Leipzig; zahlreich sind auch die Sparkassen. Assecuranzen für Feuer- u. Hagelschäden, für Flußschifffahrt u. Leben gibt es in Leipzig, in Dresden eine Rentenversicherungsbank. Für Industrie u. Handel bestehen zahlreiche Actienvereine bes. für Steinkohlenbau (37), für Kalk-, Marmor-, Sandstein- u. Dachschieferabbau, für Elbdampfschifffahrt (eine sächsisch-böhmische), für Eisenbahnen, für Kammgarnspinnerei zu Leipzig, mehre für Bierbrauerei, für Brodbäckerei bei Zwickau, für Mussirweine zu Niederlößnitz, für Zuckersiederei in Dresden, für Uhrenfabrikation in Karlsfeld. Außer der Elbschifffahrt, welche zum Theil mit Dampf betrieben wird u. seit 1821 frei ist, fördern den Handel auch zahlreiche u. gute Chausseen (377 Meilen lang) u. die Eisenbahnen (1856: 56 Meilen lang); letztere sind theils Staats-, theils Actienbahnen u. stehen unter den beiden Staatseisenbahndirectionen in Leipzig (westliche) u. in Dresden (östliche); es sind dies: die Leipzig-Dresdner, die Magdeburg-Leipziger, welche gleich der Thüringer (Leipzig-Weißenfelser) u. Leipzig-Bitterfelder Bahn S. nur eine kurze Strecke berührt, die Sächsisch-Baierische, welche von Leipzig über Altenburg u. Werdau nach Hof führt u. durch Seitenbahnen auch Zwickau u. Glauchau berührt, die Glauchau u. Chemnitz berührende Zwickau-Riesaer mit ihrer Verlängerung, der Zwickau-Schwarzenberger Bahn (mit Zweigbahn nach Schneeberg), die sich an diese anschließende Chemnitz-Würschnitzer Kohlenbahn, die Sächsisch-schlesische (Dresden-Görlitzer), an welche sich die Zittau berührende Löbau-Reichenberger anschließt, die Sächsisch-Böhmische (von Dresden nach Bodenbach), die Albertsbahn od. Dresden-Tharandter mit ihrer im Bau begriffenen Verlängerung nach Freiberg, u. die nur eine kurze Strecke sächsische Riesa-Jüterbogker Bahn. Nicht minder wichtig für Handel u. Verkehr sind die Posten (s.u. Post S. 423) u. die in der neuesten Zeit angelegten elektromagnetischen Telegraphenlinien, deren Direction in Dresden ihren Sitz hat u. welche kraft Vertrag vom 25. Juli 1850, wodurch der Deutsch-österreichische Telegraphenverein ins Leben trat, mit den Linien der Nachbarstaaten in Verbindung stehen.

Nach der Zählung vom 3. Dec. 1858 hatte das Königreich S. 2,122,148 Einwohner, worunter 49,000 Wenden. Der Religion nach ist die Mehrzahl lutherischen Glaubens, nächst welchen es noch 4170 Reformirte, 314 Anglikaner, 38,709 römische Katholiken (incl. des Königs u. seiner Familie), 1798 Deutschkatholiken, 243 Griechen u. 1419 Juden gibt. Die Zahl der Städte in S. beträgt 142 u. die der Dorfgemeinden 3200 (incl. 66 Marktflecken u. 11 Bergflecken). Unter allen Staaten Deutschlands hat S. die dichteste Bevölkerung (es kommen 7812 Seelen auf die Quadratmeile).

Staatsverfassung. Das Königreich S. führt als Glied des Deutschen Bundes in dessen engerm Rathe 1, im Plenum 4 Stimmen, bildet mit Kurhessen, Nassau u. Luxemburg dessen 9. Armeecorps u. zwar die 1. Division desselben, indem es (seit 1849) 26,000 Mann Contingent stellt. Es ist ein unter Einer Verfassung vereinigter untheilbarer Staat, dessen Gebiet seit der Theilung vom Jahre 1815 aus den Resten der sogenannten Erblande u. des Markgrafenthums Oberlausitz besteht, mitwelchem deshalb eine Übereinkunst vom 17. Nov. 1834, wozu noch die Schönburgischen Receßherrschaften u. die Standesherrschaft Wildenfels kommen. Diese constitutionelle Monarchie beruht auf der mit den Ständen des Landes vereinbarten, nach den Ereignissen des Jahres 1849 in mehrfacher Hinsicht (bes. durch das Gesetz vom 5. Mai 1851) modificirten Verfassungsurkunde vom 4. Sept. 1831. Der souveräne, mit dem 18. Jahre mündige, in Dresden residirende König succedirt im Mannsstamme des Albertinischen Hauses Sachsen nach dem Rechte der Erstgeburt u. agnatischer Linealfolge aus ebenbürtiger Ehe; erst wenn der Mannsstamm des Sächsischen Hauses ausgestorben ist u. nach Erledigung der in der Erbverbrüderung getroffenen Bestimmungen geht die Erbfolge auf die weibliche Linie, nach der Nähe der Verwandtschaft mit dem letzten Regenten über; beim Regierungsantritt legt der König vor dem Gesammtministerium u. den Präsidenten beider Ständekammern den Verfassungseid ab, bezieht eine Civilliste von 570,000 Thlrn. (die Königin eine Apanage von 28,000 Thlrn.) u. übt alle Rechte der Staatsgewalt unter den verfassungsmäßigen Bestimmungen, auch über Kirchen, jedoch, so lange er der Katholischen Confession zugethan ist, nicht über die evangelischen Glaubensgenossen aus, welche letztere dann stets dem lutherischen Cultusminister nebst den andern Ministern derselben Confession (excl. des Kriegsministers) als den in evangelicis beauftragten Staatsministern zusteht. Eine etwaige Regierungsverwesung führt der volljährige, der Thronfolge nächste Agnat mit Hülfe eines Regentschaftsrathes. Der König führt den Titel König von Sachsen, sein ältester Sohn ist der Kronprinz u. führt gleich den übrigen Prinzen u. Prinzessinnen des Albertinischen Hauses den Titel Königliche Hoheit. Alle für das königliche Haus geltenden Familienrechte u. Bezüge ordnet das Hausgesetz vom 30. Dec. 1837. Der Hofstaat steht (nebst der Cabinetskanzlei) unter dem Ministerium des königlichen Hauses, welches die persönlichen Familien- u. Vermögensangelegenheiten des königlichen Hauses besorgt u. die Aufsicht über das vom Lande untrennbare königliche Hausfideicommiß hat, dessen Besitz von einem Regenten zum andern übergeht. Allen Landeseinwohnern sichert die Verfassungsurkunde Freiheit der Person u. Sicherheit des Eigenthums, freien Wegzug aus dem Lande, Gewissensfreiheit, gleiche Beiziehung zu den öffentlichen Abgaben u. zum Waffendienst, gleichen Anspruch auf alle Staatsämter etc., Christen u. Juden genießen (seit 1851) völlig gleiche bürgerliche Rechte, neue Klöster dürfen außer den beiden bestehenden in der Lausitz (s.u.) nicht errichtet, eben so wenig Jesuiten od. andere geistliche Orden zugelassen werden. Auch darf kein Sachse seinem ordentlichen Gerichte entzogen,[657] ohne Grund verfolgt u. über den Grund seiner Verhaftung länger als 24 Stunden in Ungewißheit gelassen werden. Die Landesvertretung erfolgt durch die alle 3 Jahre berufene, in öffentlichen Sitzungen u. in 2 sich völlig gleichgestellten Kammern verhandelnde Ständeversammlung, deren Genehmigung für die Gesetzgebung, Steuererhebung u. den Abschluß von Anleihen erforderlich ist; sie berathet über alle Gegenstände des Landeswohls u. übt das Recht der Petition, Beschwerden u. der Ministeranklage beim Staatsgerichtshofe aus, während die Gesetzvorschläge vom Könige ausgehen. Die erste Kammer besteht aus den königlichen Prinzen u. 40 Mitgliedern, diese sind: 1 Deputirter des Hochstifts Meißen, der Standesherr zu Wildenfels, die Besitzer der 5 Schönburgischen Receßherrschaften durch Einen ihres Mittels, 1 Deputirter der Universität Leipzig, die Standesherren zu Königsbrück u. Reibersdorf, der evangelische Oberhofprediger, der Dekan des katholischen Domstiftes Budissin, der Leipziger Superintendent, 1 Deputirter des Stiftes Wurzen, die Besitzer der 4 Schönburgischen Lehnsherrschaften durch Einen ihres Mittels, 12 auf Lebenszeit gewählte Deputirte der Rittergutsbesitzer, 10 vom Könige ernannte dergleichen, die Bürgermeister zu Dresden u. Leipzig u. die Bürgermeister aus 6 vom Könige zu bestimmenden Städten. Für die, jede Landtagsperiode mit 1/3 erneute zweite Kammer werden 20 Rittergutsbesitzer, 25 Abgeordnete der Städte (jeder mit mindestens 400 Thlrn. jährlichem Einkommen od. nach Verhältniß der Städte 10–30 Thlr. Abgaben zahlend), 5 Abgeordnete des Handels- od. Fabrikstandes u. 25 der Bauern gewählt, von welchen letztern nur die wahlfähig sind, welche mindestens 30 Thlr. Steuern zahlen. Auch bestehen die ihre Kreistage haltenden Provinzialstände (Städte u. Rittergutsbesitzer) in dem ehemaligen Meißner, Leipziger, Erzgebirgischen u. Voigtländischen Kreise nach Maßgabe der Kreistagsordnung vom 10. Aug. 1821 noch fort, sowie der oberlausitzer Provinziallandtag nach Maßgabe des betreffenden Statuts vom 17. Nov. 1834. Zum Schutz der Verfassung besteht ein aus 6 von den Ständen u. 6 nebst dem Präsidenten vom Könige für jede Landtagsperiode ernannten Mitgliedern errichteter Staatsgerichtshof, welcher nach einem durch das Gesetz vom 3. Febr. 1838 geregelten Verfahren über Ministeranklagen, Wählbarkeit ausgeschlossener Kammermitglieder u. authentische Erklärung der Verfassungsurkunde u. des Vertrags mit der Oberlausitz inappellabel richtet.

Staatsverwaltung. Die oberste collegiale Staatsbehörde ist das Gesammtministerium, zusammengesetzt aus den Vorständen der einzelnen Ministerialdepartements, welche den Ständen verantwortlich sind. Zu außerordentlicher Berathung, bes. für wichtige Gesetzgebungssachen, kann der König nach Verordnung vom 16. Nov. 1831 einen Staatsrath berufen, in welchem nächst den Prinzen u. den Staatsministern noch mehre vom König zu bestimmende hohe Staatsbeamte sitzen. Der Staatsdienst ist durch Gesetze vom 7. März 1835 u. 24. April 1851 geregelt. Staatsdiener sind diejenigen, welche vom Könige od. einer Staatsbehörde zu einem beständigen öffentlichen Amte eingesetzt sind, wofür sie aus Staatskassen ein bestimmtes jährliches Einkommen beziehen. Die Anstellung der Staatsdiener, mit Ausnahme der zu Richterstellen Berufenen, ist in der Regel während der ersten zwei Jahre widerruflich. Diejenigen Diener, deren Leistungen keine höhere wissenschaftliche Ausbildung in Anspruch nehmen, können auf Kündigung angestellt werden. Jeder Staatsdiener kann versetzt, seiner Dienstleistung, jedoch mit Belassung seines Ranges, Titels u. eines Wartegeldes, enthoben, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, wegen Vergehungen gerichtlich entsetzt u. wegen Unwürdigkeit entlassen werden. Die mit Ehren entlassenen Staatsdiener erhalten Penston, deren Stufenfolge von den Dienstjahren abhängt u. 2000 Thlr. jährlich nicht übersteigen darf. Auch die Wittwen u. Waisen der Staatsdiener haben Anspruch auf eine Unterstützung aus Staatskassen. Unter dem Gesammtministerium unmittelbar steht nur die Oberrechnungskammer u. das Hauptstaatsarchiv; die bureaukratische Verwaltung aber geht, von den einzelnen Departementsministern unterstützt, von Ministerialräthen aus, jedoch mit berathender collegialischer Einrichtung. Über das Ministerium des königlichen Hauses s. oben S. 657. Dem Finanzministerium sind nächst der Steuer- u. Zollverwaltung das Oberbergamt zu Freiberg, die Oberpostdirection u. die Lotteriedirection in Leipzig, die Domänen-, Forst- u. Floßverwaltung, die Münze, die Landrentenbank u. die Behörden der Staatseisenbahnen od. Staatstelegraphen unmittelbar untergeben, während für das Rechnungswesen die Finanzbuchhalterei, Finanzrechnungsexpedition, Finanzhauptkasse, das Finanzzahlamt u. die Cautionshauptkasse bestehen. Die Steuern sind: directe, als die Grund-, Gewerben. Personensteuer, u. indirecte, als Vereinszölle von ein-, aus- u. durchgehenden Waaren, Branntwein-, Wein-, Malz-, Tabaks-, Schlacht- u. Stempelsteuer. In Bezug auf erstere ist S. in 4 Steuerkreise getheilt, jeder mit einem Kreissteuerrath, welchem die (24) Bezirkssteuereinnahmen untergeordnet sind, während die unter der Zoll- u. Steuerdirection zu Dresden stehende Verwaltung der indirecten Steuern (incl. Chaussee- u. Brückengelder) unter 18 Hauptzoll u. Hauptsteuerämter mit Nebenzoll- u. Untersteuerämtern vertheilt ist u. von Obergrenz- u. Obersteuercontroleuren controlirt wird. Rentämter gibt es 30, mit welchen 7 Salzverwaltereien verbunden sind. Unter dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten stehen die Gesandtschaften an fremden Höfen u. dem Bundestage, sowie die Consulate. Das Ministerium des Innern ist die erste Instanz für innere Verwaltungssachen, während die zweite durch die 4 Kreisdirectionen (mit Kreisdirectoren) zu Dresden, Leipzig, Zwickau u. Bautzen gebildet wird, u. die dritte durch die Bezirksgerichte u. Gerichtsämter nebst den Stadtbehörden; delegirte Mitglieder der Kreisdirectionen sind noch die Amtshauptleute, 15 an der Zahl incl. des Schönburgischen Kanzleidirectors. Die Gemeindeverhältnisse beruhen in den Städten, welchen ein von den Stadtverordneten controlirter Stadtrath vorsteht, auf der allgemeinen Städteordnung vom 2. Febr. 1832 u. in den Dörfern auf der Landgemeindeordnung vom 7. Nov. 1838, welche einen Gemeindevorstand nebst berathendem Gemcinderathe eingeführt hat. Eine etwas anomale Stellung in der Verwaltung haben die fürstlichen u. gräflichen Schönburgischen Receßherrschaften (s.d.), deren staatsrechtlichen Verhältnisse durch zwei Recesse vom 4. Mai 1740 u. 9. Oct. 1835 im Allgemeinen dahin festgestellt sind, daß dieselben, obwohl der sächsischen Justitz u. Verwaltung untergeordnet,[658] insofern einen besonderen Verwaltungsbezirk bilden, als die Schönburgische Gesammtkanzlei zu Glauchau für gewisse Angelegenheiten als Mittelbehörde zwischen dem Ministerium u. den Schönburgischen Justizämtern besteht; auch hat das Haus Schönburg das Recht einen Rath für die Kreisdirection Zwickau u. das dasige Appellationsgericht zu präsentiren. Die Heimathsverhältnisse S-s sind durch das Gesetz vom 26. Nov. 1834 so regulirt, daß jeder Heimathsbezirk die Verbindlichkeit hat, seine Angehörigen, sobald sie unterkommenlos geworden sind, bei sich aufzunehmen u. ihnen nothdürftigen Unterhalt zu verschaffen, wobei in der Regel der Geburtsort als Heimathsort gilt; jedoch wird die Heimathsangehörigkeit auch durch ausdrückliche Ertheilung, od. durch Ansässigkeit mit einem Wohnhause u. durch Gewinnung des Bürgerrechts od. Niederlassung als Dorfhandwerker od. Dorfkrämer erlangt, wozu jedoch in letzteren drei Fällen noch der Ablauf eines fünfjährigen Zeitraums kommen muß. Organische Verwaltungsgesetze sind bes. die Gesindeordnung von 1835, die Armenordnung vom 22. Oct. 1840 u. das Gesetz über den Handwerksbetrieb auf dem Lande vom 9. Nov. 1840 (welchem nun demnächst die Gewerbefreiheit folgen wird). Die Polizei steht den Ortsobrigkeiten zu u. wird in den größten Städten durch besondere städtische Polizeibehörden ausgeübt, während für den äußern Aufsichtsdienst die zunächst den Amtshauptmannschaften untergebene Gendarmerie fungirt, an deren Spitze in jedem Kreise ein Kreisgendarm od. Gendarmerie-Inspector steht. Letztere bildet ein aus ausgedienten Unteroffizieren zusammengesetztes, militärisch organisirtes Corps von 215 Mann, dessen Uniform aus grauen, grün aufgeschlagenen Waffenröcken mit weißen Knöpfen, dunkelgrauen Beinkleidern, Helmen, Säbeln u. schwarzem Lederzeug besteht. Außerdem dient zur Aufrechterhaltung der inneren Ruhe u. Sicherheit auch die 1831 errichtete u. durch das Gesetz vom 14. Mai 1851 neu organisirte Communalgarde, welche durch einen vom Ministerium des Innern angestellten Offizier commandirt wird. Die Medicinalpolizei üben die Bezirksärzte aus, wofür 35 Medicinalbezirke bestehen, sowie auch 16 thierärztliche Bezirke. Die Preßangelegenheiten regulirt das Preßgesetz vom 14. März 1851, welches die Censur für aufgehoben erklärt u. den Nachdruck verbietet. Endlich stehenunter dem Ministerium des Innern noch das 1850 gegründete statistische Bureau, die Brandversicherungscommission (d.i. die Behörde für die Landes-Immobiliar-Brandversicherungsanstalt) u. die Generalcommission für Ablösungen u. Gemeinheitstheilungen etc. Das Kriegsministerium verwaltetdie Militärangelegenheiten (s. unten). Dem Ministerium des Cultus u. öffentlichen Unterrichts sind das Evangelische Landesconsistorium nebst dem Unterconsistorium für die Schönburgischen Herrschaften zu Glauchau, das apostolische Vicariat mit dem katholischen Consistorium u. dem katholischen Domstift St. Petri zu Bautzen, die beiden reformirten Consistorien zu Dresden u. Leipzig, die Universität Leipzig u. der seit 1849 als Mittelbehörde für die Deutschkatholiken bestehende Kirchenvorstand zu Dresden untergeben, sowie auch der Cultus der Israeliten, mit Synagogen zu Dresden u. Leipzig. Katholische Klöster (für Cistercienserinnen) gibt es von Alters her noch zwei in der Lausitz, Marienstern u. Marienthal; auch gibt es noch ein protestantisches Hochstift in Meißen u. ein Collegiatstift in Wurzen. Kirchliche Aufsichtsbehörden sind nächst den Kreisdirectionen u. den bei denselben angestellten Kirchen- u. Schulräthen die Kircheninspectionen, welche aus den (35) Superintendenten u. den resp. Ortsobrigkeiten bestehen; während als Schulbehörden bei den Gymnasien Schulcommissionen u. bei den Volksschulen, welche durch Gesetze vom 5. Juni 1835 u. 3. Mai 1851 geregelt sind, Schulvorstände fungiren. Unterrichtsanstalten: Universität zu Leipzig, an derselben muß Jeder, welcher Ansprüche auf eine Staatsanstellung machen will, wenigstens 2 Jahre studirt haben; für sie bestehen 2 Senate, ein weiterer aus sämmtlichen ordentlichen Professoren, welchem die Präsentation, die Verleihung der Beneficien, die Vornahme der Wahlen (mit Ausnahme der des Rectors) zusteht, u. ein engerer, welcher aus 3 Candidaten den Landtagsabgeordneten wählt u. aus dem Rector, Exrector, 4 Dekanen, einem von jeder der 4 Facultäten gewählten u. 6 von der Regierung ernannten ordentlichen Professoren zusammengesetzt ist. Außerdem gibt es eine Chirurgisch-medicinische Akademie zu Dresden nebst einer Hebammen- u. Thierheilschule, eine Bergakademie mit vielfachen Nebenanstalten in Freiberg; an Militärbildungsanstalten die Cadetten-, Artillerie-, Militärreitschule, Garnisonschulen zu Dresden u. das Soldatenkinderinstitut zu Struppen; ferner eine Akademie für Forst- u. Landwirthe zu Tharandt, 2 Akademien der Künste in Dresden u. Leipzig, die Polytechnische Schule in Dresden, die Baugewerkenschulen in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen u. Zittau, die Handelsschulen in Leipzig u. mehrern anderen Städten; Gymnasien zu Meißen, Grimma (beide Landesschulen, in welchen die Schüler größtentheis unentgeltlich Kost u. Unterricht erhalten), Dresden (2, Kreuzschule u. Vitzthum'sches Gymnasium), Leipzig (2, Thomas- u. Nikolaischule), Bautzen, Freiberg, Plauen, Zittau u. Zwickau. Zu Lehrern der niederen Stadt- u. Landschulen, deren es über 1900 gibt, bereiten die Seminarien in Dresden (2), Nossen, Plauen, Annaberg, Grimma, Bautzen u. Waldenburg, sowie das Lehrerinnenseminar in Callenberg vor. Der Unterricht beginnt mit Ende des sechsten Altersjahres u. dauert bis zum 14. Jahr; die Schullehrer erhalten außer freier Wohnung, eine Besoldung von mindestens 120 Thlrn., Kirchschullehrer aber mindestens 200 Thlr. Zu erwähnen sind hier noch die Turnlehrerbildungsanstalt in Dresden, die Chemnitzer Gewerbschule, mehre Bau-, Industrie-, Weber-, Klöppel- u. Nähschulen, sowie die vielen Sonntagsschulen. Gemeinnützige wissenschaftliche Anstalten befinden sich vorzüglich in Dresden u. bei der Leipziger Universität; von Bibliotheken sind bes. die Königliche in Dresden, die Raths- u. Universitätsbibliothek in Leipzig u. die Rathsbibliotheken in Zwickau u. Zittau zu nennen, während zur Förderung der Künste die Gemäldegallerie in Dresden, die Sammlungen von Antiken u. Gypsabgüssen im Dresdener Museum u. Japanischen Palais, von Kupferstichen, alten Waffen, Naturalien, Modellen etc. in Dresden u. das städtische Museum in Leipzig dienen. Von wissenschaftlichen, Kunst- u. Industrievereinen finden sich zwei Ökonomische Gesellschaften in Dresden u. Leipzig, erstere mit Zweigvereinen in den einzelnen Kreisen, die Iablonowskysche Gesellschaft der Wissenschaften, die Naturforschende,[659] Philologische, Theologische, Medicinische Gesellschaft, die für Deutsche Sprache u. Alterthümer, die Bibelgesellschaft, die Polytechnische, der Kunst- u. Gewerbverein, sämmtlich in Leipzig, der Mineralogische, für Natur- u. Heilkunde, für Erforschung sächsischer Alterthümer in Dresden, Weinbaugesellschaft, der Chemnitzer Industrieverein.

Die Gesetzgebung theilt sich in die mit den Ständen vereinbarten Gesetze u. ministeriellen Verordnungen, publicirt durch das Gesetz- u. Verordnungsblatt, seit 1818 jährlich ein Band u. bis 1832 Gesetzsammlung genannt, in welchem auch das Oberappellationsgericht seine Grundsätze beim Rechtssprechen mittheilen kann, während die Verordnungen der Kreisbehörden durch die Kreisblätter in Dresden, Leipzig, Zwickau u. Bautzen veröffentlicht werden. Die frühere Gesetzgebung enthält in halbofficieller Sammlung der Codex Augusteus (s.d.) mit drei Fortsetzungen u. drei Sammlungen der Landesgouvernementsverfügungen von Moßdorf, Dresd. 1821; Privatsammlungen sächsischer Gesetze sind: Handbuch der kursächsischen Gesetze bis 1806, Zeitz 1804–8, 12 Bde.; Schaffrath, Codex Saxonicus, Lpz. 1842, 2 Bde.; Haubold, Handbuch einiger kursächsischen Gesetze, ebd. 1800, neu bearbeitet von Schletter, ebd. 1837; Schaffrath, Codex jur. Sax. privati, Altenb. 1840; Freiesleben, Handbuch der Civilproceßgesetze, Lpz. 1834. Rechtsverfassung. Statt des bisher geltenden particularrechtlichen königlich sächsischen Rechtes, welchem das gemeine Sachsenrecht, namentlich der Sachsenspiegel (s.d.), die Constitutionen von 1572, die alte Proceßordnung von 1622 u. die Decisionen von 1661 zum Grunde liegen u. welches subsidiarisch durch das gemeine Deutsche, Kanonische u. Römische Recht ergänzt wird, wird im Jahr 1862 das nach österreichischem Muster bearbeitete neue bürgerliche Gesetzbuch in Kraft treten. Auch das bisher gültige Leipziger Wechselrecht ist durch die, kraft Einführungsgesetz vom 25. April 1849 in die sächsische Gesetzgebung aufgenommene allgemeine Deutsche Wechselordnung vom 26. Nov. 1848 u. durch das Gesetz über den Schuldarrest u. den Wechselproceß vom 7. Juni 1849 aufgehoben. Über Kirchenrecht vgl. Weber, Systematische Darstellung des im Königreich S. geltenden Kirchenrechts, Lpz. 1818–20, 5 Bde., 2. Ausg. 1843 ff., u. Codex des Kirchen- u. Schulrechts, ebd. 1840; über Lehnrecht: Zachariä, Handbuch des königlich sächsischen Lehnrechts, 2. Ausg. von Weiße u. Langenn, Lpz. 1823. Die Grundlage des Civilprocesses bildet zur Zeit noch die obgedachte alte Proceßordnung nebst der erläuterten von 1724; doch ist die Einführung des öffentlichen u. mündlichen Verfahrens bereits im Werke. Über das bisherige Verfahren vgl. Griebner, Discurs zur Proceßordnung, 2. Ausg. von Kästner, Lpz. 1780, mit den neueren Gesetzen zusammengestellt von Schirr als Handbuch des sächsischen Civilproceßrechts, ebd. 1843, das Mandat vom 13. März 1822 u. 1. April 1824, Gesetz vom 27. Oct. 1834, das Executionsgesetz vom 28. Febr. 1838 (erläutert von Beck, Lpz. 1838) u. die veränderte Taxordnung vom 3. Juni; Pfotenhauer, Doctrina processus, 2. Ausg. von Didemann, Lpz. 1826; Biener, Systema proc., 4. Ausg. von Krug u. Siebdrat, ebd. 1835; Volkmann, System des sächsischen Civil- u. Administrativprocesses, ebd. 1845, 3 Bde.; Osterloh, Der ordentliche bürgerliche Proceß nach Sächsischem Rechte, ebd. 1851, 2 Bde.; Käuffer, Über Appellationen, Zwickau 1840; Zeitschrift für Rechtspflege u. Verwaltung, Lpz. 1838–45, 8 Bde.; Wochenblatt für merkwürdige Rechtsfälle, ebd. 1841–45, 5 Bde.; Annalen des königl. sächsischen Oberappellationsgerichts. Der Proceß über geringfügige Gegenstände bis zum Werthe von 50 Thlrn. beruht auf dem Mandat vom 28. Nov. 1753 u. über Gegenstände bis 20 Thlr. Werth auf dem Gesetz vom 16. Mai 1839; vgl. Hänsel, Das Verfahren in geringfügigen Rechtssachen, Lpz. 1844, 2 Bde.; Kori, Theorie der sächsischen summarischen Processe, Jena 1824; Osterloh, Die summarischen Processe, Lpz. 1845. Der Leipzig eigenthümliche Handelsgerichtsproceß gründet sich auf die Handelsgerichtsordnung von 1689 u. Gesetz vom 21. Sept. 1833; vgl. Rössig, Darstellung des Leipziger Handelsrechtes, Lpz. 1796, u. Hänsel, Über den Beweis durch Handelsbücher, ebd. 1830. Außerhalb des Concursprocesses ist das Edictalverfahren durch Mandat vom 3. Nov. 1799 geordnet; vgl. Kori, System des Concursprocesses, 2. Aufl. Lpz. 1828; Reinhard, Ordnung der Gläubiger, Dresd. 1825, u. Haase, Über die Edictalladungen, Lpz. 1817. Die freiwillige Gerichtsbarkeit verwalten die Gerichte u. Notare u. das Hypothekenwesen ist neu gestaltet durch Gesetz vom 6. Nov, 1843 u. Verordnung vom 15. Febr. 1844 (bcarbeitet von Scherell, Lpz. 1843; vgl. Richter, Die Grund- u. Hypothekenbücher, ebd. 1844, u. Heyne, Commentar dazu, ebd. 1845, sowie Notariatsordnung vom 3. Juni 1859). Das Strafrecht enthält das Strafgesetzbuch vom 11. Aug. 1855, hierzu unter gleichem Datum die Gesetze die Beschädigung der Eisenbahnen u. Telegraphen, sowie die Forst-, Feld-, Garten-, Wild- u. Fischdiebstähle betreffend. Durch die Strafproceßordnung vom 11. Aug. 1855 aber ist das öffentliche u. mündliche Strafverfahren nebst Entscheidung durch rechtsgelehrte Richter eingeführt, während für das Militär das neue Militärstrafgesetzbuch von gleichem Datum gilt. Vgl. Krug, Commentar zum Strafgesetzbuche vom 11. Aug. 1855, Lpz. 1855; Schwarze, Commentar zur Strafproceßordnung, ebd. 1855. Gerichtsverfassung. Die Organisation der Gerichts- u. Verwaltungsbehörden, welche dem Justizministerium untergeben sind, ist durch das Gesetz über die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege u. Verwaltung vom 11. Aug. 1855 dergestalt geregelt, daß als ordentliche Gerichte erster Instanz (116) Gerichtsämter u. (18) Bezirksgerichte mit Staatsanwälten eingeführt sind, neben welchen jedoch noch die Militärgerichte, das Leipziger Universitätsgericht, die Elbzollgerichte u. die Behörden in Ablösungssachen bestehen. Die zweite Instanz u. zugleich das Ehegericht bilden innerhalb ihrer Bezirke die vier Appellationsgerichte in Dresden, Bautzen, Leipzig u. Zwickau, erstere beiden zugleich Lehnhof, u. die dritte Instanz ist das Oberappellationsgericht in Dresden, nach Gesetz B. die höheren Justizbehörden betreffend, vom 28. Jan. 1835. Als Spruchcollegium in Bergrechtssachen besteht in Freiberg der Bergschöppenstuhl. Die eingeschränkten privilegirten Gerichtsstände bestimmt Gesetz C. vom 28. Jan. 1835. Über den Staatsgerichtshof s. oben S. 658. Die Competenzverhältnisse zwischen Justiz- u. Verwaltungsbehörden ordnet Gesetz A. vom 28. Jan. 1835, u. eine Behörde als letzte Instanz über Competenzzweifel führen Gesetz vom 13. Juni 1840 u. Bekanntmachung vom 13. Juli 1843 ein. Auch besteht das kraft [660] Gesetz vom 22. Juni 1846 eingeführte Institut der Friedensrichter. Straf- u. Versorgungsanstalten sind: das Zucht- u. Correctionshaus in Waldheim, eins dergl. in Hohnstein, das Landarbeitshaus in Zwickau, das Landesgefängniß in Hubertsburg, das Weiberarbeitshaus u. Landeshospital ebendaselbst, die Irrenheil- u. Verpflegungsanstalt auf Sonnenstein, die Landesversorgungsanstalt in Colditz, zwei Taubstummenanstalten in Dresden u. Leipzig, das Blindeninstitut in Dresden u. die Correctionsanstalten für jugendliche Verbrecher in Bräunsdorf u. Großhennersdorf, wozu noch eine Anzahl sogenannte Rettungshäuser für verwahrloste Kinder kommen. Staatsgefängniß ist die Festung Königstein, die einzige Festung des Landes.

Finanzen: Das Budget von 1861–63 ist jährlich: Einnahme 9,992,124 Thlr., darüber noch 2,364,228 Thlr. aus den verfügbaren, so weit nöthig durch besondere Creditmaßregeln zu verstärkenden Beständen des mobilen Staatsvermögens; zusammen 12,356,352 Thlr.; Ausgabe 12,356,352 Thlr., incl. 280,879 Thlr. transitorisch; die gesammte Staatsschuld betrug Ende 1860 63,132,333 Thlr. u. zwar: 6,801,400 Thlr. im Jahr 1830 creirte dreiprocentige Obligationen; 8,929,500 Thlr. im Jahr 1847 creirte vierprocentige Staatsschuldenkassenscheine; 32,230,400 Thlr. in den Jahren 1852, 55, 58 u. 59 creirte vierprocentige desgl.; 4,419,800 Thlr. im Jahr 1853 creirte dreiprocentige desgl.; 3,734,700 Thlr. Sächsisch-schlesische Eisenbahnactienschuld; 16,533 Thlr. ältere Schuld, u. 7,000,000 Thlr. unverzinsliche Kassenbillets. Dieser Staatsschuld stand jedoch ein mobiles Staatsvermögen von 331/2 Mill. u. ein immobiles von 83 Mill. Thlrn. gegenüber.

Das Wappen des Königreichs S. zeigt in einem von zwei Löwen gehaltenen goldenen Schilde fünf schwarze Querbalken mit schräg darüber gelegtem grünem Rautenkranz u. ist mit der Königskrone bedeckt; vor 1858 anstatt der Löwen von einem Fürstenmantel umgeben. Orden: der königliche Hausorden der Rautenkrone, der Militär-St. Heinrichsorden, der Verdienstorden (früher Civilverdienstorden, Albrechtsorden (s.d.a.); außerdem gibt es eine goldene od. silberne Militärverdienstmedaille u. silberne u. bronzene Militärdienstzeichen für Unteroffiziere u. Soldaten von 25 u. 15 Dienstjahren. Für sämmtliche Orden besteht eine Ordenskanzlei u. für den Verdienst- u. Albrechtsorden je ein besonderer Ordensrath.

Militäretat: 26,000 M. S. hat 2 Generale, 8 Generallieutenants, 10 Generalmajors etc., 20,000 M. Infanterie (bestehend aus der Leib-, 3 Linieninfanteriebrigaden u. 1 Jägerbrigade, jede zu 4 Bataillonen à 4 Compagnien), 3400 M. leichte Cavallerie (4 Regimenter in 2 Brigaden), 1 Artilleriecorps (bestehend aus 1 Fußartillerieregiment von 1795 M. u. 1 Brigade reitende Artillerie von 398 M.), 1 Pionnier- u. Pontonnierabtheilung von 259 M. u. 1 Commissariatstrainbrigade; außerdem besteht noch ein Gouvernement der Stadt Dresden, eine Commandantur der Festung Königstein u. eine Militärstrafanstalt in Dresden; die Militärzte, welche in zwei Klassen zerfallen u. unter dem Generalstabsarzt stehen, bilden das sogenannte Sanitätscorps. Die Militärgerichtsbarkeit wird nach dem Militärstrafgesetzbuch (s. oben) von den Kriegsgerichten u. dem Oberkriegsgericht in Dresden geübt. Die Uniform der Generale, des Generalstabes u. der Adjutantur: dunkelblauer, roth aufgeschlagener Waffenrock mit rothem Vorstoß, goldenen Knöpfen u. dergl. Stickerei u. blaue Beinkleider mit rothem Vorst oß, die General- u. Flügeladjutanten nebst den Offizieren des Kriegsministerums mit goldenen Achselbändern auf der rechten Schulter; die Uniform der Linieninfanterie (welche künftig hellblaue Waffenröcke erhalten soll, zur Zeit): dunkelgrüne, hellblau aufgeschlagene Waffenröcke mit Achselklappen, rothem Vorstoß u. gelben Knöpfen u. hellblaue, roth vorgestoßene Beinkleider, Kopfbedeckung das Käpt; die der Jäger dunkelgrün u. schwarz aufgeschlagen mit rothem Vorstoß u. schwarzgraue, roth vorgestoßene Beinkleider u. Czakos; die Uniform der Reiterei hellblaue Waffenröcke (1. Regiment zinnoberroth, 2. Regiment carmoisin, 3. Regiment schwarz u. Garde weiß aufgeschlagen u. sämmtlich weiß vorgestoßen) mit gelben Knöpfen, hellblaue, weiß vorgestoßene Beinkleider u. Helme, Unteroffiziere u. Soldaten messingene Achselschuppen; die Uniform der Fußartillerie (auch der Pionnier- u. Pontonnierabtheilung) dunkelgrüne, roth aufgeschlagene u. vorgestoßene Waffenröcke mit gelben Knöpfen, schwarzgraue, roth vorgestoßene Beinkleider, gelbes Lederzeug, als Kopfbedeckung Käpis; die der reitenden Artillerie eben so, nur mit cavalleriemäßigem Schnitt, Achselschuppen u. Helmen, u. die des Trains hellblaue, schwarz aufgeschlagene Waffenröcke mit rothem Vorstoß u. gelben Knöpfen, Achselschuppen, hellblaue, roth vorgestoßene Beinkleider u. Czakos. Die Offiziere unterscheiden sich hauptsächlich durch die Epauletten, welche bei der Infanterie ganz von Goldtressen mit vergoldeten halben Monden, bei der Reiterei aber von starken vergoldeten Schuppen sind, während die Stabsoffiziere volle Epauletten, die Porteépeejunker aber nur Achselklappen von Goldtresse haben; Gradauszeichnungen sind Sterne auf den Epauletten, deren der Lieutenant, Major u. Generalmajor einen, der Oberlieutenant, Oberstlieutenant u. Generallieutenant zwei, der Rittmeister od. Hauptmann, Oberst u. General drei hat, bei den Unteroffizieren dagegen Treffen u. Litzen auf den Kragen. Der Burnus der Offiziere u. die Mäntel der Soldaten sind grau. Die Militärärzte tragen hellblaue, roth vorgestoßene Waffenröcke mit schwarzen Sammetaufschlägen u. weißen Knöpfen, graue Beinkleider, dreieckige Hüte, silberne Porteépées u. Epauletten, letztere bei den Oberärzten erster Klasse mit drei Sternen, bei den Oberärzten zweiter u. dritter Klasse mit zwei Sternen u. bei den Assistenzärzten (welche keine Federstütze tragen) mit einem Stern. Die Auditeurs, welche in drei Klassen zerfallen, haben dunkelb laue Waffenröcke mit dergl. Aufschlägen u. gelben Knöpfen, dreieckige Hüte, silberne Porteépees u. goldene Epauletten. Bewaffnung: gezogene Bayonnetflinten (nach österreichischem Muster) u. Seitengewehre bei der Infanterie u. bei der Reiterei Säbel, Karabiner u. Pistolen. Die Artillerie, deren Zeughaus u. Laboratorium sich in Dresden befindet, führt für die schweren Batterien zwölfpfündige, für die leichten Batterien sechspfündige Kanonen u. achtpfündige Haubitzen (neuestens sind gezogene Kanonen nach preußischem Muster eingeführt worden). Das Lederzeug ist schwarz, weiß nur bei der Cavallerie, deren Offiziere gleich denen der reitenden Artillerie u. des Trains goldenes Riemzeug tragen. Die Bezahlung[661] der Armee ist ungefähr so wie die preußische, u. auf Pension hat der Offizier u. Soldat nach wirklicher Dienstunfähigkeit od. 40 Jahren Dienstzeit Anspruch; sie richtet sich nach den Dienstjahren u. beträgt bei mehr als 10 Jahren, 8/24 des Gehaltes, bei mehr als 50 Jahren den ganzen Gehalt u. so weiter im Verhältniß, so daß jedoch eine Pension nie 3000 Thlr. übersteigen darf. Bei Heirathen der Offiziere bis zum Hauptmann zweiter Klasse muß ein Vermögen von 6000 Thlrn. nachgewiesen werden. Den Kern der Militärbildungsanstalten (s. oben) bildet das Cadettencorps von 80 Eleven, deren Uniform in dunkelgrünen, weiß aufgeschlagenen Waffenröcken mit gelben Knöpfen, grünen Achselklappen, grauen Beinkleidern u. Czakos besteht. Für die Cavallerie ist eine Reitschule in Dresden eingerichtet. Recrutierung: alle sächsischen Staatsbürger sind vom 20. Jahre an militärpflichtig, doch können Stellvertreter, durch Zahlung von 300 Thlrn. Einstandsgeld an das Kriegsministerium, gestellt werden. Die Dienstzeit beträgt im Frieden 6 Jahre nebst 2 Jahre Kriegsreserve, außer welcher es auch noch zur Ergänzung der Armee im Kriege eine Dienstreserve gibt. Während eines Krieges hat Niemand wegen vollendeter Dienstzeit Anspruch auf Entlassung. Die Feldzeichen sind gleich den Nationalfarben weiß u. grün.

Münzen, Maße u. Gewichte. In S. wurde früher gerechnet nach Thalern zu 24 Groschen à 12 Pfennigen in der Währung des Zwanziggulden- od. Conventionsfußes, 131/3 Thlr. = 1 Mark sein Silber, seit dem 1. Januar 1841 aber nach dem Gesetz vom 20. Juli in Folge der Münzconvention vom 30. Juli 1838 nach Thalern zu 30 Neugroschen à 10 Pfennigen in der Währung des Vierzehnthalerfußes. Wirklich geprägte Landesmünzen. A) Bis zum Jahr 1838: a) in Gold: Augustd'or (kurfürstlich), seit 1753, 21 Karat 8 Grän sein, 38,01899 Stück auf die Vereinsmark sein Gold, 1 Stück = 4 Thlr. 291/2 Sgr. Friedrichsd'or à 5 Thlr.; vgl. Preußen (Geogr.); doppelte u. halbe nach Verhältniß; Ducaten nach dem Reichsfuße, 23 Karat 8 Grän sein, 67,04366 auf die Vereinsmark sein, 1 Stück = 2 Thlr. 25 Sgr. 7 Pf., Friedrichsd'or à 5 Thlr.; Sophienducaten von gleichem Gehalt u. Werth, die spätern königlichen waren ganz gleich ausgeprägt; es kommen auch halbe u. Viertelducaten aus früherer Zeit vor; b) in Silber: Conventionsspecies, Conventionsgulden 1/3, 1/6, 1/12 u. 1/24 Thlr. im Conventionsfuß; als Scheidemünze: 6 Pfennige, 3 Pfennige u. 1 Pfennige, letztere seit 1765 nicht mehr, 1808 u. 1809 auch 8 Pfennigstücke (devalvirt); c) in Kupfer: seit 1771 Pfennige, später Heller u. auch 3 Pfennigstücke (Dreier), 1808 u. 1809 auch 4 Pfennigstücke (devalvirt). B) Seit dem Jahre 1840: a) in Gold: Friedrich-Augustd'or, einfache, doppelte u. halbe, den preußischen Goldmünzen gleich; Ducaten sind seit dieser Zeit nicht geprägt worden; b) in Silber: Zweithalerstücke (14 Loth 7,9 Grän sein), Thaler (12löthig) u. 1/6 Thaler (8löthig) nach der Münzvereinigung vom 30. Juli 1838, s.u. Münzconventionen e); als Scheidemünze sind 2,1 u. 1/2 Neugroschen ausgeprägt; c) in Kupfer: 2 u. 1 Pfennigstücke. C) Seit dem Wiener Vertrag vom 24. Januar 1857: a) in Gold: Krone =, 1/50 des Pfundes sein Goldes (je nach Curs 9 Thlr. bis 9 Thlr. 10 Ngr.) u. halbe Krone nach Verhältniß; b) in Silber nach dem Dreißigthalerfuß (30 Thlr. = 1 Pfund sein) sogenannte Vereinsthaler u. kleinere Münzen in der bisherigen Weise; seit 1862 auch 1/2 Neugroschen od. 5 Pfennigstücke in Kupfer. Als Papiergeld gab es nach dem Edict vom 1. October 1818 u. wirklich ausgegeben seit dem 1. Juli 1819 Kassenbillets für. 1,000,000 Thaler à 1 Thlr. u. 1,500,000 Thlr. à 2 Thlr. nach dem Conventionsfuß, von diesen wurden nach Gesetz vom 30. Juli 1834 2/5 eingezogen, blau gefärbt u. mit einem rothen Stempel versehen, im Vierzehnthalerfuß ausgegeben; nach dem Gesetz vom 16. April 1840 trat an deren Stelle ein neues Papiergeld (jetzt 7 Mill. Thlr.) unter dem Namen königlich sächsische Kassenbillets, deren Emission seit 1. November 1842 begonnen hat, im Betrag von 1,600,000 à 1 Thlr., 900,000 à 5 Thlr. u. 500,000 à 10 Thlr.; außerdem cursiren noch im Verkehr als baares Geld Banknoten der Leipziger Bank zu 20,100,200 u. 500 Thlr., desgl. der Oberlausitzer Hypothekenbank zu Bautzen zu 5 u. 10 Thlr., 1/2 Mill. Chemnitzer Stadtbankscheine à 1 Thlr. u. zu gleichem Werth Eisenbahnscheine der Leipzig-Dresdner Eisenbahn. Maße. Rücksichtlich der Maße herrscht im Königreich S. eine große Verschiedenheit, wir geben hier zunächst die Dresdner u. Leipziger so weit möglich nach officiellen od. in der neuesten Zeit allgemein angenommenen Angaben u. lassen die neuen, wie sie seit dem Gesetze vom 12. März 1858 gewöhnlich sind, zu besserer Übersicht folgen. Längenmaße: Die Einheit die Dresdner od. Sächsische Elle à 24 Zoll à 12 Linien, sie ist, da die Scalen der verschiedenen Behörden von einander abwichen, seit 1811 so regulirt, daß 13,000 Ellen genau einer geographischen Meile entsprechen; der Fuß od. die Hälfte dieser Elle ist = 0,28319 Meter od. 125,597 Pariser Linien, er ist bei Vermessung der Staatsgüter u. bei dem neu eingeführten Zoll- u. Steuersystem angenommen; 100 Ellen = 84,9223 preuß. Ellen; die Leipziger Elle, obwohl sie ursprünglich der Dresdner gleich sein sollte, = 0,565 Meter od. 250,49 Par. Linien, u. hat 2 Leipziger Fuß à 125,23 Par. Linien, 100 Leipziger Ellen = 84,715 preuß. Ellen; die Leipziger Brabanter Elle, welche im Großhandel sehr gewöhnlich ist, hält 0,6856 Meter od. 303,991 Par. Linien, 5 Leipziger Brabanter Ellen = 6 Leipziger Ellen, 6 preuß. Ellen = 7 Leipziger Ellen; der Stab hat 2 Ellen, die Klafter hat 11/2 Stab, also 3 Ellen od. 6 Fuß, welcher in 12, auch in 10 Zoll (Decimalzoll) getheilt wird; der Leipziger Baufuß ist ebenfalls in 12 Zoll getheilt, = 0,28315 Meter od. 125,59 Par. Linien; Feldmaß ist die Ruthe, 15 Fuß 2 Zoll lang, sie wird auch in 10 Decimalfuß à 10 Zoll getheilt; 300 Quadratruthen geben einen sächsischen Acker, der Morgen ist = 180 Q Ruthen, die Hufe Landes wird in verschiedenen Landestheilen zu 12, 15, 18, 24–30 Acker gerechnet; in der Oberlausitz berechnet man auch die Ländereien nach Scheffel Aussaat, u. zwar den Scheffel Gerste-Aussaat zu 1121/2 QRuthen; die Ruthe beim Straßenbau od. die Landruthe ist 8 Ellen; 2000 Ruthen od. 16,000 Ellen waren die frühere sächsische Postmeile, = 1,22 geograph. od. deutsche Meilen, = 9066,666 Meter; 12,28 alte sächsische Postmeilen = 1 Grad des Äquators od. 110,571 Meter, seit 1841 ist jedoch eine neue Postmeile = 13,241,987 Dresdner Ellen od. 7500 Meter, eingeführt worden, welche genau derdeutschen Meile (15 auf einen Äquatorialgrad)[662] entspricht; beim Bergbau ist das Längenmaß die Lachter, früher zu 7 Fuß, seit 14. April 1830 aber = 2 Meter, dasselbe hat 7 Lachterfuß = 2/7 Meter od. 126,656 Par. Linien; doch wird die Lachter auch 10theilig eingetheilt. Holzmaß: der Schragen hat 3 Klaftern, die Klafter 3 Ellen Breite u. 3 Ellen Höhe, die Scheitlänge ist gewöhnlich 11/2 Elle, doch kommt in Leipzig auch die Scheitlänge von 1 Elle häufig vor. Holzkohlen hat der Korb ungefähr 3 Dresdner Scheffel; Stein-, Braun- Kohlen- u. Kalkmaß ist der Dresdner Scheffel, für erstere in Zwickau auch der Karren (= 5 Scheffel). Garnmaß: das Stück Baumwollen- od. Schafwollengarn hat 4 Strehn od. 12 Zaspel od. Zahl zu 20 Gebind à 20 Faden zu 3 od. 4 Ellen. Die Fadenlänge beim Baumwollengarn 3, das Stück also 14,400, beim Schafwollengarn 4, das Stück 19,200 Ellen. Das Stück Leinengarn hat 6 Strehn od. 12 Zaspel zu 20 Gebind à 20 Fäden zu 3 od. 4 Ellen, also zur Länge von 14,400 u. 19,200 Ellen; allein hier herrschte zeither große Willkür. Getreidemaß: der Wispel hat 2 Malter à 12 Scheffel, die Last Weizen od. Roggen hat 6, Gerste 2 Wispel; der (Dresdner) Scheffel soll 7900 sächsische Cubikzoll (1124 Dresdner Kanne) fassen, = 105,143 Liter, 100 Dresdner Scheffel = 191,3028 preuß. Scheffel; außer diesem sind in den Provinzen noch viele andere Scheffelmaße gewöhnlich, welche jedoch meist nur bei Zins- u. Decemausschüttungen vorkommen. Flüssigkeitsmaße: die Einheit ist die Dresdner Kanne, welche aber sehr abweichend bestimmt wird, à 2 Nösel zu 71,186 Cubikzoll = 0,93559175 Liter, 100 Kannen = 81,7089 Liter; das Fuder Wein hat 2 Faß à 6 Eimer, od. 12 Eimer à 72 Kannen od. 48 Visirkannen (à 11/2 Dresdner Kanne); Biermaß: das Gebräude hat 24 Faß, das Faß 2 Viertel od. 4 Tonnen od. 280 Visirkannen od. 420 Dresdner Kannen; die Kufe hat 2 Faß, der Eimer wie beim Wein; der Eimer in Leipzig hat 54 Visirkannen od. 63 Leipziger Schenkkannen, 7 Leipziger Schenkkannen = 6 Visir- od. 9 Dresdner Kannen, 1 Leipziger Schenkkanne – 1,204 Liter; 8 Leipziger. = 9 Dresdner Eimern; das Gebräude Bier in Leipzig hat 16 Faß à 2 Viertel à 2 Tonnen à 75 Kannen Schenkmaß, der Eimer hat 72 Kannen Schenkmaß. Gewichte: Nachdem im Jahre 1840 bei der Zoll- u. Steuerregie für die betreffenden Vereinsstaaten ein besonderes Zollgewicht eingeführt worden, bei dessen Vergleichung das zeitherige Leipziger Kramerpfund zu 466,8364 Grammen angenommen worden, ist seit dem 12. März 1858 gesetzlich das Zollpfund (= 500 Grammen) die allgemeine Gewichtseinheit für das Königreich geworden, u. hat darnach der Centner 5 Stein od. 100 Pfund, das Pfund 30 Loth, das Loth 10 Quent, das Quent 10 Cent, das Cent 10 Korn; eine Schiffslast aber ist = 40 Centner u. ein Schiffspfund – 3 Centner. Gold- u. Silbergewicht war bisher die Kölnische Mark zu 233,54308 Grammen od. 4859,08 holländische As mit der gewöhnlichen Eintheilung, Inwelengewicht aber das holländische (s. Niederlande S. 55); der Karat zu 4 neuen As = 1/3 Gramm. Medicinalgewicht war früher das Nürnberger, seit dem 1. März 1837 aber ist es das preußische (s. Preußen, Geogr. S. 172). Zu bemerken ist noch, daß die Grundlage des gegenwärtigen Maßsystems das französische ist u. daß der Meter mit seinen Eintheilungen auf- u. abwärts die Hauptlängenmaßeinheit bildet (s. Frankreich, Geogr. S. 174). Vgl. A. Schumann, Staats-, Post- u. Zeitungslexikon von S., fortgesetzt von Schiffner, Zwickau 1814–33, 13 Bde. nebst 5 Supplementbänden; Ch. G. D. Stein, Statistisch-geographische Beschreibung des Königreichs S., Zittau 1835, 2 Bde.; Schiffner, Handbuch der Geographie, Statistik u. Topographie des Königreichs S., Lpz. 1839 ff.; Das Königreich S. in allen seinen Beziehungen, ebd. 1840; Rummel, Sächsische Vaterlandskunde, Grimma 1840; Schiffner, Beschreibung des Königreichs S., Stuttg. 1840; Engelhardt, Vaterlandskunde für Schule u. Haus im Königreich S., 8. Aufl. von Klemm, Lpz. 1842; Leo, Beschreibung des Königreichs S., Dresd. 1843, 2 Bde.; Richter, Beschreibung des Königreichs S., Freib. 1846 ff., 3 Bde.; H. von Bose, Handbuch der Geographie des Königreichs S., 2. Aufl. Dresd. 1847; Oldendorp, Die merkwürdigsten alten Burgen u. Schlösser des Königreichs S., ebd. 1812; Sachsens Kirchengallerie, Dresd. 1837–45, 13 Bde.; Naumann u. Cotta, Geognostische Beschreibung des Königreichs S., ebd. 1845 f.; Engel, Jahrbuch für Statistik des Königreich S., ebd. 1853 f.; Das Staatshandbuch für das Königreich S., seit 1853 alljährlich herausgeg. vom Ministerium des Innern; die (als Beilage zur Leipziger Zeitung erscheinende) Zeitschrift des königlich sächsischen statistischen Bureaus. Karten: Historischer Atlas von S., von 950–1815, 25 Karten, Lpz. 1816; Topographischer Atlas des Königreichs S., 20 Blätter, Dresd. 1836 ff.; Atlas für das Königreich S., 16 Blätter, Darmst. 1845; Topographischorographische Specialkarte des Königreichs S., Dresd. 1849 ff.; Weiland, Das Königreich S., Weimar 1851; Krumbholz, Schulkarte vom Königreich S., Dresd. 1854; Naumann, Geognostische Generalkarte des Königreichs S., ebd. 1833; Naumann u. Cotta, Geognostische Specialkarte des Königreichs S., ebd. 1834–43, 12 Sectionen; Cotta, Kohlenkarte des Königreichs S. Freib. 1856; Oberreit, Topographischer Atlas des Königreichs S., von der königlichen Militärplankammer herausgeg., Lpz. 1858 ff.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 655-663.
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Albert Brachvogel zeichnet in seinem Trauerspiel den Weg des schönen Sohnes des Flussgottes nach, der von beiden Geschlechtern umworben und begehrt wird, doch in seiner Selbstliebe allein seinem Spiegelbild verfällt.

68 Seiten, 8.80 Euro

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Große Erzählungen der Frühromantik

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1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

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